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Mord am Vesuv

Mord am Vesuv

Titel: Mord am Vesuv Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Maddox Roberts
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Erfolg.
    »Das Gesetz ist sowieso schlecht«, sagte ich. »Meiner Meinung nach sollte jeder freie Bürger als Geschworener in Frage kommen.«
    »Aber das würde doch zu Anarchie führen!«, wandte ein empörter Beamter ein. »Männer, die nicht über ein gewisses Eigentum verfügen, sind außerstande, rechtliche Entscheidungen zu treffen.« Die übrigen Anwesenden grummelten ihre Zustimmung. Natürlich waren sie alle Equites.
    »Wir haben auch mal behauptet, dass nur Männer, die über ein gewisses Eigentum verfügen, in den Legionen dienen können«, stellte ich fest und musterte die wohlhabenden Männer Cumaes. »Wer von euch, wenn ich fragen darf, hat denn schon mal einen Speer geschultert?« Sie reagierten mit zornigen Missfallensbekundungen, woraufhin Hermes mich in die Seite stieß und mir zuraunte, dass ich mir gerade sämtliche Sympathien verspielte. »Nun gut, womit fangen wir an?«
    Bei den meisten der an diesem Morgen zu verhandelnden Fälle waren ausländische Geschäftsleute verklagt worden. Laut Gesetz mussten diese Männer einen Geschäftspartner haben, der Bürger der Stadt war. Normalerweise trug dieser Partner oder dessen Anwalt die Auffassung des Ausländers vor. Ich selber hatte während der Verhandlung nicht viel mehr zu tun als zuzuhören und gelegentlich eine Frage zu stellen. Da ich kein Rechtsgelehrter war, befanden sich in meinem Mitarbeiterstab mehrere Juristen, die mich gegebenenfalls über etwaige anzuwendende Präzedenzfälle in Kenntnis setzen konnten.
    Getreu dem Motto schnelle Justiz ist die beste Justiz hatte ich die anstehenden Verhandlungen bis auf eine schon vor der Mittagszeit hinter mich gebracht. Der letzte Fall war das einzige Strafverfahren, das an diesem Tag zu verhandeln war: Ein griechischer Seemann wurde beschuldigt, bei einer Schlägerei in einer Spelunke einen Bürger getötet zu haben. Der Mann, der in Ketten vor mich gezerrt wurde, war ein hart gesottener Kerl mit dunkler Haut, die selbst in den Monaten, die er im städtischen Kerker zugebracht hatte, kaum blasser geworden war.
    »Name?«, fragte ich.
    »Parmemo.«
    »Hättest du es lieber, wenn wir auf Griechisch über deine Sache verhandeln?«, fragte ich ihn in seiner Muttersprache.
    Der Vorschlag schien ihn zu überraschen. »Ja, auf jeden Fall.«
    Einer meiner Liktoren verpasste ihm mit seinen fasces einen kräftigen Schlag auf den Rücken. »Ja, Herr! heißt das für dich!«, brüllte er den Angeklagten an.
    »Ja, Herr. Das ist sehr freundlich von dir, Herr.«
    »Hast du einen Anwalt?«
    »Ich habe nicht einmal einen Freund, Herr.«
    »Dann trägst du deine Argumente also selber vor?«
    »Das werde ich, Herr.«
    »In Ordnung. Liktor, ruf die Zeugen auf!«
    Ungefähr zehn Männer traten vor, die alle wie professionelle Nichtstuer aussahen. Sie erzählten im Wesentlichen die gleiche Geschichte: An einem bestimmten Tag hätten sie in einer bestimmten Kneipe ein Gelage gefeiert, als zwischen diesem ausländischen Seemann und einem Bürger ein Streit ausgebrochen sei. Zuerst seien nur Fäuste geflogen, dann allerdings auch Stühle und Tische, bis der Bürger, nachdem ihn ein schwerer dreibeiniger Hocker getroffen habe, mit eingeschlagenem Schädel auf dem Boden verendet sei.
    »Was hast du zu deiner Verteidigung vorzubringen?«, fragte ich den Angeklagten.
    »Nicht viel, Praetor. Wir haben das Knöchelspiel gespielt, und ich habe fast sein ganzes Geld gewonnen. Bei meinem letzten Wurf, sagte er, ich hätte einen Canis geworfen, obwohl jeder sehen konnte, dass ich eine Venus hatte. Ich schimpfte ihn einen Lügner und er mich einen buckligen griechischen Schwächling.
    Und deswegen haben wir uns geprügelt. Ich wollte ihn nicht umbringen, aber genauso wenig wollte ich mich von diesem Kerl umbringen lassen. Außerdem waren wir beide ziemlich betrunken.«
    »Das war bewundernswert kurz und bündig«, lobte ich ihn.
    »Was gäbe ich darum, wenn auch unsere Anwälte wüssten, dass in der Kürze die Würze liegt? Mein Urteil lautet wie folgt: Dass du zur Tatzeit betrunken warst, tut nichts zur Sache. Ein vorsätzlich herbeigeführter Zustand von Unzurechnungsfähigkeit ist keine Rechtfertigung für ein Verbrechen. Du hast einen Bürger getötet, daran besteht nicht der geringste Zweifel. Aber immerhin hast du ihm weder aus einem Hinterhalt aufgelauert noch hast du dir im Voraus eine Waffe besorgt. Diese Fakten sprechen für dich. Darüber hinaus halte ich dir zugute, dass du mir und meinen Assistenten nicht mit einem

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