Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Muckefuck

Muckefuck

Titel: Muckefuck Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georg Lentz
Vom Netzwerk:
breitwangig mit Spitzmund, viel Weiß in den Augen, weil sie nie geradeaus schaute, die hinterlistige, grätschbeinige, geschlechtduftende Ingrid machte von ihrem Wissen Gebrauch. Harry Piel, sang sie, sobald ich mich zeigte und bohrte den Finger untern Rock, Harry Piel steht am Nil, wäscht den Piepel mit Persil. Zwei Idole jener Zeit waren in einem Vers vereint: das Idealwaschmittel und ein trefflicher Filmdarsteller, der mittels bravem deutschem Schäferhund Räuber fing (Sein Freund Berry), sich jedoch auch selbst vom Tiger von Eschnapur den Rücken zerfleischen ließ. Mit viel Watte in der blutigen Wunde spielte Harry Piel weiter, um das exotische Zelluloidepos zu vollenden. Eine Freude der Produzenten. Aber das mit dem Nil und Persil war Erfindung des Reimes wegen, ein Vers, der nun auf den gesprungenen, schorfbedeckten Lippen Ingrids blühte.
    Der frühgeilen Ingrid. Ihren Finger stets spielerisch im nacktstrotzenden Schlitz, gelb bepinkeltes Höschen beiseite schiebend, floss Obszönes aus ihrem Spucke spritzenden Mundwinkel.
    Was sagte, geiferte, bellte sie?
    Zitrone, Banane, an der Ecke steht ein Mann
Zitrone, Banane, er lockt die Weiber an
Zitrone, Banane, er nimmt sie mit nach Haus
er zieht sie nackend aus
er holt sein Dingsbums raus
er nimmt sie mit ins Bett
Zitrone, Banane, er fickt sie dick und fett.
    Da lachte Ingrid und puhlte wild in ihrer Zitrone, dass Rock und Schürze sich bauschten.
    Ich schämte mich. Mein neuestes Hosenmodell, vonMinnamartha selbst geschneidert, war zu kurz ausgefallen. Fingerbreit zeigte es – im Stehen – weiße Unterhosenränder, und im Sitzen sogar etwas, was Ingrid frech und lüstern sofort mit »Banane, Banane« ansang. »Komm mit«, lockte sie, »komm mit«, zog hüpfend, Weiß im Auge, Zunge im Mundwinkel, Gigi die Freundin fort. Und bevor ich folgen konnte, kuschelten beide im Heuboden überm Kaninchenstall.
    Mutig erklomm ich die Leiter, durch die angelehnte Klappe oben linsten Mädchenaugen, und Ingrid wisperte: »Nicht… du nicht. Wir… poussieren nämlich!« – Klapp, die Tür zu, und Kichern.
    Rückwärts stieg ich die Leiter wieder hinab und trollte mich, Menschleins kleine Banane baumelte, wie sollte sie auch anders, mit sieben. Aber der Wunsch keimte, bei Minnamartha andere Hosen zu fordern.
    Gigi aber nannten alle Stacks. Denn Gigi hatte dürre lange Beine, dürre lange Arme, und ein dürres langes Kinn. Gigi schüttelte eine rote, wilde, volle Mähne. Sie linste durch Fransen. Einmal schlug sie vor: »Wir spielen Puppentaufe!« Mutter mochte sie selbst nicht sein bei diesem Spiel, eher Pfarrer oder Patentante, aber Ingrid wollte auch nicht Mutter sein, und so holten sie Häschen, den Pummel mit den fetten Handgelenken. Häschen malte sich mit Bonbonrot die Lippen, trug Ohrringe von Dauerlutschern in durchstochenen käsebleichen Läppchen, besaß viele Puppen, eine sogar mit Schlafaugen. Ich wusste wie jeder Junge, dass Puppenköpfe mit gelindem Ruck aus ihrem Halsgelenk zu ziehen sind. Du hältst dann den Zelluloidtorso vor die Augen, und du schaust in eine Höhle, einen Dom, der von rosa Licht erfüllt ist. Hier wölbt sich oben der Bauch, mit winziger Rosette, eingestanztem Bauchnabel – das Ende rundet sich. Dass rosig in der Mitte einDorn von Fleisch klafft, die Lippen auseinanderdrängend und noch nicht vom Gebüsch sprießender Haare getarnt, verschweigen sie. Links und rechts, wie runde Türen zu Tresoren, blinken metallene Scheiben, runde Drehgelenke, mit denen die Puppenbeine in der Höhle befestigt werden, gehalten durch einen Dorn, dessen Enden gebogen sind. Und wir wissen wieder, welch ungleich größere Schwierigkeiten es wegen dieser Technik macht, einer Puppe die Beine auszureißen.
    Weil ich aber so viel wusste über die Puppe, nicht mehr neugierig war, wurde sie ungefährdet getauft.
    Wir tauften Häschens Schlafaugenpuppe, die längst Agathe hieß. Ich war der Vater, und Gigi, im eilends aus einer schwarzen Kalikoschürze improvisierten Talar, tatsächlich der Pfarrer. Wasser plemperte sie auf die Puppe. Und Häschen, Arm in Arm mit mir, der ich an rosa Höhlungen dachte, Häschen schrie: »Nicht so viel!« Denn durch die Augenhöhlen floss einiges in den Puppenkopf. Ingrid wiegte als Patin »Agathe vorher und Agathe nachher« im Arm und warf Blicke auf mich und die rothaarige Gigi und übersah einfach Häschen. Aber Häschen machte das nichts. Häschen glühte selbstzufrieden. Achtete auf Agathe. Gigi rief: »Ich taufe dich auf den

Weitere Kostenlose Bücher