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Mordstheater

Mordstheater

Titel: Mordstheater Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Imogen Parker
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war
nicht letzte Woche, oder doch? Letzte Woche war der Rechtsanwalt und die
Beerdigung, das war letzte Woche...« Sie schien jetzt fast mit sich selbst zu
reden. »Wann immer es war, jedenfalls, vorletzte Woche... Ich denke, ich bin
eigentlich unter einem Vorwand hingegangen. Einer unserer Freunde, der ein
Klient von ihr ist — solch eine kleine Welt, das Theater — , hatte erwähnt, daß
sie krank war und nicht arbeitete — selbstverständlich nie dagewesen bei
Agatha; also nahm ich es als Vorwand, um sie anzurufen. Ich fragte, ob ich ihr
irgendwie helfen könne. Wie Sie natürlich wissen, ist sie ein hoffnungsloser
Fall, wenn sie sich um sich selbst kümmern soll. Ihre Vorstellung von einer
anständigen Mahlzeit ist ein Käsebrot. Und haben Sie die Küche gesehen? Ich
habe eine geschlagene Stunde lang saubermachen müssen, bis man überhaupt darin
kochen konnte. Es war so viel Müll da, daß ich noch nicht einmal die Tüte aus
dem Eimer hieven konnte. Wir hatten lange Jahre nicht mehr richtig miteinander
gesprochen. Ich versuchte es immer an Weihnachten, und ich schickte Fotos.
Diese Sachen eben. Als Bob heiratete, schickte sie ihm tausend Pfund als
Hochzeitsgeschenk, aber Jack brachte ihn dazu, es zurückzuschicken... Sie war
überrascht, von mir zu hören, aber sie sträubte sich nicht dagegen, wie sie es
vorher getan hatte. Sie sagte, es sei wahrscheinlich an der Zeit, daß wir uns
wie erwachsene Menschen benehmen. Also bot ich an, ihr ein Abendessen zu kochen...,
natürlich nicht bloß aus reiner Menschenliebe...«
    An diesem Punkt kam ärgerlicherweise der Kellner
mit dem zweiten Gang, sagte roboterhaft monoton »guten Appetit« und verschwand.
Ich hoffte, daß er Dorothy nicht zu sehr abgelenkt hatte. Ich stürzte mein fast
volles Glas Wein hinunter in der Hoffnung, daß sie das ermutigte, fortzufahren.
Sie zeigte sich erkenntlich, indem sie die nächste Flasche anbrach.
    »Sehen Sie, Jack hatte so viele Schwierigkeiten,
seine Sachen überhaupt gelesen zu kriegen... Ich dachte, sie könnte vielleicht
ein gutes Wort für ihn einlegen. Ich erwartete nicht, daß sie ihn vertrat. Er
hätte das nicht akzeptiert, selbst wenn sie es ihm angeboten hätte, aber ich
dachte, wenn sie ihm nur diskret helfen könnte, eigentlich mir zuliebe. Das
Leben wurde unerträglich. Natürlich kam ich mit der Absicht in ihre Wohnung,
sie ganz emotionslos darum zu bitten, aber wir tranken ein paar Cocktails...
Ich bin Whisky nicht gewöhnt, wissen Sie, und es schmeckt wie Limonade, so wie
Agatha ihn macht, und es führte dazu, daß ich ihr alles erzählte. Ich kann
Geheimnisse nicht sehr gut für mich behalten, verstehen Sie...«
    Ich hatte das Gefühl, jetzt fast überflüssig für
den Monolog geworden zu sein. Vielleicht hatte sie zu Hause nicht über ihre
Gefühle sprechen dürfen. Ich wußte, es war wichtig für sie zu reden. Stephanie
hatte mir alles über die sieben Stufen der Trauer erzählt, und ich wußte, daß
eine davon darin bestand, zu reden, obwohl mir die anderen nicht mehr einfallen
wollten. Also hörte ich zu.
    Ich begann, die Leber auf meinem Teller zu
zerteilen; sobald sie angeschnitten war, lief wäßriges rosa Blut aus ihr
heraus. Ich dachte an Agathas Leber, isoliert auf dem Tisch eines Pathologen,
und fragte mich, ob sie auch so ausgesehen hatte. Ich legte Messer und Gabel
wieder hin.
    Ich versuchte, die Geschichte
zusammenzustückeln. Dorothy war hingefahren, um Agatha um Hilfe zu bitten, weil
es unmöglich wurde, mit Jack zusammenzuleben, weil niemand seine Stücke lesen
wollte. Ich erinnerte mich an Agathas absolute Verachtung für sein Werk und
dachte, wie sinnlos Dorothys Bettelmission gewesen sein mußte.
    »...ich fühle mich jetzt so treulos. Aber Agatha
hatte so eine Art, mir die Dinge zu entlocken, und als ich ihr davon erzählte,
überredete sie mich, daß ich ihn verlassen müsse... Ich wußte, sie hatte recht
mit dem, was sie sagte. Es kommt mir immer richtig vor, wenn ich mit anderen
Leuten darüber rede, aber ich kann mich einfach nicht dazu durchringen. Und
dann bessert er sich wieder, als wüßte er Bescheid... Und ich weiß nicht, ob
ich einfach nur dämlich bin oder nicht. Es ist nicht so einfach —«
    »Aber Agatha dachte, das sei es?«
    »Ja, Sie schien fast glücklich darüber. Für ein
paar Stunden war es genau wie früher. Wir haben es zusammen haarklein ausgetüftelt.
Sie sagte, sie würde mir helfen. Sie sagte, es würde mir gutgehen. Sie sagte,
es würde wieder so werden wie

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