Mord auf dem Golfplatz
stand und das vernichtende Urteil bestätigte, kannte ich keinen Zweifel mehr.
Poirot dagegen hatte sich zu Giraud umgedreht.
»Aus welchem Grund haben Sie ihn verhaftet?«
»Erwarten Sie wirklich, dass ich Ihnen das mitteile?«
»Aus purer Höflichkeit, ja.«
Giraud betrachtete ihn zweifelnd. Er war hin- und hergerissen zwischen dem Wunsch, diese Bitte rüde abzuschlagen, und dem Vergnügen, über seinen Widersacher zu triumphieren.
»Sie glauben wohl, ich begehe hier einen Fehler, was?«, sagte er höhnisch.
»Es würde mich nicht überraschen«, erwiderte Poirot mit haarfeiner Bosheit.
Girauds Gesicht färbte sich tiefer rot.
»Eh bien, kommen Sie hier herein. Und urteilen Sie selber.«
Er riss die Tür zum Salon auf, und wir gingen hinein. Jack Renauld verblieb in der Obhut der beiden Gendarmen.
»So, Monsieur Poirot«, sagte Giraud äußerst sarkastisch und legte seinen Hut auf den Tisch. »Jetzt werde ich Ihnen eine kleine Lektion in Sachen Detektivarbeit erteilen. Ich werde Ihnen zeigen, wie wir Modernen arbeiten.«
»Bien!«, sagte Poirot und machte sich zum Zuhören bereit. »Und ich zeige Ihnen, wie bewundernswert die alte Garde zu lauschen vermag.« Er ließ sich im Sessel zurücksinken, schloss die Augen, öffnete sie ganz kurz wieder und bemerkte: »Sie brauchen nicht zu befürchten, ich könnte einschlafen. Ich werde sehr genau zuhören.«
»Natürlich«, setzte Giraud an, »habe ich diese chilenische Maskerade sofort durchschaut. Zwei Männer waren schon in den Fall verwickelt – aber keine mysteriösen Ausländer. Die waren eine Täuschung.«
»Bisher sehr glaubwürdig, mein lieber Giraud«, murmelte Poirot. »Vor allem nach diesem gerissenen Trick mit dem Streichholz und dem Zigarettenstummel.«
Giraud starrte ihn wütend an, sprach dann aber weiter.
»Ein Mann muss in diesen Fall verwickelt gewesen sein, einer, der das Grab ausgehoben hat. Kein Mann profitiert von diesem Verbrechen, aber einer glaubte, davon zu profitieren. Ich hörte von Jack Renaulds Streit mit seinem Vater und den Drohungen, die er in dessen Verlauf ausgestoßen hat. Damit hatte ich das Motiv. Und nun zum Tathergang. Jack Renauld hielt sich in der Mordnacht in Merlinville auf. Diese Tatsache wollte er verschweigen – und das hat meinen Verdacht zur Gewissheit werden lassen. Dann haben wir ein zweites Opfer gefunden – erstochen mit demselben Messer! Wir wissen, wann das Messer gestohlen wurde. Captain Hastings kann den Zeitpunkt ungefähr nennen. Jack Renauld, der aus Cherbourg eintraf, war der Einzige, der Gelegenheit zu diesem Diebstahl hatte. Alle anderen Mitglieder dieses Haushalts haben ein Alibi.«
Poirot fiel ihm ins Wort.
»Sie irren sich. Es gibt noch einen, der diese Möglichkeit hatte.«
»Sie meinen Mr Stonor? Der ist vorn vorgefahren, in einem Wagen, der ihn auf direktem Weg aus Calais hergebracht hatte. Nein, glauben Sie mir, ich habe alles überprüft. Monsieur Jack Renauld ist mit dem Zug gekommen. Erst eine Stunde später war er zu Hause. Zweifellos sah er Captain Hastings und seine Begleiterin aus dem Schuppen kommen, schlüpfte selber hinein, brachte den Dolch an sich und erstach seinen Komplizen…«
»Der bereits tot war.«
Giraud zuckte mit den Schultern.
»Das ist ihm vermutlich nicht aufgefallen. Er hat ihn sicher für schlafend gehalten. Zweifellos waren sie dort verabredet. Auf jeden Fall wusste er, dass ein zweiter Mord den Fall sehr viel komplizierter machen würde. Und so war es ja auch.«
»Aber Monsieur Giraud konnte er nicht täuschen«, murmelte Poirot.
»Sie machen sich lustig über mich. Aber ich kann Ihnen noch einen letzten unwiderlegbaren Beweis liefern. Madame Renaulds Geschichte war erfunden – von Anfang bis Ende. Wir glauben, dass Madame Renauld ihren Mann geliebt hat – und doch hat sie gelogen, um seinen Mörder zu schützen. Für wen lügt eine Frau? Manchmal für sich, zumeist für den Mann, den sie liebt, immer für ihre Kinder. Und das ist der letzte, der unwiderlegbare Beweis! Daran kommen Sie nicht vorbei.«
Giraud verstummte, rot und triumphierend. Poirot sah ihn unverwandt an.
»So sehe ich den Fall«, sagte Giraud. »Was haben Sie dazu zu sagen?«
»Nun, dass Sie eine Tatsache nicht in Betracht gezogen haben.«
»Und die wäre?«
»Jack Renauld war sicher über die Bauarbeiten am Golfplatz auf dem Laufenden. Er wusste, dass der Leichnam entdeckt werden musste, sobald mit dem Bau des Bunkers begonnen würde.«
Giraud lachte laut.
»Aber das
Weitere Kostenlose Bücher