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Mord ist nur ein Spiel - Der 1 DANNY McRAE Thriller

Mord ist nur ein Spiel - Der 1 DANNY McRAE Thriller

Titel: Mord ist nur ein Spiel - Der 1 DANNY McRAE Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gordon Ferris
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ich am Leben geblieben. Mehr oder weniger. Andere hatten nicht so viel Glück gehabt. Ich hätte dort draußen sein und mit dem Rest der Welt feiern sollen. Der Krieg war vorbei, morgen fing ein neues Jahr an, und obwohl London in Schutt und Asche lag, gab es immer noch genügend Pubs, in denen man es so richtig krachen lassen konnte. Und wie am 8. Mai 1945, dem Tag des Kriegsendes (ich war anderweitig beschäftigt gewesen, hatte aber auf Zeitungsfotos gesehen, wie die Leute die Laternenmasten hochkletterten), würden die Straßen voller küssender und sich gegenseitig umarmender Fremder sein.
    Es herrschte die allgemeine Überzeugung vor, dass sich die Welt für immer verändert hatte. Zum Besseren natürlich, besagte zumindest die offizielle Lesart. Und um ehrlich zu sein, es war eine deutliche Verbesserung gegenüber den Bombardements. Aber wir hatten auch etwas verloren: eine Identität, ein Ziel. Wie eine richtig gute Party, die zu lange gedauert hatte und von der wir alle im kalten Licht des Tages zurück nach Hause krochen; peinlich berührt, in was für einem bedauernswerten Zustand wir uns befanden. Tage der Abrechnung, an denen wir den Kater verdauten, die unerklärlichen Schwangerschaften erklären und uns den fragenden Blicken stellen mussten, bis uns bei der großen Heimkehrerbeichte das Geständnis unserer Untreue abgetrotzt wurde.
    Vielleicht hätte ich gerade in dieser Nacht besser nach Hause fahren sollen. Den Nachtzug nach Glasgow nehmen, dann die Nebenstrecke runter nach Kilpatrick. Meine alten Kumpel auftreiben und mich mit ihnen hemmungslos besaufen, ganz so wie früher. Drei Tage lang durchfeiern, jeder ist dein Freund. Alle Türen stehen offen. Rührselige Tränen für das alte Jahr und keltische Furcht vor dem neuen.
    Ich erinnerte mich an das letzte Mal, als wir zusammen in das Jahr hineinfeierten, das unser aller Leben aus dem Gleis warf. Wie ich und Archie und Big Tam ein Fass Bier die Cowgate hinuntergerollt hatten. Gut gelaunt mähten wir damit andere gut gelaunte Betrunkene um, erreichten Kilpatrick Cross, zapften, was das Zeug hielt, und stießen in einem singenden, tanzenden Wirbel aus neuen Freunden auf 1939 an. Ich war damals 24 gewesen, hatte mir einen freien Neujahrstag ergaunert, indem ich den Weihnachtsdienst in der Polizeiwache an der Turnbull Street in Glasgow übernahm. Der jüngste Detective Sergeant in der Truppe. Mit Aussicht auf Beförderung zum Inspector und dann – wer weiß?
    Doch ich konnte nicht nach Hause. Jedenfalls noch nicht. Haben Sie sich jemals die Frage gestellt, wie es sich anfühlt, die Erinnerung an ein ganzes Jahr Ihres Lebens zu verlieren? Aufzuwachen und gesagt zu bekommen, dass 365 Tage vergangen sind, obwohl lediglich ein paar furchterregende Narben und lähmende Kopfschmerzen darauf hindeuten?
    Die Lücke war nicht durchgehend; hin und wieder trieb ein Fetzen Erinnerung aus der fehlenden Zeit an die Oberfläche. Ich griff danach, gab mir Mühe, ihn festzuhalten und in irgendeinem geistigen Archiv abzulegen, wie Porträts in einer perversen Kunstgalerie. Ich hatte das Gefühl, wenn ich genug Bilder fand und in die richtige Reihenfolge sortierte, entstünde daraus eine vollständige Geschichte. Dr. Thompson sagte mir immer, ich sollte nicht zu viel erwarten. Keiner wusste, woher diese Bilder stammten. Sie konnten genauso gut falsch sein. Das machte mir wirklich Angst. Mein Bezug zur Realität war ohnehin schon schwer genug in den Griff zu bekommen, vielen Dank auch.
    Als ich aus meinem eigenen, ganz privaten Krieg zurückkehrte, befand ich mich in ziemlich schlechtem Zustand. Mir fehlte jeglicher Orientierungspunkt, nachdem ich im Mai 1944 von England nach Frankreich ging. Alles, was mir im Gedächtnis geblieben war, waren ein rundlicher Mann namens Gregor mit einem riesigen Schnauzbart und seine zupackenden Landsleute. Und wie ich für kurze Zeit diesen bunten Haufen Amateure anführte und zu einer Kampftruppe zusammenschweißte. Danach herrschte eine große Leere in meinem Kopf bis zu jenem Moment, als ich mich im April dieses Jahres ins Leben zurückquälte, auf einer Holzpritsche in einer kleinen süddeutschen Stadt namens Dachau.
    »Ist der hier tot?«
    »Weiß nicht. Hilf mir, ihn hochzuheben.«
    Irgendwo in meinem Kopf registrierte ich, dass die Stimmen amerikanisch klangen. Das fand ich nett. Amerikaner wirkten immer so hoffnungsvoll. Der Himmel sollte einen breiten Südstaatenakzent haben. Aber ich wollte nicht, dass sie mich störten. Ich war

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