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Moskauer Diva

Moskauer Diva

Titel: Moskauer Diva Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B Akunin
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war ein Offizier, ein Husarenkornett, überdies ein Gardeoffizier.
    »Sila Jegorowitsch, ich flehe Sie an!«, rief der junge Mann, die vollkommen irren Augen auf den gestreiften Herrn gerichtet. »Im Parkett! Nicht weiter hinten als sechste Reihe! Ihre Leute sind total übergeschnappt, verlangen zwei Rote! Von mir aus, aber nur auf Pump. Ich hab alles, was ich hatte, für einen Blumenkorb ausgegeben. Sie wissen doch, Wladimir Limbach begleicht seine Schulden immer! Bei Gott, ich erschieße mich!«
    Der Händler sah den verzweifelten Kornett träge an und stieß einen gleichgültigen Pfiff aus.
    »Keine Karten mehr da. Alles ausverkauft. Ich kann dir eine Freikarte für einen Stehplatz geben, aus alter Freundschaft.«
    »Ach, Sie wissen doch, als Offizier darf ich keinen Stehplatz nehmen!«
    »Tja, wie Sie wollen … Einen Augenblick, mein Herr.«
    Die letzten Worte wie auch das ehrerbietige Lächeln, das dem Lehmgesicht sichtlich schwerfiel, galten Erast Petrowitsch.
    »Hier, bitte sehr. Eine Karte für die vierte Loge. Meine Verehrung an Olga Leonardowna. Stets gern zu Diensten.«
    Begleitet vom freundlichen Pfeifen des Händlers und einem neidischen Blick des jungen Husaren, ging Fandorin zum Haupteingang.
    »Na schön, geben Sie mir wenigstens den Stehplatz!«, hörte er noch.
    Eine seltsame Welt
    Die vierte Loge war die allerbeste. Wäre dies kein privates, sondern ein kaiserliches Theater gewesen, hieße sie vermutlich »Kaiserloge«. Die sieben Sessel mit vergoldeten Rückenlehnen – drei in der ersten Reihe, vier in der zweiten – standen ihm ganz allein zur Verfügung. Umso eindrucksvoller war der Kontrast zum übrigen Saal, wo keine Stecknadel zu Boden fallen konnte. Bis zum Beginn der Vorstellung blieben noch fünf Minuten, aber die Zuschauer saßen bereits alle auf ihren Plätzen, als fürchte jeder, es könne noch ein weiterer Anwärter auf denselben Platz erscheinen. Nicht ohne Grund: an zwei oder drei Plätzen redeten Saaldiener beruhigend auf Leute ein, die aufgeregt Karten schwenkten. Eine solche Szene spielte sich direkt unter Fandorins Loge ab. Eine füllige Dame in einer Hermelinstola rief, den Tränen nahe: »Wie – gefälscht? Wo hast du diese Karten gekauft, Jaquot?« Bei einem seriösen Herrn, stammelte der puterrote Jaquot, für fünfzehn Rubel das Stück. Die an derartige Szenen gewöhnten Saaldiener schleppten bereits zwei zusätzliche Stühle herbei.
    Auf den Rängen saßen die Zuschauer noch gedrängter, manche standen sogar in den Gängen. Dort überwogen junge Gesichter, Studentenjacken und die weißen Blusen der höheren Töchter.
    Um Punkt acht, sofort nach dem dritten Klingelzeichen, erlosch das Licht im Saal, und die Türen wurden fest geschlossen. Die Regel, die Vorstellung pünktlich zu beginnen und keine Verspäteten mehr einzulassen, hatte das Künstlertheater eingeführt, doch nicht einmal dort wurde sie so strikt eingehalten.
    Fandorin vernahm hinter sich ein Knarren.
    Wie ein Pascha in der Mitte der ersten Reihe sitzend, drehte er sich um und erblickte nicht ohne Verwunderung den jungen Husaren, der angekündigt hatte, sich zu erschießen.
    Der Kornett Limbach – so hieß er wohl – flüsterte: »Sind Sie allein? Ausgezeichnet! Haben Sie etwas dagegen, wenn ich mich setze? Was wollen Sie allein mit so vielen Plätzen?«
    Fandorin zuckte die Achseln – meinetwegen, warum nicht. Er rückte einen Platz nach rechts, damit sie nicht zu eng saßen. Doch der Offizier zog es vor, sich hinter ihm niederzulassen.
    »Schon gut, ich sitze hier«, sagte der Kornett und packte einen Feldstecher aus.
    Erneut knarrte die Logentür.
    »Den schickt der Teufel! Verraten Sie mich nicht, ich gehöre zu Ihnen!«, flüsterte der Kornett Fandorin kaum hörbar ins Ohr.
    Herein kam ein Mann in mittleren Jahren in Frack und gestärktem Hemd, wie Erast Petrowitsch mit einer weißen Krawatte, nur war die Perle darin nicht schwarz, sondern grau. Bankier oder erfolgreicher Anwalt, mutmaßte Fandorin nach einem kurzen Blick auf das gepflegte Bärtchen und die feierlich glänzende Glatze.
    Der Eintretende verbeugte sich respektvoll.
    »Zarkow. Und Sie sind ein Bekannter der unvergleichlichen Olga Leonardowna. Stets erfreut …«
    Aus diesen Worten schloss Fandorin, dass Herr Zarkow der Besitzer der wundervollen Loge war und dass die Schauspielerin ihn um einen Platz gebeten hatte. Er verstand nicht ganz, was der Pfeifer mit dem grünen Portefeuille damit zu tun hatte, aber darüber wollte er sich nicht

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