MORDMETHODEN
die Zahnsammlung Denkes. Uns sind im Ganzen 351 Zähne übersandt worden. Diese fanden sich in einer Geldtasche, in zwei Blechschachteln, auf denen »Pfeffer« und »Salz« geschrieben stand, in drei Papierbeuteln, die für Pfeffer bestimmt waren. Sie sind zum Teil nach ihrer Größe geordnet. So waren die Backenzähne in der Geldtasche, die übrigen, nach ihrem guten bzw. schlechteren Zustande, in den beiden Schachteln und in einem Papierbeutel. In einem anderen Papierbeutel waren Zähne, die nach ihrem Aussehen mit hoher Wahrscheinlichkeit einem Menschen angehören, in einem dritten schließlich fanden sich drei untere Schneidezähne, die stark atrophisch [verkümmert; M. B.] sind und wohl von einem alten Individuum stammen. Alle Zähne, mit Ausnahme von sechs, waren gut erhalten.
Die Untersuchung hat der Direktor des hiesigen zahnärztlichen Instituts, Herr Professor Dr. Euler, vorgenommen, der mir in liebenswürdiger Weise sein Gutachten wie die Bilder zur Verfügung gestellt hat. Die Fragen, die aufgrund der Befunde an den Zähnen beantwortet werden sollten, waren: nach der Zahl der Opfer, nach Alter, Geschlecht und Berufder betreffenden Individuen, nach der Art der Entfernung der Zähne und der Zeit, die nach der Extraktion verflossen ist.
Die Untersuchungen haben uns sehr beachtenswerte Resultate geliefert. Nach den Knochen, bzw. den Resten von solchen, waren mit Bestimmtheit wenigstens acht Opfer anzunehmen, wenn es auch nach den sonstigen Umständen des Falls wahrscheinlich war, dass die Zahl eine wesentlich größere ist. Die Befunde an den Zähnen ließen mit Sicherheit auf wenigstens 20 Menschen schließen, da 20 linke, untere Eckzähne vorhanden sind …
Die Tatsache, dass die Opfer größtenteils an Erkrankungen des Parodontiums [Zahnhaltegewebe; M. B.] gelitten haben, die eben erwähnten Zähne aber durch diese Krankheiten besonders gefährdet sind, unterstützt noch die Annahme einer wesentlich größeren Zahl von Opfern. Dafür spricht auch weiter das Fehlen jeder festgestellten Zahnbehandlung wie die Berechtigung, bei den Personen ein hohes Alter anzunehmen. Bei vorsichtiger Schätzung glaubt Professor Euler, dass sie wenigstens 25 Individuen angehörten.
Die Gewinnung geschah auf verschiedene Weise. Zum Teil waren die Zähne durch senile Atrophie [Rückbildung; M. B.] und durch Erkrankung gelockert, bei den fester sitzenden wurde Gewalt angewandt. An vielen haften noch Teile der Alveolarwand [Kieferbereich, in dem die Zähne sitzen; M. B.] an. Einzelne zeigen charakteristische Schmelzfrakturen [Brüche im Zahnschmelz; M. B.], besonders die Molaren [Mahlzähne; M. B.] und Prämolaren [Backenzähne; M. B.], die zu Lebzeiten nicht schon bestanden haben konnten. An manchen fanden sich Spuren einer angelegten Zange mit sehr scharfen Rändern. Das Aussehen mancher Wurzeln scheint die Vermutung zu rechtfertigen, dass der Kiefer vorher gekocht worden ist. Einzelne Zähne, die wahrscheinlich bei der Extraktion zerbrochen worden sind, hat Denke mit Pech wieder zusammengeklebt.
Besonders interessant ist die Beantwortung der Frage nach dem Alter. Aus der später zu erwähnenden Liste [s. S. 317; M. B.]sind wir darüber bei fast allen Opfern orientiert. Jugendliche Individuen sind nicht darunter. Nun wurde bei vier Weisheitszähnen, die einwandfrei von demselben Menschen stammten, festgestellt, dass diese Eigentümlichkeiten hätten, wie wir sie bei den Zähnen von etwa 15-jährigen Individuen finden. Die Untersuchung der anderen Zähne ergab, dass mindestens vier Fünftel der Besitzer in höherem Alter standen. Professor Euler erklärt zusammenfassend, dass sich unter den Opfern mit Bestimmtheit eine Person befand, die nicht älter als 16 Jahre war, dass die meisten erheblich älter als 40 Jahre waren, zwei vermutlich zwischen 20 und 30 und eine zwischen dem 30. und 40. Lebensjahr stand.
Die Versuche, das Geschlecht der Personen zu bestimmen, ergaben keine befriedigenden Resultate, ebenso wenig waren bestimmte Anhaltspunkte für den Beruf dieses oder jenes Zahnträgers vorhanden. – Aus nahe liegenden Gründen konnte auch nichts Bestimmtes über die Zeit gesagt werden, die nach dem Tode verflossen ist. Sicher ist nur, dass einige Zähne schon vor Jahren extrahiert worden sind. Das Herausreißen der Zähne der jugendlichen Personen liegt eine größere Zahl von Wochen zurück.
Jedenfalls hat die Begutachtung der Zähne, was Zahl und Alter der Opfer anbelangt, wesentlich mehr gebracht, als aus
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