Mord inclusive
interessierten auch wir uns mehr für Jungs und Klamotten. Aber als vor einigen Jahren die Tutanchamun-Ausstellung nach Dallas kam, gingen Kyla und ich zur Eröffnung, wofür wir endlose Stunden in zitternder Erwartung anstanden.
Nun war ich tatsächlich hier und ritt auf einem Kamel durch den Sand der Sahara auf die großen Pyramiden von Gizeh zu. Direkt vor mir hockte Kathy Morrison steif im Sattel, aber mit der konnte ich meine Begeisterung wohl nicht teilen. Ich wandte mich um. Auf dem letzten Kamel ritt Alan Stratton und schaute nachdenklich drein. Ich strahlte ihn unverhohlen an. Er bemerkte das und schenkte mir ein Lächeln.
»Das ist das Beste!«, rief ich, und er musste lachen.
Hinter ihm folgte der Rest der Kamelherde wie Spielzeuge, die ein Kind in den Sand der endlosen Wüste gesetzt hatte, die am Horizont mit dem leicht dunstigen Himmel verschmolz. Es war ein perfektes Bild. Ohne nachzudenken, hob ich meine kleine Kamera und drückte auf den Auslöser. Einen Augenblick schien mir, als sei Alans Lächeln verschwunden. Ich überlegte schon, ob ich mich entschuldigen sollte, aber es war sofort wieder da.
»Sie machen sich toll auf einem Kamel«, neckte er mich.
»Sie aber auch«, gab ich zurück und wandte mich rasch um, damit er nicht sah, wie mir ein leichtes Rot in die Wangen stieg.
Was war nur los mit mir? Ich benahm mich wie das letzte Highschool-Girl, wurde rot und aufgeregt, nur weil ein attraktiver Mann nett zu mir war. Um mich abzulenken, überlegte ich, warum es ihm nicht gefallen haben konnte, dass ich ihn fotografierte. Vielleicht gab es einen dunklen Fleck in seiner Vergangenheit und er war auf der Flucht vor der Polizei? Oder vor einer wild gewordenen Frau? Oder vor der Mafia? Er konnte natürlich auch ein Spion sein. Oder Kameras nicht mögen, wies ich mich zurecht. Wichtiger aber war: Sah ich auf einem Kamel wirklich gut aus? Und wie gut?
Bevor meine Gedanken mich ganz aus der Fassung brachten, hielt mein junger Kamelführer zum Glück das Tier an und bat um meinen Fotoapparat. Es war Zeit, ein Bild zu machen. Auf einem Kamel. Mit den Pyramiden von Gizeh im Hintergrund. Mit einem sehr gut aussehenden Mann ganz in der Nähe, der ein wenig mit mir flirtete oder vielleicht auch nicht. Wäre da nicht der schreckliche Tod dieser nervenden Frau gewesen, es hätte ein perfekter Morgen sein können.
Bis zur Sphinx brauchten wir mit dem Bus höchstens zwei Minuten. Wir bogen mit unserem riesigen klimatisierten Luxusgefährt um die längere Seite der Pyramiden und erreichten eine abschüssige Straße, die links an der Sphinx vorüberführte. Alle reckten die Hälse, um einen Blick auf sie zu werfen. Die Glücklichen, die auf der richtigen Seite des Busses saßen, klebten an den Fensterscheiben wie Kinder zu Weihnachten. Über ihre Köpfe hinweg konnte ich ein Stückchen von dem zerklüfteten, rätselhaften Antlitz erhaschen, das auch mit fehlender Nase sehr abgeklärt wirkte. Wie es in unserem Flyer hieß, stieg die gewaltige Figur tatsächlich in ihrer majestätischen Pracht direkt aus dem Sand auf. Was das Blättchen aber nicht vermitteln konnte, war ihre schiere Größe. Die Touristen, die hinter der Absperrung an ihrem Fuße standen, wirkten wie winzige Spielzeugfiguren.
Der Bus hielt am Straßenrand. Wir sprangen auf und warteten darauf, dass die Türen sich öffneten, aber Anni hieß uns wieder setzen.
»Wie Sie sehen, dürfen wir nicht näher heranfahren. Die Restaurationsarbeiten sind noch im Gange, denn Touristen und Invasionsarmeen haben über die Jahrhunderte große Schäden angerichtet. Unser Bus bleibt also hier stehen. Ich sage Ihnen gleich: Dies ist der beste Standort, um Fotos zu machen. Wir kommen zwar noch näher heran, aber von unten haben Sie keinen so guten Blickwinkel. Wir verweilen hier noch ein paar Minuten und gehen dann gemeinsam hinunter. Dort werden Sie sehen, dass ich recht hatte.« Sie zeigte ein kleines Lächeln. »Der Bus holt uns danach unten auf dem Parkplatz ab. Nach dem Plan hätten wir hier ein wenig freie Zeit, da wir aber bereits spät dran sind, bitte ich Sie, bei der Besichtigung immer in meiner Nähe zu bleiben.«
Wir alle nickten verständnisvoll und sagten ihr damit unsere Mitwirkung zu. Nun gab Anni unserem Fahrer Achmed ein Zeichen, der daraufhin die Türen öffnete. Familie Peterson stieg zuerst aus dem Bus. Während wir anderen noch herauskletterten, waren die beiden Jungen bereits den halben Weg hinuntergerannt, gefolgt von ihrer
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