Morgenstadt - wie wir morgen leben
Anzeige der Momentanlast im Haushalt ist möglich.
„Wasch- oder Spülmaschinen könnten in Zukunft also genau dann anlaufen, wenn der Wind weht oder die Sonne scheint. Dann wird der Strompreis nämlich niedriger sein, und für den Kunden wird effizientes Verbrauchsmanagement auch einen finanziellen Anreiz haben“, wirbt die Betreiberfirma EWE für das Projekt. 28 „Auch viele Großverbraucher passen ihren Verbrauch in Cuxhaven flexibel an. So können etwa Kühlhäuser – ihnen kommt in Cuxhaven durch die Fischindustrie eine besondere Bedeutung zu – die Kühlung genau dann aktivieren, wenn der Strom reichlich vorhanden und damit besonders günstig ist. In Engpasszeiten, wenn der Strom teurer ist, bleiben die Kompressoren ausgeschaltet. Der bislang kaum speicherbare Strom kann damit also flexibler genutzt werden.“
Die Strompreise im eTelligence-Projekt wechseln im Lauf des Tages: Am billigsten ist der Strom zwischen 20.00 und 8.00 Uhr, untertags kostet er mehr als das Dreifache. Zusätzlich kann der Energieversorger tagsüber sogenannte Bonusevents oder Malusevents schalten. Wenn besonders viel Energie zur Verfügung steht – etwa bei starkem Wind und der damit verbundenen hohen Energieproduktion in den Windparks, kostet der Strom sehr wenig, manchmal ist er sogar ganz umsonst. Umgekehrt steigt der Preis für die Kilowattstunde auf bis zu 80 Cent an, wenn der Stromverbrauch außergewöhnlich hoch ist und wenig Energie zur Verfügung steht.
Ein intelligentes Verteil- und Schaltsystem in der Leitwarte und in einigen dezentralen Steuerboxen sorgt dafür, dass das Netz auf die unterschiedlichen Anforderungen schnell reagieren kann und trotzdem stabil bleibt. Es beruht auf Tagesplänen, in die die Vorhersagen für Wetter und Temperatur einfließen. Das gesamte Geflecht kann Strom auf dem Markt anbieten und notfalls Leistung dazukaufen.
Grundlage für die Vorgänge im Verteilnetz sind die Messwerte, die 100 Ortsnetzstationen im Fünf-Minuten-Takt erfassen: Wirkleistung, Blindleistung, Spannung, Strom sowie die Frequenz. Forscher des Fraunhofer-Anwendungszentrums Systemtechnik verwenden diese Daten, um den Zustand des Netzes für die nächsten Stunden oder den nächsten Tag vorauszusagen. Darauf aufbauend werden anschließend die optimalen Fahrpläne für dezentrale Anlagen ermittelt, die durch die Bereitstellung von Blindleistung die Spannungshaltung unterstützen und Netzverluste minimieren helfen. Diese verteilten Systemdienstleistungen sind in einem Smart Grid unverzichtbar.
Eine weitere Herausforderung war die möglichst intelligente Integration der Wärmeproduktion. Das ahoi!-Bad Cuxhaven, die Abwasserreinigungsanlagen ARA (Entwässerungsgesellschaft Cuxhaven) und eine weitere kleinere BHKW-Anlage in einem EWE-Geschäftsgebäude in Cuxhaven machen hierbei mit. Ist der Strom gerade teuer, produziert man mit Hilfe der BHKW möglichst viel davon und liefert die gleichzeitig anfallende Wärme an die Verbraucher, die sie benötigen. „So hat beispielsweise das BHKW des ahoi!-Bades Cuxhaven während der Feldtestphase im Jahr 2011 etwa 2600 Megawattstunden Strom produziert und an andere Teilnehmer am regionalen Markt verkauft“, sagt Dr. Thomas Erge vom ISE, „was gute Einnahmen erbrachte. Gleichzeitig wurden 4043 Megawattstunden Wärme zur Versorgung des Bads produziert.“ 29 Erfreulich war zudem, dass sich das Gesamtsystem auch unerwarteten Ereignissen wie größeren Abweichungen beim prognostizierten Wärmebedarf kurzfristig anpassen konnte.
Auch die teilnehmenden Haushalte gaben schon nach einem halben Jahr positives Feedback: Sie konnten bis zu 13 Prozent Energie einsparen: „Ganz entscheidend für diesen Einspareffekt ist der bewusste Umgang mit Strom, den wir ermöglichen, indem wir Transparenz beim Stromverbrauch zum Beispiel über Internet und iPod herstellen“, sagt eTelligence-Projektleiterin Dr. Tanja Schmedes. „Mittels unterschiedlicher Tarife optimieren wir die Auslastung des Stromnetzes. Strom ist dann besonders preiswert, wenn viel davon im Netz zur Verfügung steht, zum Beispiel an windreichen oder sonnigen Tagen. Rund 70 Prozent der Teilnehmer reagieren auf diese sogenannten Tarifevents und helfen damit, Strom aus erneuerbaren Quellen besser ins Netz zu integrieren.“ Knapp 90 Prozent der befragten Testhaushalte gaben an, Strom sparen zu wollen, immerhin mehr als die Hälfte möchte etwas für die Umwelt tun 30 .
EIN VIRTUELLES KRAFTWERK
Dass sich viele kleine Energieerzeuger wie
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