Mord auf dem Golfplatz
Wunderbar. Fahren Sie fort. Sie haben Recht. Es war entschieden ein Fehler von uns, Georges Conneau zu vergessen.«
Die Zustimmung des kleinen Mannes schmeichelte mir dermaßen, dass ich kaum weiterreden konnte. Aber irgendwann konnte ich mich wieder konzentrieren und argumentierte weiter:
»Georges Conneau ist vor zwanzig Jahren verschwunden, aber wir haben keinen Grund, ihn für tot zu halten.«
»Aucunement«, stimmte Poirot zu. »Weiter.«
»Deshalb können wir davon ausgehen, dass er noch lebt.«
»Genau.«
»Oder dass er vor kurzer Zeit noch gelebt hat.«
»De mieux en mieux!«
»Wir setzen voraus«, fuhr ich mit wachsendem Enthusiasmus fort, »dass es ihm schlecht ergangen ist. Er ist zum Kriminellen geworden, zum Gauner, zum Landstreicher, was immer Sie wollen. Er kommt zufällig nach Merlinville. Und dort findet er die Frau, die zu lieben er niemals aufhören konnte.«
»Eh, eh! Wie sentimental!«, warnte Poirot.
»Wo Hass ist, ist auch Liebe«, zitierte ich, vielleicht falsch. »Auf jeden Fall findet er sie hier, wo sie unter einem anderen Namen lebt. Aber sie hat einen neuen Liebhaber, Renauld eben. Georges Conneau bricht, überwältigt von den aufgewühlten Erinnerungen, einen Streit mit diesem Renauld vom Zaun. Er lauert Renauld auf, als der seine Geliebte besucht, und jagt ihm das Messer in den Rücken. Dann beginnt er, entsetzt von seiner Tat, ein Grab auszuheben. Ich halte es für wahrscheinlich, dass Madame Daubreuil sich auf die Suche nach ihrem Liebhaber macht. Zwischen ihr und Conneau kommt es zu einer schrecklichen Szene. Er zieht sie in den Schuppen und stürzt dort plötzlich in einem epileptischen Anfall zu Boden. Nehmen wir an, dass Jack Renauld dazukommt. Madame Daubreuil erzählt ihm alles und macht ihn darauf aufmerksam, dass es für ihre Tochter hässliche Konsequenzen hätte, wenn dieser längst vergessene Skandal wieder zum Leben erweckt würde. Der Mörder seines Vaters ist tot – da ist es doch besser, die Sache zu vertuschen. Jack Renauld stimmt zu – er geht ins Haus, spricht mit seiner Mutter und kann sie von seiner Auffassung überzeugen. Angeregt von der Geschichte, die Madame Daubreuil ihm erzählt hat, lässt sie sich von ihm fesseln und knebeln. Also, Poirot, was sagen Sie dazu?« Ich ließ mich zurücksinken und genoss meinen Stolz auf diese erfolgreiche Rekonstruktion.
Poirot betrachtete mich nachdenklich.
»Ich glaube, Sie sollten Filmdrehbücher schreiben, mon ami«, sagte er schließlich.
»Sie meinen…«
»Die Geschichte, die Sie mir da erzählt haben, könnte einen guten Film ergeben – aber sie hat keinerlei Ähnlichkeit mit dem wirklichen Leben.«
»Ich gebe zu, dass ich nicht bis ins letzte Detail gegangen bin, aber…«
»Sie sind noch weiter gegangen – Sie haben die Details souverän ignoriert. Was ist mit der Kleidung der beiden Männer? Meinen Sie wirklich, dass Conneau sein Opfer erst erstochen, es dann entkleidet, dann dessen Anzug übergestreift und dem Toten schließlich das Messer ein weiteres Mal in den Rücken gestoßen hat?«
»Ich weiß wirklich nicht, welche Rolle das spielen soll«, entgegnete ich mürrisch. »Vielleicht hat er Madame Daubreuil gedroht und vorher Geld und Kleidung von ihr erhalten.«
»Gedroht – wie? Ist das Ihr Ernst?«
»Sicher. Er hat vielleicht gedroht, den Renaulds ihre wahre Identität zu verraten, und das hätte vermutlich alle Hoffnungen auf die Hochzeit ihrer Tochter mit Jack Renauld zerschlagen.«
»Sie irren sich, Hastings. Er konnte sie nicht erpressen, denn sie hatte die Oberhand. Vergessen Sie nicht, dass Georges Conneau noch immer wegen Mordes gesucht wird. Ein Wort von ihr, und ihm droht die Guillotine.«
Widerwillig musste ich zugeben, dass er Recht hatte.
»Ihre Theorie«, fragte ich bissig, »ist zweifellos korrekt bis in alle Details?«
»Meine Theorie ist die Wahrheit«, sagte Poirot ruhig. »Und die Wahrheit ist notwendigerweise korrekt. Sie haben bei Ihrer Theorie einen grundlegenden Irrtum begangen. Sie haben Ihrer Phantasie erlaubt, sich mit mitternächtlichen Stelldicheins und leidenschaftlichen Liebesszenen in die Irre zu begeben. Aber wenn wir ein Verbrechen aufklären wollen, müssen wir beim gesunden Menschenverstand bleiben. Soll ich Ihnen meine Methoden vorführen?«
»Oh, unbedingt, gewähren Sie eine Vorführung!«
Poirot setzte sich sehr gerade hin, bewegte seinen Zeigefinger heftig hin und her und fing an, seine Ansicht klarzustellen.
»Ich beginne wie Sie mit der
Weitere Kostenlose Bücher