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Mordsviecher

Mordsviecher

Titel: Mordsviecher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicola Förg
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war neben sie getreten. Leise und mit einem Lächeln. »Frau Mangold, wenn Sie die Kripo mal verlassen, kommen Sie doch zu mir. Meinen Sie, die lassen sich ein Halsband anlegen?«
    »Die Kleine ja, die Große … wer weiß?«
    »Kleine und Große?«
    »Mutter und Tochter, denk ich. Ist so ein Gefühl.«
    Die Tierärztin nickte. »Könnte passen. Versuchen Sie es?«
    Irmi näherte sich mit einem Leckerli der Kleinen, hatte Halsband und Leine in der Hand. Nun galt es. Was, wenn die Mama sie anfiel? Die Kleine machte sich noch kleiner, ließ sich aber ein Halsband umlegen, während Irmi ihre Augen auf Mama gerichtet hatte.
    Sie murmelte: »Mama, Mamachen, es ist vorbei, aber es ist nur vorbei, wenn du jetzt mitmachst.« Als sie an der Leine zog, stand die Kleine auf – und es kam Irmi wie ein Wunder vor, dass die Mutter folgte.
    Es war wie ein Triumphmarsch. Die Helfer hatten eine Gasse gebildet, es war auf einmal still. Kein Hund bellte mehr.
    Irmi trat nach draußen, wo es dämmerte. Aber auch im fahlen Licht wurde das ganze Ausmaß der Tragödie sichtbar. Die Hundemutter humpelte, sie hatte ein paar böse eitrige Bisswunden. Die Kleine war so dünn, dass Irmi dachte, ihre Knochen würden beim Auftreten bersten.
    »Gehen Sie zum Bus«, flüsterte Doris Blume. »Einfach gehen, nicht anhalten. Der Bus hat eine Rampe.«
    Irmi gelang es, beide Hunde ins Fahrzeug zu bugsieren. Sie gab den beiden Tieren ein Leckerli, die Mutter nahm es sogar aus ihrer Hand.
    »Eine Kämpferin«, sagte die Amtstierärztin und zeigte auf die Größere der beiden Hündinnen. »War so eine Art Chefin im Rudel, denke ich. Die kriegen wir schon wieder hin. Und ihre Tochter wird sich auch berappeln. Eigentlich hübsche Hunde. Irgendwas mit Labrador drin.«
    In der Tat. Die Mutter war schwarz, die Kleine schokobraun. Sie waren glatthaarig, nur die Schnauzen erinnerten eher an einen Collie.
    Die Ärztin schloss die Tür und bat den Fahrer, den Bus zu starten. »Wir haben im Tierheim eine Art mobiles Lazarett eröffnet. Da werden die erst mal verarztet. Frau Mangold, wie heißen die beiden denn?«
    Irmi zögerte nur ganz kurz: »Mama und Schoko.«
    »Schön«, sagte Doris Blume und schrieb etwas auf ihr Klappbrett.
    Irmi fühlte sich, als hätte sie hundert Stunden nicht mehr geschlafen, als trüge sie Schuhe aus Blei.

2
    Der Bus fuhr davon. Irmi blickte sich nach ihrer Kollegin um. Erst nach einer Weile entdeckte sie Andrea und Kathi beim Notarztwagen und ging auf sie zu.
    »Tut mir leid. Ich bin zusammengeklappt«, erklärte Andrea, die auf einem Stuhl vor dem Wagen saß. »Das war unprofessionell, aber …«
    »Das war eine normale Reaktion. Ich mach mir nichts aus Tieren, aber das … das …« Kathi schossen Tränen in die Augen.
    Kathi tröstete Andrea! Das Leben war ein fortwährendes Mysterium. Mitten im Wahnsinn gab es Lichtblitze, gab es Hoffnung, seltsame Wendungen. War der Mensch so? Musste es immer erst zu Katastrophen kommen, damit man zusammenrückte und milder wurde?
    »Andrea, du musst dir keine Vorwürfe machen. Wir alle haben so etwas noch nicht gesehen«, meinte Irmi. »Aber hör mal, vielleicht könnte deine Familie zwei oder drei der Pferde unterbringen? Ihr habt doch leere Boxen. Die sind hier sicher froh um jeden Stallplatz.«
    Andreas Eltern hatten eine Landwirtschaft, und erst kürzlich hatte ihre Cousine geheiratet und drei Pferde mitgenommen. »Bis auf Raisting aussi« hatte sie geheiratet, das war für die Traditionalisten in Andreas Umfeld fast schon eine Weltreise. Eine Weltreise von etwa dreißig Kilometern.
    Raisting lag in einem ganz anderen Einzugsgebiet. Von hier war es viel näher zur Landeshauptstadt und zum Starnberger See, wo schicke Münchenpendler zu Mietpreisen lebten, die sittenwidrig waren. Wo man sich fortwährend darüber unterhielt, ob man auf der richtigen oder der falschen Seite des Sees lebte, und wie eine Sinuskurve war mal die Feldafinger Seite die angesagte, mal die Berger Seite.
    Solche Fragen stellte man sich in Andreas Familie nicht, sondern eher die, wie man den Nachbarn ärgern konnte, der immer mit seinem viel zu großen Bulldog die Kante des Feldes zu Matsch zerfuhr. Das waren die wichtigen Werdenfelser Lebensfragen.
    »Meinst du?« Andrea klang wie ein Schulmädchen. Normalerweise hätte Kathi sie deshalb veralbert, aber diesmal blieb Kathi stumm.
    »Ruf an! Red mal mit der Amtstierärztin«, schlug Irmi vor.
    Andrea lief davon, und Kathi murmelte: »Wenn man selber Pferde hat, ist das

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