Muenchen - eine Stadt in Biographien
Er fing an, viel Geld zu verdienen: 450 Gulden brachte es ihm ein und ein Stipendium, und weil er mit seinen 22 Jahren schon vernünftig und zielstrebig war, investierte er das Geld 1858 in eine Studienreise nach Rom, gemeinsam mit seinem Lehrer Piloty.
Aus Italien brachte er ein meisterhaft gemaltes Bild mit, »Der Titusbogen«. Es war noch nicht fertig, es fehlten noch einige Figuren – die fand er unter den Jugendlichen in Aresing. Lenbach erntete Lob, er hatte ein großartiges Bild gemalt, das beflügelte ihn. Wie manisch studierte, forschte, probierte er weiter. Als hätte er gespürt, dass alles noch ausbaufähig, technisch raffinierter und gestalterisch perfekter sein könnte, dass er überall in Europa von anderen abgucken, lernen, nachmalen konnte. So reiste er zu den wichtigen Kunstmuseen, verbrachte Tage und Wochen vor den Werken der Großen: Tintoretto, Rubens, Tizian, Rembrandt, Velazquez. Er inhalierte die Gemälde. Wie früher, als er ohne Schuhe in die Pinakothek lief, war ihm kein Weg zu beschwerlich, wenn das Ziel ein gutes Bild war.
Das viele Reisen kostet Geld. Lenbach hat inzwischen den reichen Kunstsammler Baron
Adolph Friedrich von Schack
kennengelernt, der wittert sein Talent, schickt ihn auf Reisen, damit er Kopien von bekannten Gemälden machte – und zahlt. Und Lenbach liefert. Er ist mit der Herstellung der begehrten Kopien so überlastet, dass er keine Muße mehr hat, sich damit zu beschäftigen, was andere Künstler seiner Generation diskutieren.
Chance und Fluch liegen auch hier nah beieinander. Das Altmeisterliche, Dunkle, erdig Verschattete, mit dem er viel Geld verdient, klebt wie Pech an seinem Pinsel, aber den Leuten gefällt es. Nun malt er nur noch Porträts. Wer es sich leisten kann, reiht sich ein in die Schlange derer, die von Lenbach gemalt werden wollen: Papst Leo XIII ., der britische Premier Gladstone, Kaiser Franz Joseph, Schauspielerinnen, Industrielle, wer etwas auf sich hält, lässt sich von dem Salonmaler aus München porträtieren. Selbstdarstellung im Glanze eines schönenden Porträts: die Herren interessanter, bedeutungsvoller als vielleicht in Wirklichkeit, die Damen ebenso, vor allem schöner, die Kinder von gefälliger Unverdorbenheit.
Das Neue ist, dass es nicht mehr auf die Utensilien ankommt, sondern allein auf das Gesicht und den Ausdruck. Es schmeichelt, sich so zu sehen. 12 000 Gulden kostet jetzt ein Porträt, der Rubel rollt. Karriere im Turbogang. Und wo der Erfolg wohnt, da stehen Neider und Kritiker vor der Tür: »Lenbach sitzt auf dem Schoß der Traditionalisten« , so hört man es hinter vorgehaltener Hand flüstern, »er wird es trotz seines finanziellen Erfolges über den Salonmaler hinaus nicht bringen« . Aber wollte er das denn?
Gesellschaft erster Klasse: Zu seinen besten Freunden zählt er den Reichskanzler aus Berlin,
Otto von Bismarck.
Der ist inzwischen zu seinem besten Kunden geworden und lässt sich in über 80 Porträts von Lenbach auf die Leinwand bannen. Die beiden Freunde besuchen sich häufig und hecken manche Idee aus, etwa die Errichtung eines Bismarck-Turms am Starnberger See, wo man bei gutem Wetter mit Blick aufs Wasser bis hin zum Gebirge herrlich Picknick machen kann.
LENBACH HAT SICH HOCHGEHEIRATET
1882 adelte man ihn zum Ritter von Lenbach. Was fehlt noch zum Glück? Eine Familie, eine Frau. Lenbach heiratet nach oben, die Gräfin
Magdalena von Moltke,
Nichte des preußischen Generalfeldmarschalls. Nun hat er Zugang zu den höchsten Kreisen. Doch die Ehe geht schief, der Herr ist egomaner Künstler, und die Dame hat mit Malerei nichts am Hut. Zwei Töchter kommen zur Welt:
Marion
und
Erika.
Ein paar Jahre später der zweite Versuch:
Charlotte von Hornstein,
genannt Lolo, ist die Richtige, zieht mit ihm an einem Strang, unterstützt ihn bei der Arbeit und bewegt sich elegant auf dem Gesellschaftsparkett. Eine weitere Tochter wird geboren,
Gabriele.
In der Prachtvilla gibt das Paar glanzvolle Feste, prominente Gäste aus In- und Ausland weilen bei den Lenbachs.
Doch die Arbeit geht vor, so ein Leben ist teuer, die Kredite wollen bedient werden. Lenbach porträtiert wie der Teufel. Doch wichtige Menschen haben nicht die Zeit, Modell zu sitzen, also behilft er sich mit Fotos. Das geht schnell und befriedigt die Auftraggeber genauso. Maleratelier und Fotoatelier, im Akkord wird vergrößert, gepaust, durchgedrückt, gemalt – und verkauft. Die Stadt hat ihren Malerfürsten. Lenbach wird Präsident der
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