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Mord auf dem Golfplatz

Mord auf dem Golfplatz

Titel: Mord auf dem Golfplatz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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später brachen wir auf. Es war schon ziemlich dunkel, ein schwüler, drückender Abend. Poirot führte uns aus der Stadt, in Richtung Villa Geneviève. Doch bei der Villa Marguerite blieb er stehen.
    »Ich möchte mich nur davon überzeugen, dass mit Jack Renauld alles in Ordnung ist. Kommen Sie, Hastings. Mademoiselle wartet vielleicht besser draußen. Madame Daubreuil könnte eine für sie verletzende Bemerkung machen.«
    Wir öffneten das Tor und gingen den Gartenweg entlang. Als wir das Haus umrundeten, machte ich Poirot auf ein Fenster im ersten Stock aufmerksam. Hinter den Vorhängen war deutlich Marthe Daubreuils Profil zu erkennen.
    »Ah!«, sagte Poirot. »Ich nehme an, dass wir in diesem Zimmer Jack Renauld finden werden.«
    Madame Daubreuil öffnete die Tür. Sie erzählte, Jacks Zustand sei kaum verändert, meinte aber, wir wollten ihn vielleicht selbst sehen. Sie führte uns nach oben und in das Schlafzimmer.
    Marthe Daubreuil saß mit einer Stickarbeit neben einem Tisch, auf dem eine brennende Lampe stand. Sie legte einen Finger an die Lippen, als wir das Zimmer betraten.
    Jack Renauld schlief, aber unruhig und nervös, er drehte den Kopf hin und her, und sein Gesicht war noch immer unnatürlich rot.
    »Kommt der Arzt noch einmal wieder?«, flüsterte Poirot.
    »Nur, wenn wir ihn rufen lassen. Jack schläft jetzt – darauf kommt es an. Maman hat ihm einen Beruhigungstee gekocht.«
    Als wir das Zimmer verließen, wandte sie sich wieder ihrer Stickerei zu. Madame Daubreuil brachte uns nach unten. Seit ich von ihrer Vergangenheit erfahren hatte, erregte diese Frau in immer stärkerem Grad mein Interesse. Sie hatte die Augen niedergeschlagen, ihre Lippen waren zu dem leisen, rätselhaften Lächeln verzogen, an das ich mich noch so gut erinnerte. Und plötzlich hatte ich Angst vor ihr, wie vor einer schönen, giftigen Schlange.
    »Ich hoffe, wir haben Sie nicht gestört, Madame«, sagte Poirot höflich, als sie die Tür öffnete, um uns hinauszulassen.
    »Aber durchaus nicht, Monsieur.«
    »Ach, übrigens«, sagte Poirot, als sei ihm das gerade erst eingefallen. »Monsieur Stonor war heute doch nicht in Merlinville, oder?«
    Ich konnte mir nicht vorstellen, was er mit dieser Frage bezweckte, ich wusste ja, dass sie für Poirot eigentlich bedeutungslos war.
    Madame Daubreuil antwortete gelassen: »Nein, nicht dass ich wüsste.«
    »Er hat nicht mit Madame Renauld gesprochen?«
    »Woher soll ich das wissen, Monsieur?«
    »Stimmt«, sagte Poirot. »Ich dachte, Sie hätten ihn vielleicht kommen oder gehen sehen, das ist alles. Gute Nacht, Madame.«
    »Warum…«, hob ich an.
    »Keine Warums, Hastings. Dafür ist später noch Zeit genug.«
    Wir schlossen uns wieder Cinderella an und gingen mit raschen Schritten weiter zur Villa Geneviève. Poirot schaute sich einmal zu dem leuchtenden Fenster um, zu dem Profil von Marthe Daubreuil, die sich über ihre Arbeit beugte.
    »Auf jeden Fall wird er beschützt«, murmelte er.
    Als wir die Villa Geneviève erreicht hatten, postierte Poirot sich hinter ein paar Büschen auf der linken Seite der Auffahrt, von wo aus wir einen guten Überblick hatten, während wir selbst vollständig verborgen waren. Die Villa lag in tiefer Finsternis, zweifellos schliefen alle. Wir standen fast genau unter Madame Renaulds Schlafzimmerfenster, das, wie ich registrierte, offen stand. Und ich hatte das Gefühl, dass Poirot es nicht aus den Augen ließ.
    »Was machen wir jetzt?«, flüsterte ich.
    »Aufpassen.«
    »Aber…«
    »Ich glaube, in der nächsten Stunde, oder vielleicht auch den nächsten zwei, wird nichts passieren, aber…«
    Ein dünner, gedehnter Schrei ließ ihn verstummen.
    »Hilfe!«
    In dem Zimmer rechts oberhalb der Haustür flammte ein Licht auf. Der Schrei war aus diesem Zimmer gekommen. Und während wir noch hinstarrten, tauchte auf den Vorhängen der Schatten von zwei ringenden Menschen auf.
    »Mille tonnerres!«, schrie Poirot. »Sie hat ihr Zimmer gewechselt!«
    Er stürzte los und hämmerte wütend gegen die Haustür. Dann hastete er zu dem Baum im Blumenbeet und kletterte mit der Gewandtheit einer Katze nach oben. Ich folgte ihm, während er bereits durch das offene Fenster sprang. Ich schaute mich um und sah, dass Dulcie hinter mir einen Ast packte.
    »Pass auf«, rief ich.
    »Pass auf deine Großmutter auf«, erwiderte sie. »Das ist ein Kinderspiel für mich.«
    Poirot war durch das leere Zimmer gerannt und hämmerte gegen die Tür.
    »Von außen verschlossen und

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