Mord im Atrium
goldhaarig … Wie ich es genießen würde, meinem Freund Petronius Longus von Ganna zu erzählen! Er würde vor Eifersucht kochen.
Ich sorgte dafür, dass Helena sofort davon erfuhr. Ich hatte Ganna allein in dem kleinen blauen Salon untergebracht, in dem wir unerwartete Besucher empfingen. Dort gab es nichts zu klauen und keinen Weg nach draußen. Nux, unsere Hündin, saß an der Tür wie ein Wachhund. Nux war in Wirklichkeit ein verrückter, freundlicher, miefiger kleiner Köter, immer erpicht darauf, unseren Besuchern eine Führung durch die Räume zu geben, in denen wir unsere Wertgegenstände zur Schau stellten. Trotzdem hatte ich Ganna empfohlen, keine hastigen Bewegungen zu machen, und mit etwas Glück würde ihr entgehen, dass Nuxie mit ihrer schäbigen Rute wedelte.
Draußen auf dem Flur setzte ich eine besorgte Miene auf und versuchte wie ein Mann auszusehen, dem Helena vertrauen konnte. Helenas Kinn war gereckt. Sie sah aus wie eine Frau, die genau wusste, was für einen Burschen sie da geheiratet hatte. Mit leiser Stimme fasste ich kurz zusammen, womit Laeta mich beauftragt hatte. Helena hörte zu, wirkte jedoch bleich und angespannt. Zwischen ihren dunklen, markanten Brauen hatte sich eine leichte Falte gebildet, die ich sanft mit dem Finger wegstrich. Sie sagte, es sei ihr nicht gelungen, ihren Bruder zu finden. Niemand wisse, wo Justinus sei. Er sei am Morgen aus dem Haus gestürmt und immer noch nicht heimgekehrt. Abgesehen davon, dass Papa ihn in den Saepta Julia gesehen habe, sei Justinus verschwunden.
Ich verbarg ein Lächeln. Also war es dem in Ungnade gefallenen Quintus gelungen, einer Konfrontation auszuweichen.
»Lach nicht, Marcus! Sein Streit mit Claudia war eindeutig ernst.«
»Ich lach ja gar nicht. Warum Geld für ein sehr teures Geschenk ausgeben und es dann Claudia nicht überreichen?«
»Dann machst du dir genauso viele Sorgen um ihn wie ich, Marcus?«
»Selbstverständlich.«
Tja, er würde vermutlich heute Abend stockbesoffen hier aufkreuzen und sich zu erinnern versuchen, in welcher üblen Kaschemme er Claudias Geschenk vergessen hatte.
Wir gingen zu Ganna hinein.
Sie hockte auf der Kante ihres Sitzes, eine dünne, zusammengesackte Gestalt in einem braunen Gewand mit geflochtenem Gürtel. Ihr goldener Halstorques verriet uns auf subtile Weise, dass sie aus einer überwiegend keltischen Gegend stammte und Zugang zu Schätzen hatte. Vielleicht war sie die Tochter eines Stammesführers. Ich hoffte, ihr Papa würde sich nicht hierher auf die Suche nach ihr machen. Sie hatte eisblaue Augen in einem lieblichen Gesicht, dessen verängstigter Ausdruck sie verletzlich wirken ließ. Ich wusste genug über Frauen, um das zu bezweifeln.
Wir setzten uns ihr gegenüber, Seite an Seite, förmlich wie ein Ehepaar auf einem Grabstein. Würdevoll und kurz angebunden, mit ihren besten Achaten über einem sattblauen Gewand, das ihren herrlichen Busen bedeckte, übernahm Helena die Führung des Gesprächs. Sie hatte während der letzten sieben Jahre mit mir zusammengearbeitet und übernahm regelmäßig Befragungen, bei denen meine direkte Beteiligung nicht als ehrbar betrachtet worden wäre. Bei Witwen und Jungfrauen und bei gutaussehenden verheirateten Frauen mit draufgängerischer Vergangenheit.
»Das hier ist Marcus Didius Falco, und ich bin Helena Justina, seine Frau. Ihr Name ist Ganna? Woher kommen Sie, Ganna, und ist Ihnen unsere Sprache geläufig?«
»Ich lebe bei den Brukterern im Wald auf der anderen Seite des großen Flusses. Ich spreche Ihre Sprache«, erwiderte Ganna mit demselben höhnischen Unterton, den Veleda gehabt hatte, als sie vor fünf Jahren ebenfalls mit ihren Sprachkenntnissen geprahlt hatte. Sie lernten es von Händlern und gefangengenommenen Soldaten. Der Grund dafür, Latein zu lernen, lag einzig darin, ihre Feinde auszuspionieren. Es gefiel ihnen, dass ihr Latein uns verblüffte. »Oder würden Sie lieber Griechisch sprechen?«, forderte Ganna sie heraus.
»Was immer Ihnen angenehmer ist!«, gab Helena zurück, auf Griechisch – was dem Blödsinn ein Ende machte.
Als Bittstellerin war Ganna grimmig, aber verzweifelt. Ich hörte zu und beobachtete sie schweigend, während Helena ihr die Geschichte entlockte. Das Mädchen war Veledas Akolythin gewesen. Zusammen mit Veleda gefangen genommen, war sie als ihre Gefährtin mit hierhergebracht worden, um nach außen die Schicklichkeit zu wahren. Wie sie berichtete, hatte Rutilius Gallicus ihnen gesagt, in Rom
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