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Mordstheater

Mordstheater

Titel: Mordstheater Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Imogen Parker
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mit einem Einschlag amerikanischer Trendausdrücke
war. Mir schien sie vom Schlag dieser eigentümlich selbstbewußten englischen
Upper-class-Frauen, die in einem früheren Jahrzehnt vielleicht im Alleingang
Flugzeuge geflogen oder mutterseelenallein den Amazonas bereist und Bücher
darüber geschrieben hätten. Ich schätzte, sie mußte in den Fünfzigern sein,
aber sie hätte fast jedes Alter über fünfundvierzig haben können. Sie war groß
und eckig gebaut, mit einem beeindruckenden Gesicht, das sehr schön hätte sein
können, wenn sie graziöser und weniger intelligent gewesen wäre. Auf jeden Fall
hatte sie Präsenz. Ihre Kleider konnten Haute Couture sein oder aus dem
Ramschladen stammen — ich vermutete, es war eine Kombination von beidem-, und
ihr vollständig weißes Haar war zu einem Pagenkopf im Stil von Louise Brooks
geschnitten, der ziemlich helmähnlich um ihr lebhaftes Gesicht fiel.
    »Sie hat enorm viel Stil«, sagte ich, »und ich
glaube, es wird Spaß machen, dort zu arbeiten. Es ist faszinierend, eine andere
Seite des Theaters zu sehen.«
    »Die Schauspielkarriere ist also vorbei?« fragte
er.
    »Soweit es sie je gab, ja. Ich glaube nicht, daß
ich das richtige Temperament dafür habe.«
    »Was soll das heißen? Ich kenne nicht viele
Leute, die dazu bereit sind, sich vor einen Pub voller Leute zu stellen und
Witze zu erzählen«, sagte Martin.
    »Ach, das Selbstvertrauen ist nicht das
Problem.« Ich habe einmal im Monat einen Stegreifauftritt, im oberen Stock
eines Pubs in Islington. »Ich hasse nur einfach Schauspieler«, sagte ich und
leerte mein Glas.
    Martin brüllte vor Lachen.
    »Vor zwei Monaten hast du gesagt, du sehnst dich
danach, unter Leuten zu sein, die sensibel und kreativ sind.«
    »So war es auch. Es war mir bloß nicht klar, was für ein Haufen egozentrischer
Langweiler das ist. Was macht dein Liebesleben?«
    Mir lag sehr daran, das Thema zu wechseln, weil
ich mich in Edinburgh ein wenig als Versagerin empfunden hatte. Martin tat mir
den Gefallen und begann mit einer Geschichte darüber, wie er versucht hatte,
mit der Frau, die über ihm wohnt, auszugehen. Ich bin ihr noch nie begegnet,
aber ich bin mir sicher, ich liege richtig in dem Glauben, daß sie nie Martins
Freundin werden wird. Seit dem Tag, an dem sie einzog und er ihr Hilfe mit dem
Schrankkoffer anbot, hegt er eine Leidenschaft für sie. Seitdem hat er den
Möbeltransporteur gespielt, den Elektriker, die Vierundzwanzigstunden-Bank und
die Schulter zum Ausweinen, aber küssen muß er sie erst noch. Martin sagt, sie
sei sehr schüchtern, aber da sie Stewardeß ist und anscheinend jedes Mal einen
anderen Freund hat, wenn sie wieder im Land ist, fällt es mir schwer, das zu
glauben. Ich bin nicht so verständnisvoll, wie ich sollte, weil ich es sehr
klischeehaft von ihm finde, eine Stewardeß anzuhimmeln, und auch sehr
einfallslos dazu, weil sie obendrein das Mädchen von nebenan ist. Ich kann
einfach nicht glauben, daß er das ernst meint.
    »Da du den Anblick gepflegter Langeweile darbietest,
warum erzählst du nicht Einzelheiten von deinem Letzten, Soph?«
    »Es gibt nichts.«
    »Trink noch ein Glas Wein.«
    »Na ja, gut. Du weißt, die Schauspieler, von
denen ich gesprochen habe?«
    »Die egozentrischen Langweiler?«
    »Genau. Also, ich hatte mich in Edinburgh in
einen verguckt. Ich kannte ihn ein bißchen vom College. Er ist recht
erfolgreich gewesen — weißt du, Komparse in Casualty, Kaffeewerbung,
eben solche Sachen sehr gut aussehend etc., etc., und heterosexuell. Tja, an
einem Abend, als alle anderen im Pub waren, hatten wir eine tiefe,
bedeutungsschwangere Unterhaltung, und plötzlich sagte er, >Sophie, warum
machen wir es nicht einfach, direkt hier auf den Kissen?<
    Ich schaute mich im Zimmer um. Es war, als würde
eine Situationskomödie eine Kommune aus den Sechzigern parodieren, mit
Sitzsäcken und einem dreckigen braunen Teppich. Nenn mich bürgerlich, nenn mich
altmodisch, aber ich konnte mich einfach nicht dazu bringen, >es< dort zu
>machen<, also schlug ich vor, wir sollten für die Nacht in ein Hotel gehen.
Natürlich ist es nicht so leicht, während des Festivals in Edinburgh mitten in
der Nacht ein Hotel zu finden. Daran hatte ich nicht gedacht. Letztendlich
nahmen wir dann ein Taxi zu einer kleinen Pension außerhalb, in der Nähe der
Autobahn — sehr friedlich... Es fühlte sich allmählich etwas peinlich an,
nachdem die Spontaneität weg war, und sobald wir dort ankamen, fing er an zu
murmeln,

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