Mord auf dem Golfplatz
verloren, wenn sie über alldem hätte herumbrüten können. Zum Glück fa n den wir sofort ein Engagement.
Und dann sah ich dich und deinen Freund im Publikum… Ich war außer mir. Ihr musstet doch einen Verdacht haben, sonst hättet Ihr uns nicht verfolgt. Ich musste wissen, wie schlimm genau es aussah, deshalb bin ich dir gefolgt. Ich war verzweifelt. Und dann, noch ehe ich etwas sagen konnte, stellte sich heraus, dass du mich im Verdacht hattest und nicht Bella! Beziehungsweise dass du mich für Bella hieltest, wo ich doch das Messer gestohlen hatte.
Ich wünschte, mein Lieber, du könntest meine Gedanken von damals lesen… dann würdest du mir vielleicht verzeihen…Ich hatte solche Angst und war so verwirrt und verzweifelt… Ich wusste nur, dass du mich retten wolltest – aber ich wusste nicht, ob du auch bereit sein würdest, sie zu retten… Ich hielt es nicht für sehr wah r scheinlich – es war doch nicht dasselbe. Und ich konnte dieses Ris i ko nicht eingehen. Bella und ich sind Zwillinge – ich musste tun, was für sie das Beste war. Deshalb habe ich weitergelogen. Ich kam mir schrecklich schlecht dabei vor – das tue ich immer noch… Das ist alles – genug wirst du wohl sagen. Ich hätte Vertrauen zu dir haben sollen. Und dann…
Als die Zeitungen von Lacks Verhaftung schrieben, war alles zu Ende. Bella wollte nicht mehr abwarten, wie die Dinge sich entwi c kelten…
Ich bin sehr müde. Ich kann nicht mehr schreiben.«
Sie hatte mit Cinderella unterschreiben wollen, dann aber die ersten Buchstaben durchgestrichen und stattdessen
»Dul ci e Duveen«
geschrieben.
Es war eine hingeworfene, wirre Epistel – aber ich habe sie bis heute aufbewahrt.
Poirot war bei mir, als ich sie las. Die Briefbögen fielen mir aus der Hand, und ich sah ihn an.
»Wussten Sie die ganze Zeit, dass es die – andere war?«
»Ja, mein Freund.«
»Warum haben Sie mir das nicht gesagt?«
»Anfangs hielt ich es kaum für möglich, dass Ihnen ein solcher Fehler unterlaufen könnte. Sie hatten das Foto gesehen. Die Schwestern sehen einander sehr ähnlich, aber deshalb braucht man sie noch lange nicht zu verwechseln.«
»Aber die blonden Haare?«
»Eine Perücke, die auf der Bühne einen pikanten Kontrast ergeben soll. Wäre es denn vorstellbar, dass ein Zwilling blond und der andere dunkel sein könnte?«
»Warum haben Sie mir an dem Abend im Hotel in Coventry nicht die Wahrheit gesagt?«
»Sie sind ziemlich anmaßend aufgetreten, mon ami«, sagte Poirot trocken. »Sie haben mir keine Gelegenheit gegeben.«
»Aber danach?«
»Ach, danach! Zunächst hat mich Ihr Mangel an Vertrauen verletzt. Und dann wollte ich feststellen, ob Ihre – Gefühle wirklich von Dauer wären. Ob es sich um Liebe handelte oder um ein Strohfeuer. Ich hätte Sie nicht mehr lange in diesem Irrtum gelassen.«
Ich nickte. Er sprach so liebevoll mit mir, dass ich ihm einfach nicht böse sein konnte. Ich schaute die Briefbögen an. Dann klaubte ich sie vom Boden auf und hielt sie ihm hin.
»Lesen Sie das«, sagte ich. »Bitte.«
Er las den Brief schweigend und sah mich dann an.
»Was macht Ihnen solche Sorgen, Hastings?«
Das war ein ganz neuer Poirot. Seine spöttische Art hatte er offenbar abgelegt. Es fiel mir nicht allzu schwer, ihm zu antworten.
»Sie sagt nicht – sie sagt nicht – na ja, sie sagt doch nicht, ob sie sich etwas aus mir macht oder nicht?«
Poirot überflog den Brief noch einmal.
»Ich glaube, da irren Sie sich, Hastings.«
»Wo denn?«, rief ich und beugte mich aufgeregt vor.
Poirot lächelte.
»Sie sagt es Ihnen in jeder Zeile dieses Briefs, mon ami.«
»Aber wie soll ich sie denn finden? Sie hat ja keine Adresse angegeben. Der Brief ist in Frankreich abgestempelt, das ist alles.«
»Regen Sie sich nicht auf. Überlassen Sie das Papa Poirot. Ich werde sie für Sie finden, sobald ich fünf Minuten freihabe.«
Siebenundzwanzigstes Kapitel
Jack Renaulds Geschichte
» H erzlichen Glückwunsch, Monsieur Jack«, sagte Poirot und schüttelte dem Jungen voller Wärme die Hand.
Der junge Renauld hatte uns sofort nach seiner Freilassung aufgesucht – ehe er nach Merlinville zu seiner Mutter und Marthe Daubreuil fuhr. Stonor war bei ihm. Seine Robustheit bildete einen starken Kontrast zum erschöpften Aussehen des Jungen. Jack Renauld stand offenbar kurz vor einem Nervenzusammenbruch. Er lächelte Poirot traurig an und sagte leise:
»Ich habe das alles über mich ergehen lassen, um sie zu
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