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Mord in Der Noris

Mord in Der Noris

Titel: Mord in Der Noris Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Kirsch
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einige der
Polizisten kurz zu ihr auf, um ebenso schnell wieder wegzublicken. Niemand
machte Anstalten, sie vorbeizulassen. Keiner trat zur Seite. Der Kreis blieb
geschlossen. Typisches Gruppenverhalten, dachte die ehemalige
Soziologiestudentin Steiner. Eva Brunner war so sehr in das Gespräch mit den
Kollegen vertieft, dass sie von dem sich nähernden Panther nichts mitbekam.
    »Guten Morgen, Frau Brunner, guten Morgen, meine
Herren«, sagte Paula Steiner laut und sehr, sehr freundlich.
    Da endlich registrierte sie auch die Jungkommissarin,
die ihr zur Begrüßung lediglich einen abweisenden, hochmütigen Blick zuwarf.
    Das überraschte sie nun doch. Dass es schon so weit
gekommen war … Meine Schuld, dachte sie noch, ich habe alles laufen lassen. Ich
hätte besser aufpassen sollen. Jetzt muss ich die Scharte auch wieder
auswetzen.
    »Wer leitet denn hier den Einsatz?«, fragte sie mit
einem leisen Lächeln.
    Es war diese betont arglos gestellte Frage, die den
Halbkreis blitzschnell auflöste. Aus der vormals fröhlichen Plaudergruppe, die
die Passanten zum Ausweichen auf die Straße nötigte, wurde im Handumdrehen eine
vorschriftsgemäße polizeiliche Absperrung. Die beiden Raucher beeilten sich,
ihre Zigaretten im Rinnstein auszudrücken, Uniformjacken wurden glatt gezogen,
Haltung wurde angenommen. Schließlich deutete einer der Schutzpolizisten, ein
blonder Krauskopf, in Eva Brunners Richtung.
    »Dann ist die Leiche also schon abtransportiert
worden?«, sagte Paula, noch immer mit diesem feinen Lächeln, ihrer
Allzweckwaffe in Situationen wie dieser. Sie gab sich Mühe, ihre Frage so
unbedarft und naiv wie möglich klingen zu lassen.
    Als Antwort erhielt sie, wieder von dem Krauskopf, nur
ein kurzes Kopfschütteln.
    »Nein, das kann nicht möglich sein! Das glaube ich
einfach nicht!«, rief sie erstaunt aus. Sie wandte sich ihrem stummen
Informanten zu. »Denn Frau Brunner arbeitet seit einem Jahr in meiner
Kommission und weiß demzufolge ganz genau, dass sie zum einen als
Kommissar-Anwärterin keinen Einsatz leiten darf. Und dass sie, sollte sie dies
doch tun und damit gegen die Vorschriften verstoßen, dann zum andern auf keinen
Fall, aber auf gar keinen Fall den Einsatzort verlassen darf. Und dieser ist
doch, soweit ich informiert bin, nicht auf dem Bürgersteig, sondern in der
Wohnung da oben. Oder täusche ich mich da?«
    Sie erhielt keine Antwort. Die brauchte sie auch
nicht. Denn sie hatte keine Frage, sondern etwas klargestellt. Der Panther
hatte seine Krallen schon ausgefahren. Noch hielt er sein Opfer im Maul,
behutsam und nachdenklich. So als würde er überlegen, ob er tatsächlich
zubeißen oder es noch einmal gnädig davonkommen lassen sollte. Das Beutetier
nahm dem Jäger die Entscheidung ab.
    »Da oben stinkt es. Das ist eine Messie-Wohnung. So
was ist eine Zumutung. Ich an Ihrer Stelle würde da nicht raufgehen«, sagte Eva
Brunner mit zusammengekniffenen Augen und für Paulas Geschmack eine Spur zu
pampig.
    Schade, wirklich schade, dachte sie noch für einen
Moment, sie hat nicht begriffen, worum es geht. Und jetzt erst biss der Panther
endgültig zu.
    »Frau Brunner, Sie sind aber nicht an meiner Stelle.
Und wenn Sie so weitermachen, werden Sie es auch nie sein. Und noch etwas:
Sollte ich einen Rat von Ihnen benötigen, werde ich Sie das rechtzeitig wissen
lassen. Aber ich denke, auch so weit wird es nicht kommen. Bis dahin spendieren
Sie Ihre ungefragten zweifelhaften mediokren Ratschläge meinethalben jedem
anderen, vielleicht den Kollegen hier von der Polizeiinspektion Ost, nur mir
bitte nicht. Ist das klar?«
    Ein wenig wunderte sie sich selbst über ihre Rede, vor
allem über das Adjektiv »medioker«. Bis dahin hatte sie gar nicht gewusst, dass
ihr Wortschatz auch solche bildungssprachlichen Perlen bereithielt.
    Ohne eine Antwort abzuwarten, fuhr sie fort: »Und
jetzt kehren Sie augenblicklich ins Präsidium zurück und warten dort auf mich.«
    An der Haustür angekommen, drehte sich Paula nochmals
um. Sie sah auf eine mustergültige Formation von Polizisten, gerade Haltung,
die Beine hüftbreit aufgestellt, die Arme hinter dem Rücken verschränkt, den
Blick starr auf die Straße gerichtet. Und sie sah Eva Brunner, die ihr einen schnellen,
schrägen Blick zuwarf, bevor sie sich dann, ohne sich von den Kollegen zu
verabschieden, eilends in Bewegung setzte.
    Als sie die Treppe in die erste Etage hochstieg, hatte
sie den zweiten Entschluss dieses Tages gefasst, kalten Herzens und ohne

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