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MORDMETHODEN

MORDMETHODEN

Titel: MORDMETHODEN Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Benecke
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blieb bis zur letzten Minute dabei: »I geh’ mit dem Bewusstsein in den Tod, dass i die zwei Gendarmen in Irchenbrunn net absichtlich erschossen hab’.« Ob er sich da etwas vormachte, weiß niemand. Es gibt aber keinen Grund, ihm nicht zu glauben.
Gutes bleibt
    Die Geschichte vom Räuber Kneißl drang bis ins Rheinland. Bereits einen Tag nach seiner Verhaftung wurde im Kölner Arbeiterblatt, der Rheinischen Zeitung , darüber berichtet. Zuerst war dort eine echte Räuberpistole abgedruckt: Kneißl sei bei einem Saufgelage mit zwei Frauen verhaftet worden, »auf die Anzeige einer Dirne« hin. Auch seine Zechkumpanen und die Bauern, die ihn untergebracht hätten, seien festgesetzt worden.
    Es dauerte nur zwei Tage, bis die Kölner – feierlustig und obrigkeitsscheu wie die Bayern – die richtige Version der Verhaftung ausgruben:
    »Man sieht, dass hier wenigstens die viel gebrauchte Behauptung, das Landvolk sei die beste Ordnungsstütze des Staates,keine Gültigkeit hat … Die Behörden sollten sich aber die Frage vorlegen, wie man die einschlägige Bevölkerung … auf ein höheres sittliches Niveau heben könnte. Es könnte das vielleicht durch wirtschaftliche Verbesserungen und durch eine frei denkende, tief herzliche Erziehung geschehen … Sagt man doch, dass zum Beispiel, als der Kneißl, nachdem er wegen Wilderns und Ähnlichem bestraft war, wiederholt Arbeitsstellung als Handwerker fand, seine Meister mit ihm zufrieden waren, ihn aber entließen, weil ihnen die stetige polizeiliche Kontrolle unbequem war.«
    Der letzte Teil dieses Berichts – die mangelnde Wiedereingliederung von Straffälligen in Handwerksbetrieben trotz guten Willens der Meister – ist vor Gericht übrigens immer wieder zu hören. Heutzutage sind es meist Kunden, die den Exgefangenen outen, nicht die Polizei.
    Kneißls Schädel stand noch bis 1944 in der Münchner Universität. Dann zerstörten Fliegerbomben die anatomische Sammlung. Doch das Kneißl-Lied lebte lange weiter. Noch 1966 wurden eigens Tafeln geschnitzt, die ein Buch und das Epos über den unfreiwilligen Volkshelden bebilderten.
    Und sogar ein Kutscher zog Nutzen aus dem Ansehen des Räubers. Als der unbekannte Dienstleister eines Tages starb, meldeten die Zeitungen seinen Tod mit dem Hinweis, dass er neben dem Schriftsteller Ludwig Thoma auch den Kneißl einmal befördert habe.

NACHWORT
    Solange es Menschen gibt, wird es auch neue und unerwartete Verbrechen geben. Dabei ist jedes Verbrechen auch eine Herausforderung. Als die Flugzeuge am 11. September 2001 ins World Trade Center rasten, bemerkten wir naturwissenschaftlichen Kriminalisten unseren jüngsten Irrtum: Mit Beginn des neuen Jahrtausends hatten wir einen Augenblick lang geglaubt, dass die letzte Hürde der Spurensuche genommen sei. Die Entdeckung der genetischen Fingerabdrücke in England, dem Heimatland der Kriminalistik, hatte uns ab 1985 einer schnellen und vor allem vorbeugenden Tatbearbeitung so nah gebracht, wie wir es uns immer erträumt hatten. Nun zeigte sich aber, dass nur ein Bruchteil der Toten aus dem World Trade Center mittels genetischer Fingerabdrücke identifiziert werden konnte. Die übrigen Körper hatten sich im Staub und Schutt des Gebäudes aufgelöst; die biologischen Spuren waren schlicht verschwunden.
    Und so stehen wir wieder dort, wo wir schon zu Ende des 19. Jahrhunderts mit dem Erblühen der Kriminalistik standen: vor einer neuen kriminalistischen und technischen Herausforderung mit ungewissem Ausgang. Nur eines ist dabei sicher: Dass auch in Zukunft die Wirklichkeit spannender sein wird als jede Romanfantasie.

Quellen und weiterführende Literatur
    Ahlgren, G./S. Monier (1993), Crime of the Century: The Lindbergh Kidnapping Hoax . Boston: Branden Books. [Fall Lindbergh]
    Anonymus (1984), »Auffallend vorsichtig. Kriminalistische Bilanz der Heineken-Entführung«. In: Kriminalistik 38, S. 53. [Fall Heineken]
    Anonymus (2000), http://www.geocities.com/byebyekarla/ [Wettseite zum Tod Karla Homolkas]
    AP (2001), Police: FBI , DEA serve warrant at home of former footballgreat O. J. Simpson . AP, 4.12.2001.
     
    Bassenge, F. (1937), Ehre und Beleidigung . Berlin: Duncker & Humblot. [Duell]
    Bayerisches Oberlandesgericht (2000), Beschluss vom 23.02.2000 zu Aktenzeichen 5 St RR30/00. Zit. in: Deutsches Auto-Recht (DAR) 2000, S. 277. [Beleidigung mittels einer Verkehrs-Überwachungskamera]
    Benecke, M. (1996), »Die DNA-Beweise im Fall Simpson«. In: Kriminalistik 50, S. 481ff. [Fall

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