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MORDMETHODEN

MORDMETHODEN

Titel: MORDMETHODEN Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Benecke
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Bismarck
    Otto von Bismarck, der 1871 erster Kanzler des Deutschen Reiches wurde, nachdem er die deutschen Staaten geeint hatte, war eitel und stur. Noch bevor er ab 1832 in Göttingen Jura zu studieren begann, hatte er sich in Berlin erste Händel geliefert. Als er zum Beispiel von einem Korpsstudenten wegen seiner teuren, schmucken Kleidung ausgelacht wurde, gab ihm der selbstbewusste Bismarck ein heute harmlos erscheinendes »Dummer Junge!« zurück. Daraufhin forderten ihn gleich vier Korpsstudenten zum Duell, worauf Bismarck zu deren Überraschung einging. Die »dummen Jungs« taten gut daran, sofort zu »revocieren« (das heißt, sie kniffen den Schwanz ein), da ihr Gegner nicht nur gut gekleidet war, sondern auch hervorragend fechten konnte.
    Da Bismarck altem Adel entstammte, war es für ihn mit Beginn des Studiums nahe liegend, selbst in ein Korps einzutreten. Er stand mit dem landsmannschaftlichen Korps Hannovera, aus dem auch seine vier Herausforderer kamen, vor allem aber mit dem Braunschweiger Korps in Verbindung. In seiner dreijährigen Studentenzeit in Göttingen focht Bismarck mindestens zwei Dutzend Duelle, und auch als gereifter Mann achtete er noch stolz auf einen seiner Schmisse.
    Weil das Mensurfechten aber unerwünscht war, wurde Bismarck immer wieder zu Universitätsstrafen verdonnert. Diese trat er, wie auch die anderen Korpsstudenten, gerne und mit möglichst abfälligem Gebaren an. So brauchte er nicht auf die Wiederherstellung seiner Ehre im Duell zu verzichten. Sogar als er von einem erfahreneren Mitglied des Braunschweiger Korps zum Duell gefordert wurde, nahm er die Herausforderung an und fügte dem Gegenüber einen Schmiss zu.
    Das Leben von Rudolf von Virchow hatte einen anderen Anfang genommen. Als Sohn einer kleinbürgerlichen pommerschen Familie hatte er das Medizinstudium 1840 am Krankenhaus der Berliner Militärakademie begonnen. Dadurch ersparte er seinen Eltern Kosten, denn Universitätsvorlesungen mussten bezahlt werden, ein Studium auf der Militärakademie aber nicht.
    Später setzte Virchow sich als Pathologe und Anatom mit großem Engagement für die Volksgesundheit, besonders für die Arbeiter in den Städten ein, die unter katastrophalen Bedingungen lebten. Als er allzu deutlich darauf hinwies, dass Seuchen sich nur durch verbesserte Lebensbedingungen der Armen verhindern ließen, verlor er sein Lehramt an der Berliner Universität. Er unterrichtete danach sieben Jahre in Würzburg, bevor er wieder nach Berlin berufen wurde. Dass viele seiner Schüler Professoren wurden, spricht für die Qualität von Virchows Ausbildung.
    Doch nicht nur als Mediziner wurde Virchow bekannt, sondern auch als Politiker. 1861 war er Mitbegründer der liberalenFortschrittspartei. Er war über 40 Jahre lang Mitglied der Berliner Stadtverordnetenversammlung, saß 51 Jahre im Preußischen Landtag und 13 Jahre im Deutschen Reichstag. Vor dem preußischen Abgeordnetenhaus kam es am 2. Juni 1865 nach einer Aussprache über die Seestreitkräfte zum großen Augenblick in unserer kleinen Kriminalgeschichte.
    Der für damalige Verhältnisse liberale Virchow hatte den adelsstolzen preußischen Ministerpräsidenten Bismarck schon seit Jahren durch Widerworte in parlamentarische Bedrängnis gebracht. Eine weitere gute Gelegenheit dazu bot die Diskussion um die Kriegsflotte.
    Das Thema war heiß, seit der oldenburgische Staatsrat Hannibal Fischer 1852 damit beauftragt worden war, die nach dem Friedensvertrag zwischen Deutschland und Dänemark entbehrlichen, alten Schiffe der Marine zu versteigern. Das brach vielen Deutschen das Herz – nicht nur den Militärs, sondern auch den Steuerzahlern, von deren Geld die Flotte erbaut worden war. Noch heute wird Fischer deshalb in manchen Büchern abwertend als »Schiffsmakler« bezeichnet. Zu Lebzeiten musste er sich sogar gefallen lassen, als »Lump und Abenteurer« beschimpft zu werden, der »seine Hände mit einer solch schrecklichen Tat befleckt«. In Wahrheit führte Fischer allerdings nur einen Auftrag der Regierung aus. Trotzdem hat sein Name unter den Freunden des Seekrieges bis heute einen schlechten Klang.
    Debatten im Bereich der Marine wurden seit der Flottenversteigerung leidenschaftlich geführt. Wir können heute nur noch ahnen, wie schwer Virchows Angriff auf Bismarck am entscheidenden Tag gewirkt haben muss. Seine Worte erscheinen uns heute als recht zurückgenommen, bestenfalls als frech. Doch der Ehrbegriff war eben noch ein anderer, und die

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