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Mordsviecher

Mordsviecher

Titel: Mordsviecher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicola Förg
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gesehen, wo die Tiere nicht nur den Kitt aus den Fenstern gefressen haben, sondern auch noch sich gegenseitig.«
    »Wie viele Hunde sind es denn?«, fragte Irmi und spürte, wie ihre Stimme ihr nicht gehorchte, sondern sich irgendwie piepsig anhörte.
    »Zweiundsechzig, mit den achtzehn Welpen.«
    »Und wo bringt ihr die unter?« Kathi starrte die Frau an.
    »Genau da beginnt das Problem. Natürlich nicht alle bei uns, wir müssen sie auf alle bayerischen Tierheime verteilen, ich flehe und bettle. Die Tierheime müssen das stemmen, Geld gibt’s keines vom Staat. Glauben Sie mir, manchmal hasse ich meinen Job. Ohne die Spenden wären wir verloren, wären die Tiere verloren. Drum muss ich jetzt auch meinen Telefonmarathon fortführen.« Sie lächelte Doris Blume zu, die zurückgekommen war, und eilte davon, einen Hundekorb unterm Arm.
    Die Amtstierärztin verzog das Gesicht. »Die Leiterin des Tierheims legt den Finger in die Wunde. Kürzlich haben wir dreiundvierzig Katzen sichergestellt. Dreiundvierzig von ursprünglich sechsundsechzig, der Rest war tot. Das kostet das Tierheim acht Euro am Tag bei einer durchschnittlichen Verweildauer von knapp hundertfünfzig Tagen. Ergibt pro Tier zwölfhundert Euro, das sind für dreiundvierzig Katzen fast zweiundfünfzigtausend plus circa sechstausendfünfhundert Euro Tierarztkosten. Und da rechne ich noch sehr am unteren Rand, denn Tiere aus solchen Verhältnissen sind meist sehr krank. Jedenfalls hat das Tierheim plötzlich auf einen Schlag fast sechzigtausend Euro Kosten! Und dabei habe ich die außerordentlichen Tierarztkosten, die Fahrtkosten und die zusätzlichen Mitarbeiterstunden gar nicht eingerechnet! Ich hab die Zahlen stets parat, die haben sich mir eingebrannt. Ich verwende sie als drohendes Beispiel, nur leider kann man Landräten oder höheren Tieren so schlecht drohen.«
    Irmi sah sie fragend an.
    »Schauen Sie, Frau Mangold, die Tierheime sehen keinen Cent von der öffentlichen Hand. Wenn die die Viecher nicht aus Tierliebe aufnehmen würden, stünden die vermeintlich Geretteten auf der Straße. Wie hier beginnt ein Telefonmarathon quer durch die Republik, um abzuklären, wer wie viele Tiere aufnehmen könnte. Wir alle benötigen neue rechtliche Grundlagen – Animal Hoarding ist ein vielschichtiges Problem.«
    Animal Hoarding, krankhaftes Tiersammeln, das war der Begriff, den Irmi irgendwo im Hinterkopf gehabt hatte. Direkt war sie allerdings noch nie damit befasst gewesen. Da starben ja auch nur Tiere, keine Menschen, für die die Kripo zuständig war.
    Und als hätten sich ihre Gedankenbahnen irgendwo gekreuzt, sagte die Amtstierärztin: »Im Prinzip geht Sie das hier ja gar nichts an, Frau Mangold. Das Leben ist zynisch. Tote Tiere verstoßen maximal gegen das Tierschutzgesetz.«
    »Können wir trotzdem was helfen?«, fragte Irmi. »Gerade deshalb.«
    »Sicher, jede Hand zählt. Wir müssen die Hunde einzeln versorgen. Sie überzeugen, in Transportkisten zu gehen. Haben Sie Erfahrung mit Hunden?«
    Irmi stiegen die Tränen wieder hoch. »Entschuldigung. Meine Hündin ist kürzlich gestorben, der Schmerz ist … verdammt.« Sie schniefte.
    O ja, sie hatte Hundeerfahrung. Wally hatte lange und gut gelebt und sterben dürfen, bevor sie allzu sehr hatte leiden müssen. Hier hingegen vegetierten Hunde vor sich hin, die nur gelitten und noch keinen einzigen Tag ein schönes Hundeleben erfahren hatten.
    Die Amtstierärztin lächelte. »Wissen Sie, Frau Mangold, es gibt so viele arme Schweine, die auf ein besseres Leben hoffen, vielleicht hat Ihre Hündin ja Platz gemacht für so ein armes Schwein. Ich meine, irgendwann.« Dann sah sie Kathi an. »Würden Sie ein paar Telefonate für mich erledigen? Wenn Sie als Polizei Druck machen, wirkt das besser.«
    Kathi nickte. Doris Blume reichte ihr einen Zettel mit Telefonnummern und sagte ein paar schnelle Sätze zur Erläuterung.
    »Alles klar!« Kathi warf sich herum, flüchtete eiligen Schrittes zum Auto. Sah sich nicht mehr um.
    Irmi folgte der Amtstierärztin, der Geruch wurde immer unerträglicher. Ein junger Mann mit einem Käscher kam ihnen entgegen. »Wir haben die meisten.«
    »Wie viele?«
    »An die hundert, fürchte ich.«
    Irmi sah von der Amtstierärztin zu dem jungen Mann.
    »Wellensittiche«, erklärte diese. »Sehr viele. Die schwirrten in einem Raum mit über gut achtzig Kaninchen. Kein Wasser, kein Futter. Viele der Kaninchen haben blutige Ohren oder nur noch Ohrfragmente, weil die ausgehungerten

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