Mord am Niddaufer - ein Kriminalroman
weiter bemerkte, als eine an zwei Sträuchern befestigte Vereinsfahne des FC Heddernheim.
„So schlimm sehen die Vereinsfarben nun auch wieder nicht aus.“ Bohlan bereute seine Worte, kurz nachdem sie seinen Mund verlassen hatten.
„Es ist nun wirklich der falsche Zeitpunkt für irgendwelche Scherze“, raunte Will. „Die Fahne wurde uns freundlicherweise vom benachbarten Verein zur Verfügung gestellt. Wir müssen die Kinder, die vorbeilaufen, unbedingt vor diesem Anblick schützen, sonst brauchen wir hier jede Menge Psychologen.“
Bohlan wurde allmählich immer unruhiger. Was auch immer hinter der Fahne lag, es musste ein grausiger Anblick sein.
„Sprachst du nicht von einer Wasserleiche?“, bemerkte Dr. Spichal.
„Ich habe sie bereits aus dem Wasser ziehen lassen“, antwortete Will.
„Keine Sorge. Natürlich haben wir alles fotografisch festgehalten, was Lage und Stellung im Wasser und so weiter angeht.“
Dr. Spichal nickte. „Ich habe nichts anderes erwartet.“
Die drei hatten die Fahne erreicht und gingen um sie herum. Bohlans Blick traf den aufgeschwemmten Körper und er spürte eine säuerliche Flüssigkeit aus seinem Magen nach oben steigen.
„Da kommt wohl wirklich jegliche ärztliche Hilfe zu spät.“ Der Rechtsmediziner streifte sich Plastikhandschuhe über. „Schon ein oberflächlicher Blick zeigt, dass längst die Leichenfäulnis eingesetzt hat. Natürlich einmal abgesehen von dem fehlenden Kopf.“
Bohlan wandte sich ab und ging zusammen mit Julia Will zurück zu Steinbrecher und Steininger, die in der Mordkommission immer nur ‚die Stones‘ genannt wurden. Auch ihre Gesichter waren weißer als jemals zuvor.
„Die Fakten. Aber kurz“, sagte er zu Julia Will gewandt.
„Der Leichnam wurde vor zwei Stunden von einem Spaziergänger entdeckt. Er lag ziemlich versteckt unter Ästen und Gestrüpp. Dem Anschein nach wohl schon einige Tage.“
Bohlan hob den Kopf und blickte nach links und rechts. „Er könnte auch angeschwemmt worden sein.“
„Eher unwahrscheinlich. Nur wenige Meter weiter befindet sich ein Wehr.“
„Und der Kopf, ich meine irgendwelche Anzeichen?“
Will und die Stones blickten verständnislos.
„Habt ihr das Gelände absuchen lassen? Irgendwo muss der doch sein. Wer nimmt denn einen Kopf mit nach Hause?“
Eine gute Stunde später wurde der Leichnam im Institut für Rechtsmedizin eingeliefert. Bohlan hatte sein gesamtes Team zur Leichenschau mitgenommen und zusätzlich einen Fotografen der Spurensicherung. Kurze Zeit später erschien Felicitas Maurer, die zuständige Staatsanwältin. Sie war Mitte vierzig, hatte dicht gelockte dunkelbraune Haare und strahlte eine hanseatische Kühle aus. Sie hatte sich zu Beginn des Jahres von Hamburg nach Frankfurt versetzen lassen und für frischen Wind in der hiesigen Staatsanwaltschaft gesorgt. Über die Beweggründe ihrer Versetzung waren die wildesten Spekulationen im Umlauf. Bohlan hatte bislang versucht, sie zu ignorieren, was in Anbetracht der täglichen Updates seiner Kollegen mehr als schwierig war. Zweifelsohne strahlte Maurer eine gewisse Aura aus und sah zudem noch ziemlich gut aus, aber der Kommissar war zu sehr mit der holprig gewordenen Beziehung zu Barbara Weber beschäftigt, als dass er sich Gedanken um eine hübsche Staatsanwältin machen konnte. Seitdem Weber zum neuen Gesicht der samstäglichen Sportsendung im Fernsehen aufgestiegen war, verbrachte sie mehr Zeit in Mainz als in Frankfurt. Sie gönnte sich dort sogar eine Zweitwohnung, was Bohlan für arg überzogen hielt.
Dr. Spichal begann mit der äußeren Leichenschau. Zunächst stellte er fest, dass es sich um eine weibliche Leiche handelte, die lediglich mit einem T-Shirt und einem kurzen Rock bekleidet war. Weitere Kleidungsstücke oder gar Ausweispapiere waren bislang nicht gefunden worden. Bohlan hoffte inständig darauf, dass der Körper irgendwelche besondere Merkmale aufwies. Ansonsten sah er für die weiteren Ermittlungen ziemlich schwarz. Dr. Spichal deutete auf schlitzförmige Stoffdefekte im Brustbereich des T-Shirts. „Sieht nach Messerstichen aus.“ Vorsichtig zog er das T-Shirt nach oben. Mehrere Einstichverletzungen im Brustbereich kamen zum Vorschein. Dr. Spichal beugte sich über die Verletzungen und stellte nach einiger Zeit fest: „Fünf leicht schräg gestellte Einstiche, jeweils knapp zwei Zentimeter lang, und zwar sowohl im T-Shirt wie auch in der Brust.“ Er blickte zu Bohlan.
„Also wurden die Einstiche durch
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