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Mord ist auch eine Lösung

Mord ist auch eine Lösung

Titel: Mord ist auch eine Lösung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean G. Goodhind
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geziert, die zu den Gästezimmern hinaufführte. Nun würde das tiefe Rot durch einen strapazierfähigen, aber luxuriösen Läufer in tiefstem Herbstgold ersetzt werden. Inzwischen klapperten die Schritte von Mary Jane – klipp-klopp – die Stufen hinunter. Mary Jane, der einzige noch übriggebliebene Gast des Hotels, kam nach unten.
    »Ich habe eine Beschwerde«, sagte Mary Jane.
    Honey zwinkerte. Es war noch früh am Morgen, und Mary Janes apfelgrüner Trainingsanzug würde garantiert jeden aus dem Tiefschlaf aufwecken. Sie hatte dieses schrille Teil zu einem stark reduzierten Preis auf einem Flohmarkt erstanden, Mary Jane hatte ihn sogar noch ein ganzes Stück weiter heruntergehandelt. Kragen und Manschetten waren in Quietschrosa abgesetzt, und auch der Reißverschluss prangte in dieser leuchtenden Farbe. Das Ganze blendete so sehr, dass die Vorbesitzerin wahrscheinlich heilfroh war, das |8| Ding endlich los zu sein. Mary Janes Turnschuhe schillerten in allen Regenbogenfarben und passten wiederum glänzend zu den hölzernen Papageien-Ohrringen, die an ihren Ohrläppchen baumelten.
    Honey war höchst verständnisvoll. »Das tut mir leid, Mary Jane. Was gibt es denn?«
    Feiner Staub rieselte von Mary Janes Wangen, während sie redete. Sie neigte dazu, sehr viel Puder zu verwenden. Überall, wohin sie ging, hinterließ sie eine Spur, einschließlich eines deutlichen Gesichtsabdrucks auf ihrem Kopfkissen.
    »Es geht um Sir Cedric«, sagte sie nun mit hohler Stimme und blickte verstohlen über die Schulter.
    »O je«, meinte Honey. Sie hatte viel Geduld mit Mary Jane. Die war eine sehr nette Person. Es hatte nicht lange gedauert, bis Honey die unendlichen Gespräche über längst verstorbene Ahnen, die Mary Jane zufällig regelmäßig besuchten, als vertrauten Teil ihres Lebens empfand. Sir Cedric zum Beispiel lebte in einem Wandschrank in Mary Janes Zimmer, hatte Mary Jane ihnen berichtet.
    »Ihn bringt der Farbgeruch völlig aus der Fassung. Er mag es nicht, wenn sich etwas ändert. In diesem alten Haus ist im Laufe der Jahrhunderte schon zu viel verändert worden.«
    Mary Jane wohnte ständig im Hotel. Sie war zufällig in diesem Zimmer gelandet, als sie sich vor einigen Jahren in Bath zu Besuch aufhielt, und hatte beschlossen, dass dies der Ort war, wohin sie gehörte. Schon bald danach hatte sie den Sonnenschein Kaliforniens gegen das eher wechselhafte Wetter Englands eingetauscht.
    Honey hatte gelernt, über Sir Cedric zu sprechen, als sei er einfach nur ein weiterer Gast – der allerdings nicht den üblichen Zimmerpreis bezahlte, aber andererseits auch die Hoteleinrichtungen kaum benutzte. Sie entschuldigte sich entsprechend wortreich. »Bitte übermittle ihm meine aufrichtige Entschuldigung, aber es musste einfach sein. Ich bin sicher, dass ihm die neue Ausstattung gefallen wird, wenn die Arbeiten erst beendet sind.«
    |9| Honey nahm an, dass Sir Cedric nachts umherwanderte. Sie wollte lieber nicht in die Einzelheiten gehen. Denn wenn sie das geringste Interesse zeigte, würde Mary Jane stundenlang über ihren Familienstammbaum reden.
    »Du verstehst das nicht«, antwortete Mary Jane, und ihre Augen hatten das seltsame Leuchten, wie immer, wenn sie von Sir Cedric sprach. »Geister, die in einem Haus residieren, hassen es, wenn ihre alten Gewohnheiten gestört werden, und reagieren dann mit Anzeichen größten Missmuts.«
    Honey blickte auf die Uhr. »Nun, ich bin sicher, wenn wir die Fenster weit aufmachen, wird er nicht allzu sehr gestört.«
    Mary Jane wirkte ein wenig unsicher.
    »Schau mal«, fuhr Honey fort und fragte sich nicht zum ersten Mal, warum sie all das anstandslos hinnahm. Aber da sie sich verpflichtet fühlte, ihren einzigen Gast zu besänftigen, gab sie Mary Jane ein Versprechen.
    »Ich sag dir was: Sobald Philippe kommt, rede ich mit ihm ein Wörtchen darüber. Ich bin sicher, wir können eine Lösung finden – und wenn wir nur eine weniger stark riechende Farbe kaufen.«
    Mary Jane war noch immer nicht überzeugt. »Braucht dieser Philippe noch lange, bis er herkommt?«
    »Nein«, antwortete Honey und schüttelte energisch den Kopf. »Ich erwarte ihn jeden Augenblick. Überlass das alles nur mir. Ich krieg das hin.«
    Mary Janes Gesicht sah noch immer nicht sonderlich beruhigt aus.
    »Hast du schon gefrühstückt?«, fragte Honey, die dringend das Thema wechseln wollte.
    Bei der Erwähnung von Essen wandelte sich Mary Janes Miene.
    »Doris hat mir das Frühstück aufs Zimmer gebracht. Es

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