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Mordstheater

Mordstheater

Titel: Mordstheater Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Imogen Parker
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ich jetzt darüber nachdachte, schien überhaupt
beantwortet worden zu sein.
    Ich versuchte, mir die Akten vor Augen zu
führen, die ich am Tag davor im Keller durchgesehen hatte. Bis irgendwann in
den späten Siebzigern ein Fotokopierer aufgestellt worden war, hatten die
Sekretärinnen auf blauem, dünnem Papier Durchschläge von den
Korrespondenzbriefen gemacht. Das wußte ich, weil ich mich durch Stöße davon
gearbeitet hatte, als ich das entscheidende Blatt in Cormac O’Haras Akte
suchte. Aber ich war mir plötzlich sicher, daß sich nichts Derartiges in Jack
Burtons Akten für 1962 und 1963 befunden hatte.
    Als Dorothy allmählich nüchtern wurde, machte
ich ihr eine Tasse Tee, und sie saß da und trank schlückchenweise, und als sie
hörte, wie spät es war, sah sie beunruhigt aus und versuchte, sich zu erinnern,
was sie in den ganzen Stunden gesagt haben mußte. Ich begann, sie vorsichtig zu
befragen.
    »Wann genau haben Sie und Agatha sich
überworfen?«
    »Ach, wußten Sie das nicht? Es war der
Premierenabend von Jacks Stück. Agatha tobte, weil Jack das Stück bei den
späteren Proben geändert und ihr nichts gesagt hatte.«
    »Was?«
    »Oh, ich konnte nie verstehen, warum sie so
einen Zirkus machte. Sehen Sie, in der ersten Version blieben alle Charaktere
im Haus, und er veränderte es so, daß Johnny mit Bella davonging.«
    Ich schaute sie ungläubig an. Mit Sicherheit
mußte ihr das doch klargeworden sein. Aber vielleicht auch nicht. Manchmal
sehen Leute den Wald vor Bäumen nicht.
    »Und was passierte dann?« fragte ich gebannt.
    »Nun, sie hatten diesen Krach, und Jack betrank
sich fürchterlich und verkündete auf der Party, daß er und ich heiraten würden.
Auch für mich war das übrigens eine Neuigkeit. Ich war überglücklich. Agatha
ging einfach. Sie wollte mich nicht hereinlassen, als ich nach Hause kam. Sie
war ungemein eifersüchtig, verstehen Sie. Ich glaube, sie dachte, ich hätte sie
hintergangen. Nun, und Jack natürlich auch. Weil sie ein Verhältnis hatten,
wissen Sie, bevor er und ich zusammen waren. Aber ich war diejenige, die er
liebte, verstehen Sie, und... ich war..., und ich war schwanger.«
    »Oh, ich wußte nicht, daß Sie Kinder haben.«
    »Oh, doch. Zwei Jungen. Bob hat nach dem College
geheiratet und ist nach Australien gezogen, und Joe ist ihm später gefolgt. Wir
vermissen sie so sehr. Aber es geht ihnen sehr gut da unten. Solange sie
heranwuchsen, war alles in Ordnung. Einfach normal, wissen Sie. Erst als sie
von zu Hause weggingen, wissen Sie...Jack beschloß, früher aus dem Schuldienst
auszuscheiden und in Rente zu gehen und wieder zu schreiben und es ist
schwierig heutzutage, schwieriger, glaube ich, als damals, als wir jung waren.
Er ist so enttäuscht worden, wissen Sie..., und das hat die ganze Enttäuschung
von früher zurückgebracht..., als Haare durchfiel und Agatha sich danach
so unmöglich aufführte. Sie machte es Jack sehr schwer. Hat ihn in ganz London
schlechtgemacht. Sie hatte das Gefühl, ihn gemacht zu haben, verstehen Sie,
weil seine ersten beiden Stücke nicht aufführbar waren, aber sie hatte sein
Talent erkannt und es gehegt — Sie wissen, wie intuitiv sie ist. Ich bin
sicher, er hätte es ohne sie nicht geschafft, und ich vermute, sie glaubte, sie
könne ihn auch wieder kaputtmachen. In dieser Nacht, als sie die Party verließ,
sagte sie zu uns: >Aus keinem von euch wird ohne mich etwas werden<, und,
wissen Sie, auf ulkige Weise hatte sie recht. Agatha hatte gewöhnlich recht.
Aber ich fand, sie schien mit dem Alter weicher geworden zu sein, vielleicht,
weil sie krank war —«
    »Warten Sie eben, meinen Sie neulich?« fragte
ich. Dorothy redete aufgrund des Trinkens immer noch ein wenig
unzusammenhängend. Sie nickte.
    »Sie sagte, ich könne kommen und dort für den
Anfang wohnen, dann würden wir uns ein Haus anschaffen. Genau wie wir es
geplant hatten, als wir klein waren. Aber ich sollte alles für mich behalten.
Ich bin allerdings nicht sehr gut darin, Geheimnisse für mich zu behalten, und
als ich am nächsten Morgen aufwachte, kam mir das alles ein bißchen verrückt
vor. Ich meine, ich hatte sie jahrzehntelang nicht gesehen, und jetzt sollte
ich wieder bei ihr einziehen. Ich sollte dann wiederkommen..., aber das habe
ich nicht getan.«
    »Zu Agatha? Haben Sie noch einmal mit ihr
gesprochen?«
    »Nun, eben deshalb fühle ich mich ja so
furchtbar. Ich habe mich einfach nicht getraut, ihr zu sagen, daß ich es mir anders
überlegt hatte.

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