Mord ist auch eine Lösung
und schrie um Hilfe. Ein kaltes Schaudern kam über sie wie ein Winternebel, die Art von Nebel, die einem bis in die Knochen kriecht. Sie musste schreien und immer weiter schreien und hoffen, dass jemand sie hörte. Wenn nicht, dann würde sie in nicht zu ferner Zukunft so tot sein wie Miss Camper-Young.
|299| Kapitel 45
Lindsey blickte auf und sah, wie Detective Inspector Doherty mit einem äußerst selbstzufriedenen Lächeln ins Hotel hereingestürmt kam.
»Sie haben wohl gerade einen Fünfzig-Pfund-Schein gefunden?«
»Besser«, antwortete er und gab ihr ein rasches Küsschen auf die Wange. »Ich habe den Strippenzieher gefunden, der hinter dem Diebstahl einer großen Menge von Antiquitäten und Wertgegenständen steckt. Einschließlich der aus dem Lagerbestand des kürzlich ermordeten Philippe Fabiere.«
»Gut gemacht!«, lobte ihn Lindsey, die sich wirklich für ihn freute. »Und die Morde?«
»Ah!« Er zog die Stirn kraus. Er fand es verwirrend, dass Gilbert Godwin ein wasserdichtes Alibi für jeden der in Frage kommenden Abende hatte. Er war Pfadfinderführer und hatte jeweils an Treffen teilgenommen. Das erklärte Steve auch Lindsey. »Er war’s nicht.«
»Glauben Sie ihm?«
»Pfadfinderehrenwort.«
Er konnte an Lindseys Miene sehen, dass sie nicht recht begriff, worauf er hinauswollte. Aber er war jetzt nicht in der Stimmung, ihr das zu erläutern. Ein paar weitere Nachforschungen, während Godwin noch etwas Zeit in der Zelle zubrachte, das könnte die Sachlage vielleicht ändern. Es musste sich was ändern. Er brauchte einen Durchbruch in diesem Fall. Sowohl der Hotelmanager als auch Godwin hatten Alibis für die Mordzeiten. Doherty war da völlig ratlos.
|300| »Wo ist Ihre wunderbare Frau Mama?«
»Ich bin mir nicht sicher. Vorhin hat sie noch mit den Hoffners über ihre Entführung gesprochen. Die bemühten sich, ihr haarklein alles zu berichten, was passiert ist. Sie hat sie gefragt, ob sie sich noch an irgendwas anderes erinnern, außer dem, was sie schon der Polizei erzählt haben.«
»Und?«
Lindsey schüttelte den Kopf. »Nein. Die ganze Sache war für sie ziemlich traumatisch, aber Mary Jane hat angeboten, ihnen bei der Aufarbeitung zu helfen.«
Doherty zog fragend die Augenbrauen in die Höhe. Mary Jane war Doktor der Parapsychologie, keine Psychiaterin.
»Hypnose«, antwortete Lindsey mit funkelnden Augen, als sie seinen Gesichtsausdruck bemerkte. »Anscheinend ist Frau Hoffner eine Naturbegabung als Medium, solange keine anderen aufdringlichen Geister dazwischenkommen. Ich glaube übrigens, dass Mary Jane mit aufdringlichen Geistern meine Großmutter meint. Die hat während der Hypnosesitzung Hotelverbot.«
Doherty grinste schief. »Ja, das kann ich mir vorstellen, dass ihre Anwesenheit Probleme bereiten könnte. Wann findet denn das alles statt?«
»Jetzt gerade. Sie sind oben in Mary Janes Zimmer. Das heißt, Herr und Frau Hoffner und Smudger. Smudger ist als Zeuge dabei – und um meine Großmutter am Betreten des Zimmers zu hindern.«
Doherty war der Meinung, dass es ziemlich aussichtslos war, von den Hoffners während der Hypnose mehr Informationen zu bekommen. Aber selbst aussichtslose Sachen konnten manchmal klappen, überlegte er. Einen Versuch war es wert.
Lindsey nannte ihm die Zimmernummer. Er redete sich ein, das wäre jetzt wichtig, wichtiger, als Honey zu diesem ganz besonderen Rendezvous einzuladen.
»Lasst mich rein«, rief er, nachdem er an die Tür von Mary Janes Zimmer geklopft hatte.
|301| »Keine Chance.«
»Smudger, ich bin’s, Doherty.«
Man hörte, wie der Schlüssel im Schloss umgedreht wurde. Smudgers rosige Wangen und blaue Augen tauchten in einem kleinen Spalt auf. Als er Doherty erkannte, öffnete er die Tür ein Stückchen weiter.
»Alles in Ordnung, Kumpel?« Smudger hatte etwas Frisches und Munteres. Das strohblonde Haar fiel ihm in die Stirn. Doherty versuchte, ins Zimmer zu treten. Smudger hielt ihn zurück. »Ich muss aber um absolute Ruhe bitten, Kumpel. Okay?«
»Klar.« Doherty nickte und spazierte ins Zimmer, überlegte besorgt, was er da wohl vorfinden würde. Warum man ausgerechnet Smudger als Zeugen hinzugezogen hatte, war ihm ein Rätsel. Aber er verstand Mary Jane ja sonst auch nicht. Es war ziemlich einfach, sich die alte Amerikanerin mit einem spitzen Hut vorzustellen, wie sie sich mit einem Zauberbuch über einen blubbernden Kessel beugte. Er glaubte nicht an all das Zeug. Was zum Teufel hatte er dann hier verloren?
Frau
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