MORDrhein-Westfalen (Vier Krimis mit Tatorten in NRW - Münsterland, Sauerland, Niederrhein) (German Edition)
war der Kerl ja hinter der Friedrichs her. Und nicht hinter mir.
Jedenfalls war mir beim Anblick des blonden Riesen erst einmal wohler, als wenn ich, sagen wir Rehfeld oder Müller-Sowieso vorgefunden hätte, denn die hätten es mit Sicherheit auf mich abgesehen gehabt.
Mein Fiat stand auf der anderen Straßenseite, und dorthin zu gelangen, war nicht so einfach, wie es sich zunächst anhören mag. In zwei Etappen kam ich schließlich heil über die Straße.
Ein BMW-Fahrer zeigte mir den Vogel.
Zum Glück hatte er hier keine Gelegenheit, anzuhalten und auszusteigen, wollte er nicht Gefahr laufen, von den nachfolgenden Automobilisten dafür gelyncht zu werden.
Spannungsromanen wird ja oft ein Hang zur Gewalt nachgesagt, und zwar mit Vorliebe von Leuten, die solche Romane gar nicht lesen.
Dabei ist alles das, was man dort in dieser Richtung finden kann, mehr als harmlos dem gegenüber, was man mitunter direkt vor der eigenen Haustür vorfindet.
Man nehme eine Filmkamera und lasse sie − vorzugsweise während der Rush Hour − anderthalb Stunden lang auf jene Fahrbahn gerichtet laufen, die ich gerade überwunden hatte.
Das Resultat könnte durchaus ein Spielfilm sein, zu dem der Titel Gnadenlose Wölfe so gut passt wie die Faust aufs Auge oder ein Fiat Uno unter das Hinterrad eines Zwanzig-Tonners.
Ich ließ den Fiat an und fädelte mich in den Verkehr ein. Und − o Wunder! − der kahlgeschorene blonde Todesengel in dem schwarzen Mitsubishi tat dasselbe und fuhr zu allem Überfluss auch noch in dieselbe Richtung wie ich, was für ihn gar nicht so einfach war, weil er dazu auf die ihm gegenüberliegende Fahrbahn wechseln musste.
Und das war auch der Hauptgrund, weshalb es mir überhaupt auffiel, dass er mir folgte.
Er hupte nämlich wie wild, als ihn niemand vorbeilassen wollte. Kein Zweifel, Flash Gordonwusste, wie man sich im Straßenverkehr durchzusetzen hatte!
Dir möchte ich nicht in der Rush Hour begegnen!,dachte ich bei mir. Eigentlich wollte ich ihm überhaupt nicht begegnen.
Er war ziemlich dreist.
Irgendwo quietschten Bremsen, aber ich konnte nicht hinschauen, sonst hätte es an einer meiner Stoßstangen womöglich gekracht, und das wollte ich verständlicherweise vermeiden.
Ich schaute in den Rückspiegel und sah, dass zwischen ihm und mir gut ein halbes Dutzend Pkw waren.
Er versuchte zu überholen, scheiterte aber beim ersten Anlauf. Dann gelang es ihm endlich, zwei Wagen aufzuholen. Mir war klar, dass ich ihn abschütteln musste, bevor ich mich mit Annette Friedrichs treffen konnte.
Unterdessen erreichte ich eine Ampel, und ich hoffte, dass sich nun der Abstand zwischen uns vergrößern würde. Vielleicht konnte ich den Kerl sogar gänzlich abschütteln − mit etwas Glück.
Aber ich hatte keines.
Die Ampel war grün und blieb auch grün, als mein Fiat sie bereits passiert hatte.
Drei der Wagen, die uns trennten, bogen zur Seite ab, und wir waren jetzt noch näher zusammen.
Ich atmete erst einmal tief durch und warf dabei einen Blick auf die Tankanzeige. Halbvoll. Damit konnte man eine ganze Weile lang herumgurken.
Aber ich hatte so im Gefühl, dass der Kerl, der mir auf den Fersen war, nicht so schnell aufgeben würde. Mochte der Teufel wissen, warum er mich verfolgte!
Bei der nächsten Gelegenheit bog ich ab, aber der blonde Hund folgte mir.
Ich schlug noch ein paar weitere Haken, doch ich war in dieser Sache eindeutig der Amateur von uns beiden. Ich hatte keine Ahnung, wie man einen Verfolger abschüttelte, ich war immer schon heilfroh, wenn ich den Fiat ohne Beulen in die Stadt bekam und dann vielleicht sogar noch einen Parkplatz fand, auf den nicht schon ein paar Leute lauerten, die bereit waren, sich dafür zu schlagen.
In einer etwas weniger befahrenen Seitenstraße drückte ich dann ein bisschen mehr auf die Tube, aber insgeheim wusste ich, dass diese Jagd über meine Fähigkeiten als Autofahrer ging.
So kam ich auf den Gedanken, mein Rendezvous mit Annette Friedrichs erst einmal abzublasen. Was ich von ihr erfahren konnte, ging mir nicht verloren.
Sie würde sich wieder bei mir melden, das war so sicher wie das Amen in der Kirche. Aber bisher war sie nicht allzu gesprächig gewesen, und ich hatte das dumme Gefühl, dass es auch diesmal nicht anders gelaufen wäre. Sie hatte einiges zu verbergen und würde den Teufel tun, mir auch nur ein Gramm davon freiwillig auf die Nase zu binden.
Doch sie würde sich wieder melden, denn sie glaubte, dass ich etwas hatte, das ihr
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