Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mord auf dem Golfplatz

Mord auf dem Golfplatz

Titel: Mord auf dem Golfplatz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
Vom Netzwerk:
abzuwenden?«
    »Es ist eine seltsame Geschichte«, sagte Poirot, »aber ich halte sie für die reine Wahrheit. Und ohne es zu wollen, hat Mademoiselle Marthe uns noch in anderer Hinsicht die Wahrheit erzählt – und Jack Renauld als Lügner hingestellt. Ist Ihnen aufgefallen, dass er gezögert hat, als ich fragte, ob er Marthe Daubreuil in der Mordnacht gesehen habe? Er hat gezögert und dann ja gesagt. Ich habe gleich vermutet, dass das eine Lüge war. Und deshalb musste ich Mademoiselle Marthe sprechen, ehe er sie warnen konnte. Fünf kleine Wörter haben mir die gewünschte Auskunft verschafft. Als ich fragte, ob sie wisse, dass Jack Renauld in der fraglichen Nacht hier war, lautete ihre Antwort: ›Er hat es mir gesagt.‹ Aber, Hastings, was hat Jack Renauld an diesem schicksalhaften Abend hier gewollt, und wenn er nicht bei Mademoiselle Marthe war, wo war er dann?«
    »Aber Poirot«, rief ich entsetzt, »Sie können doch nicht glauben, ein Junge wie er würde seinen eigenen Vater ermorden!«
    »Mon ami«, sagte Poirot. »Sie sind weiterhin von unglaublicher Sentimentalität. Ich habe Mütter gesehen, die ihre kleinen Kinder umbrachten, um die Versicherungssumme an sich zu bringen. Und wer das gesehen hat, hält alles für möglich.«
    »Und das Motiv?«
    »Geld natürlich. Vergessen Sie nicht, dass Jack Renauld glaubte, im Falle des Todes werde das halbe Vermögen seines Vaters an ihn gehen.«
    »Aber der Landstreicher. Wie passt der ins Bild?«
    Poirot zuckte mit den Schultern.
    »Giraud würde ihn sicher für einen Komplizen halten – für einen Gauner, der dem jungen Renauld bei der Ausführung der Tat geholfen hat und danach der Einfachheit halber aus dem Weg geräumt wurde.«
    »Aber das Haar am Messergriff? Das Frauenhaar?«
    »Ach«, Poirot lächelte breit, »das ist der Clou von Girauds kleinem Scherz. Er hält es gar nicht für ein Frauenhaar. Schließlich kämmen die jungen Männer heutzutage ihre Haare glatt nach hinten und benutzen Pomade, um sie festzuhalten. Für eine solche Frisur brauchen Sie recht lange Haare.«
    »Und Sie glauben das auch?«
    »Nein«, sagte Poirot mit unergründlichem Lächeln. »Ich weiß, dass dieses Haar von einer Frau stammt – und ich weiß auch, von welcher.«
    »Madame Daubreuil«, verkündete ich voller Überzeugung.
    »Möglich«, sagte Poirot und blickte mich viel sagend an. Doch ich wollte mich nicht reizen lassen.
    »Was machen wir jetzt?«, fragte ich, als wir die Diele der Villa Geneviève betraten.
    »Ich möchte Monsieur Jack Renaulds Habseligkeiten durchsehen. Deshalb musste ich ihn für ein paar Stunden aus dem Weg schaffen.«
    Sorgfältig und methodisch öffnete Poirot eine Schublade nach der anderen, untersuchte den Inhalt und legte dann alles wieder hinein. Es war ein ausgesprochen ödes und uninteressantes Unterfangen. Poirot ging Kragen, Schlafanzüge und Socken durch. Motorengeräusche lockten mich ans Fenster. Und sofort erwachte ich zum Leben.
    »Poirot!«, rief ich. »Gerade ist ein Wagen vorgefahren. Giraud sitzt darin, zusammen mit Jack Renauld und zwei Gendarmen.«
    »Sacré tonnerre!«, knurrte Poirot. »Dieser Hund von Giraud, konnte er nicht warten? Ich kann die Sachen nicht wieder ordentlich in die letzte Schublade legen. Wir müssen uns beeilen.«
    Überstürzt kippte er alles, vor allem Krawatten und Taschentücher, auf den Boden. Und dann schnappte er sich mit einem triumphierenden Ausruf einen kleinen Gegenstand, ein viereckiges Pappstück, vermutlich ein Foto. Er steckte es in die Tasche, stopfte alles wieder in die Schublade, packte mich am Arm und zog mich aus dem Zimmer und die Treppe hinunter. In der Diele stand Giraud und musterte seinen Gefangenen.
    »Guten Tag, Monsieur Giraud«, sagte Poirot. »Was haben wir denn hier?«
    Giraud nickte zu Jack hinüber.
    »Er wollte sich verdrücken, aber da hat er nicht mit mir gerechnet. Ich habe ihn wegen Mordes an seinem Vater, Monsieur Paul Renauld, festgenommen.«
    Poirot fuhr herum und sah den Jungen an, der schlaff und mit totenbleichem Gesicht an der Tür lehnte.
    »Was haben Sie dazu zu sagen, jeune homme?«
    Jack Renauld starrte ihn ausdruckslos an.
    »Nichts«, erwiderte er.

Neunzehntes Kapitel

Ich aktiviere meine grauen Zellen
     
    I ch war sprachlos. Bis zuletzt war ich einfach nicht im Stande gewesen, Jack Renauld für schuldig zu halten. Und auf Poirots Frage hin hatte ich mit lautstarken Unschuldsbeteuerungen gerechnet. Doch jetzt, als er bleich und schlaff an der Wand

Weitere Kostenlose Bücher