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Mord auf dem Golfplatz

Mord auf dem Golfplatz

Titel: Mord auf dem Golfplatz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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ist doch der pure Unsinn! Der Leichnam sollte gefunden werden! Solange er nicht gefunden wurde, konnte der Mann nicht für tot erklärt werden, und so lange hätte Jack Renauld sein Erbe nicht antreten können.«
    Ich sah ein kurzes grünes Leuchten in Poirots Augen, als er aufsprang.
    »Und warum ihn dann überhaupt begraben?«, fragte er ganz sanft. »Überlegen Sie doch, Giraud. Wenn es für Jack Renauld vorteilhaft war, dass der Tote sofort entdeckt wurde, warum ihn dann überhaupt begraben?«
    Giraud gab keine Antwort. Mit dieser Frage hatte er nicht gerechnet. Er zuckte die Achseln, wie um klarzustellen, dass sie auch keine Rolle spiele.
    Poirot ging zur Tür. Ich folgte ihm.
    »Und noch etwas haben Sie nicht in Betracht gezogen«, sagte er über die Schulter.
    »Und das wäre?«
    »Das Stück Bleirohr«, sagte Poirot und verließ den Raum.
    Jack Renauld stand noch immer stumm und bleich in der Diele, doch er musterte uns eingehend, als wir aus dem Salon kamen. Gleichzeitig hörten wir Schritte auf der Treppe. Madame Renauld war auf dem Weg nach unten. Als sie ihren Sohn zwischen den beiden Hütern des Gesetzes entdeckte, blieb sie wie erstarrt stehen.
    »Jack«, stammelte sie, »Jack, was soll das bedeuten?«
    Er sah sie an, verzog aber keine Miene.
    »Sie haben mich festgenommen, Mutter.«
    »Was?«
    Madame Renauld stieß einen durchdringenden Schrei aus, und ehe noch irgendjemand bei ihr war, schwankte sie und stürzte zu Boden. Wir stürmten zu ihr, um sie aufzuheben. Poirot richtete sich auf.
    »Sie ist mit dem Kopf böse auf die Kante einer Stufe aufgeschlagen. Ich nehme an, dass sie auch eine leichte Gehirnerschütterung davongetragen hat. Wenn Giraud ihre Aussage hören will, wird er warten müssen. Sie wird mindestens eine Woche lang nicht bei klarem Bewusstsein sein.«
    Denise und Françoise eilten zu ihrer Arbeitgeberin, und da er diese nun in guter Hut wusste, verließ Poirot das Haus. Er hatte den Kopf gesenkt und runzelte nachdenklich die Stirn. Ich schwieg eine Weile, wagte es am Ende aber doch, eine Frage zu stellen:
    »Glauben Sie denn, dass allem Anschein zum Trotz Jack Renauld unschuldig sein könnte?«
    Poirot antwortete nicht sofort, sagte aber schließlich ernst: »Ich weiß es nicht, Hastings. Die Möglichkeit besteht. Natürlich liegt Giraud restlos falsch – vom Anfang bis zum Ende. Wenn Jack Renauld schuldig ist, dann Girauds Argumenten zum Trotz, nicht weil sie richtig wären. Und den Anklagepunkt gegen Jack Renauld, der am schwersten wiegt, kenne nur ich.«
    »Und der wäre?«, fragte ich beeindruckt.
    »Wenn Sie Ihre grauen Zellen benutzen und den ganzen Fall so klar sehen würden wie ich, dann wüssten Sie das, mein Freund.«
    Das war das, was ich als eine von Poirots aufreizenden Antworten bezeichnen würde. Er ließ mich gar nicht zu Wort kommen, sondern fügte gleich hinzu:
    »Lassen Sie uns auf diesem Weg zum Meer gehen. Wir können uns auf diesen kleinen Erdwall setzen, wo man einen Blick auf den Strand hat, und den Fall noch einmal durchgehen. Sie werden alles erfahren, was ich weiß, aber es wäre mir lieber, wenn Sie durch eigene Bemühungen zur Wahrheit fänden – statt von mir an der Hand genommen zu werden.«
    Wir ließen uns auf dem mit Gras bewachsenen Wall nieder, wie Poirot es vorgeschlagen hatte, und schauten aufs Wasser.
    »Denken Sie doch nach, mein Freund«, sagte Poirot eindringlich. »Sortieren Sie Ihre Vorstellungen. Gehen Sie methodisch vor. Und ordentlich. Das ist das Geheimnis des Erfolges.«
    Ich versuchte, ihm zu gehorchen, und ging alle Details des Falls durch. Und plötzlich fuhr ich zusammen; mir jagte ein Gedanke von verwirrender Klarheit durch den Kopf. Zitternd stellte ich meine Hypothese auf.
    »Sie haben eine kleine Idee, wie ich sehe, mon ami. Hervorragend. Wir machen Fortschritte.«
    Ich hob den Kopf und zündete meine Pfeife an.
    »Poirot«, sagte ich. »Ich habe den Eindruck, dass wir uns erstaunlich geirrt haben. Ich sage wir – obwohl es der Wahrheit wohl näher käme, wenn ich von mir reden würde. Aber Sie müssen die Strafe für Ihre sture Geheimniskrämerei zahlen. Also sage ich noch einmal, dass wir uns erstaunlich geirrt haben. Wir haben nämlich jemanden vergessen.«
    »Und der wäre?«, fragte Poirot augenzwinkernd.
    »Georges Conneau.«

Zwanzigstes Kapitel

Eine verblüffende Aussage
     
    A ugenblicklich pflanzte Poirot mir einen herzhaften Kuss auf die Wange.
    »Enfin! Sie haben es. Und ganz allein haben Sie es geschafft.

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