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Mord auf der Leviathan

Mord auf der Leviathan

Titel: Mord auf der Leviathan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Boris Akunin
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wollen, kostet es Sie vierundachtzigtausend Francs und keinen Sou weniger.‹« Der Kommissar lachte vergnügt und schüttelte den Kopf, gleichsam hingerissen von der Frechheit des Gärtners. »Nicht einen Sou weniger, soso. Nun muß ich Ihnen aber sagen, der beschwipste Herr war nicht irgendwer, sondern der Bankier Laffitte, der reichste Mann von Paris. Der redete nicht in den Wind, er hatte gesagt ›jeden Preis‹, und das galt. Er hätte es als schmählich empfunden, zu kneifen und sein Bankierswort zurückzunehmen. Aber einem hergelaufenen Frechling solch eine Summe zu geben hatte er auch keine Lust. Was tun?« Coche zuckte die Achseln, um die knifflige Lage des Bankiers zu illustrieren. »Laffitte sagt also: ›Na schön, du alter Spitzbube, du sollst deine vierundachtzigtausend haben, aber unter einer Bedingung: Beweise mir, daß ein Schlummerstündchen auf deinem schäbigen Beet tatsächlich diesen Betrag wert ist. Wenn du das nicht kannst, stehe ich jetzt auf und verbleue dich mit meinem Stock, dann komme ich wegen geringfügigem Rowdytum mit vierzig Francs Strafe davon.‹« Der bescheuerte Milford-Stokes lachte laut und schüttelte begeistert seine rötliche Mähne, Coche aber hob den gelbgeräucherten Finger: Freu dich nicht zu früh, es ist noch nicht zu Ende. »Und was meinen Sie, meine Damen und Herren? Der alte Picard, kein bißchen verlegen, rechnete vor: ›In einer halben Stunde, punkt acht, kommt der Herr Direktor des Parks, sieht Sie in dem Beet liegen und brüllt mich an, ich soll Sie wegbringen. Das kann ich aber nicht, denn Sie haben nicht für eine halbe, sondern für eine ganze Stunde bezahlt. Ich streite also mit dem Herrn Direktor, da jagt er mich aus dem Dienst, ohne Entschädigung und Pension. Dabei habe ich nur noch drei Jahre bis zur Pensionierung. Die Pension beträgt tausendzweihundert Francs im Jahr. Mein Leben im Ruhestand veranschlage ich auf zwanzig Jahre, macht vierundzwanzigtausend Francs. Aus der Dienstwohnung wird man uns raussetzen, meine Alte und mich. Wo soll ich dann wohnen? Ich muß ein Haus kaufen. Ein bescheidenes Häuschen mit Garten irgendwo an der Loire kostet mindestens zwanzigtausend. Und jetzt, mein Herr, denken Sie auch mal an meine Reputation. Vierzig Jahre habe ich in diesem Park auf Treu und Glauben meine Arbeit getan, und jeder wird sagen, daß Picard ein redlicher Mensch ist. Und nun solche Schande auf mein graues Haupt. Das ist ja Schmiergeld, Bestechung! Ich finde, für jedes Jahr untadeligen Dienstes sind tausend Francs nicht zuviel als moralischer Ausgleich. Insgesamt ergibt das vierundachtzigtausend.‹ Laffitte lachte, streckte sich behaglich auf dem Beet aus und schloß wieder die Augen. ›Komm in einer Stunde‹, sagte er. ›Da kriegst du dein Geld, alter Affe.‹ Ist das nicht eine hübsche Geschichte, meine Damen und Herren?«
    »Also t-tausend Francs für ein untadeliges Jahr?« sagte der russische Diplomat auflachend. »Ein bißchen wenig. Wahrscheinlich Mengenrabatt.«
    Die Anwesenden erörterten lebhaft die Geschichte und äußerten durchaus gegensätzliche Meinungen, Renate aber starrte neugierig Monsieur Coche an, der mit zufriedener Miene seine schwarze Mappe aufschlug, an der erkalteten Schokolade nippte und mit Papieren raschelte. Ein Original, dieser Opa. Was mochte er da für Geheimnisse haben? Warum hielt er den Ellbogen drüber?
    Diese Frage ließ Renate keine Ruhe. Ein paarmal versuchte sie, Coche über die Schulter zu linsen, aber der boshafte Rentier klappte die Mappe unverfroren vor ihrer Nase zu und drohte ihr sogar mit dem Finger – nicht doch.
    Aber heute geschah etwas Bemerkenswertes. Als Monsieur Coche wie üblich vor den anderen aufstand, entglitt seiner geheimnisvollen Mappe ein Blatt und segelte still zu Boden. Der Rentier bemerkte es nicht; in unfrohe Gedanken vertieft, verließ er den Salon. Kaum hatte sich die Tür hinter ihm geschlossen, schnellte Renate vom Stuhl hoch. Aber sie war nicht die einzige mit guter Beobachtungsgabe. Die wohlerzogene Miss Stomp, so eine Fixe, erreichte das Blatt als erste.
    »Ach, Monsieur Coche hat wohl was verloren!« rief sie, hob rasch das Papier auf und bohrte die scharfen Augen hinein. »Ich bring’s ihm.«
    Aber Madame Kleber hatte schon mit zähen Fingern zugeschnappt und dachte nicht daran, loszulassen.
    »Was ist es?« fragte sie. »Ein Zeitungsausschnitt? Wie interessant!«
    Im nächsten Moment umstanden alle Anwesenden die beiden Damen, nur der stoische Japaner wedelte noch

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