Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Mount Dragon - Labor des Todes

Titel: Mount Dragon - Labor des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglas Preston , Lincoln Child
Vom Netzwerk:
Stirnlocke wie eine schwarze Feder ab. »Hallo, Charles«, sagte sie. »Willkommen auf Monhegan Island.«
    Levine sah zu, wie eine andere Gestalt -ein glatzköpfiger Mann in einem schlechtsitzenden dunklen Anzug - am anderen Ende des Turmzimmers der ersten zunickte.
    »Danke«, sagte sie mit einer Stimme, die Levine unheimlich bekannt vorkam.
    »Wollen wir einen Spaziergang in den Ort machen?« fragte der Cypherspace-Scopes.
    »Nicht jetzt«, sagte der Levine im Turmzimmer. »Ich würde lieber noch hierbleiben und den Fischerbooten beim Auslaufen zusehen.«
    »Wie du willst. Sollen wir vielleicht unser Spiel spielen, während wir warten?«
    »Warum nicht? Damit läßt sich wunderbar die Zeit totschlagen.«
    Levine saß im dunklen achteckigen Zimmer und sah, wie sein eben erst kreiertes Alter ego wehmütig lächelte. »Zeit totschlagen«, ließ sich der reale Scopes vom anderen Ende des Sofas vernehmen. »Die haben unendlich viel Zeit, und wir haben nur noch ganz wenig.«
    »Ich wähle das Wort Zeit«, sagte der Cypherspace-Levine. Der Cypherspace-Scopes setzte sich auf seinen wackeligen Stuhl, streckte die Beine aus und sagte:

    Es ist noch Zeit, es ist noch Zeit,
    Dich zu wappnen gegen jedes Antlitz, das dich streift;
    Es ist noch Zeit für Zeugung, Mord und Zeit...

    Levine -der echte Levine -bemerkte in der Luft des achteckigen Raumes einen seltsamen Geruch: stechend und zugleich fast ein wenig süß, wie von längst verwelkten Rosen. Seine Augen fingen an zu brennen. Er schloß sie und hörte der Stimme des Cypherspace-Scopes zu:

    Für Werke und Tage der Hand, die sich erhebt
    Und eine Frage auf den Teller schneit,
    Zeit ist dir und mir bestimmt...

    Das letzte, was Levine noch hörte, während er das tödliche Gas einatmete, war seine eigene Stimme, die auf Scopes' Zitat antwortete:

    »Die Zeit ist ein Sturm, in dem wir alle untergehen...«

    Epilog

    Die Wüste sah unter den hohen, dünnen Zirruswolken ein wenig seltsam aus. Sie war jetzt kein Meer aus grellem Licht mehr, sondern eine weite, bläuliche Ebene, die zu den scharfgezackten Berggipfeln hin immer dunkler zu werden schien. Eine kühle Brise trug den Geruch des Herbstes heran. Vom Gipfel des Mount Dragon aus blickten Carson und de Vaca hinab auf die Ruinen des GeneDyne-Wüstenlabors. Der Fiebertank, einstmals ein großer, unterirdischer Bunker, war jetzt ein riesiger Krater, aus dem Teile rußigen Betons und zerfetzte Stahlarmierungen herausragten. Ringsum war der Wüstenboden dunkelorange verbrannt. Das Plasmatransfektionslabor war nur noch ein Skelett aus von der Hitze krummgebogenen Metallträgem, und die schwarzen, glaslosen Fensterhöhlen des Wohntrakts blickten wie tote Augen hinaus in die kahle Landschaft. Alles, was noch halbwegs brauchbar gewesen war, hatte man schon vor Wochen entfernt. Nun waren nur noch die ausgeweideten äußeren Hüllen der Gebäude übrig, die Carson wie stumme Zeugen für das erschienen, was sich früher einmal hier befunden hatte. Es gab keine Pläne, das Labor wiederaufzubauen, und es wurde gemunkelt, daß die Ruinen demnächst als Ziele für Raketentests verwendet werden sollten. Die einzigen Lebewesen, die hier noch hausten, waren die Raben, die sich kreischend um irgendwelche Reste im Schutt der zerstörten Kantine stritten.
    In einiger Entfernung von dem ehemaligen Laborgelände ragten andere Ruinen aus dem Wüstenboden: Die Mauern von Kin Klizhini, dem Schwarzen Haus, das der Zeit, dem Wassermangel und schließlich den Elementen zum Opfer gefallen war. Hinter Carson und de Vaca, auf dem Gipfel des Mount Dragon, warteten verwaiste Funkmasten darauf, daß sie abgebaut wurden. Tief unter ihnen stand dort, wo einmal der äußere Zaun gewesen war, der rote Pick-Up, mit dem die beiden hergefahren waren, als einsamer Farbklecks in der graubraunen Wüste. Carson starrte fasziniert nach unten. »Tausend Jahre liegen zwischen diesen beiden Ruinen«, sagte er ruhig. »All unserem Fortschritt zum Trotz endet alles immer wieder auf dieselbe Art und Weise. Und der Wüste ist es egal.« Die beiden schwiegen eine Weile.
    »Seltsam, daß man Nye nie gefunden hat«, sagte de Vaca schließlich.
    Carson schüttelte den Kopf. »Der arme Kerl muß irgendwo da draußen gestorben und ein Fressen für die Geier und Kojoten geworden sein. Vielleicht findet ihn eines Tages jemand, so wie wir Mondragdon gefunden haben. Als ein von der Sonne gebleichtes Skelett mit einem Sack voller Steine.« Beim Gedanken an Nye rieb Carson sich seinen

Weitere Kostenlose Bücher