Mürrische Monster
das Haus hier is ein Trümmerhaufen.« Dann grinste er. »Aber du wirst schon wissen, was du tust, Alter.«
Sandy stampfte mit dem Fuß auf den Boden. »Und was wird aus mir?«
Nate ergriff sie bei den Schultern und schaute ihr tief in die Augen. Sein Blick ließ sie erstarren.
»Du bist eine tolle Frau«, sagte er. »Das warst du schon, als wir uns kennengelernt haben. Und du wirst auch noch toll sein, wenn ich fort bin. Aber du kannst nichts tun, um mich hier zu halten.«
Dann küsste Sandy ihn. Diesmal war es ein fantastischer Kuss, und Nate merkte, dass er ihn erwiderte. Lilli lächelte. Einen Moment lang hatten die Auren der beiden exakt dieselbe Farbe, ein leuchtendes Rot. Dann löste Nate sich von Sandy.
»Netter Versuch«, sagte er. »Ziemlich nett sogar. Fast hättest du mich rumgekriegt, aber …«
»Wir können doch das Haus reparieren«, schlug Lilli vor, »und nach und nach die Dämonen wieder einfangen.«
»Ich weiß, dass du das kannst. Dafür ist jemand nötig, der die Dinge in positivem Licht sieht«, sagte Nate. »Lilli, das ist deine neue Aufgabe, falls du sie annehmen möchtest. Du bekommst sogar deinen eigenen Lehrling. Tut mir leid, dass ich dir so ein Schlamassel hinterlasse.«
Dann ging Nate hinaus, die Stufen hinab und watete durch das stinkende Chaos auf dem Rasen. Auf der Straße angekommen, wandte er sich in Richtung Hafen .
Epilog
Am nächsten Tag trafen sie sich wieder im Haus, obwohl Nate nicht mehr da war. Sandy saß am Boden und las im Kompendium ; ihr Wissensdurst trieb sie dazu, jedes einzelne Wort zu enträtseln. Richie war dabei, die Wände zu verspachteln. Lilli kam mit einer Schubkarre herein.
Sandy schnüffelte in die Luft und rümpfte die Nase. »Igitt! Was ist denn das?«
»Die Überreste unserer Freunde«, antwortete Lilli. »Das rohe, verdaute Chaos aus dem Magen des Dämonenfressers.«
»Monsterkotze?«, sagte Richie. »Ekelhaft. Sag dem Zeug doch, es soll sich in den Keller verkrümeln, wo früher das TIER gehaust hat, oder so.«
Stattdessen tauchte Lilli die Hand in die klebrige Pampe und ging damit zur Wand. Sie verschmierte das zähflüssige Chaos auf der Oberfläche, malte damit, formte es eine Weile, dann ließ sie es tun, was es wollte. Zoot schwang seinen Dreizack kreisförmig durch die Luft, und die behelfsmäßige Paste verwandelte die bröckelnde Wand in ein sonderbares, wunderschönes Gemälde, das für Sandy aussah wie eine abstrakte Darstellung ihres unterirdischen Kampfes gegen Zunder, für Lilli wie der Troll, der ihren geliebten VW-Käfer festhielt, und für Richie wie seine spektakuläre Gefangennahme von Flappy im Puget-Sund. Während das Gemälde Gestalt annahm, veränderte sich auch der Geruch, bis er nicht mehr unangenehm war, sondern den traurigen Duft von Orchideen bei einer Beerdigung verströmte.
»Wir können dem Chaos nicht vorschreiben, was es tun soll«, sagte Lilli, »sondern ihm nur vorschlagen, in welche Richtung es sich entwickeln soll.«
Hundert Meilen entfernt steuerte Nate den WANDERER geradewegs in den Sonnenuntergang, während er den Puget-Sund verließ und nach Westen aufs offene Meer hinausfuhr; Nik und Pernikus saßen auf seiner Schulter. Sein neuester Gehilfe, Kail, hatte sich in die fein verästelten Risse in den Decksplanken zurückgezogen; er fürchtete sich zu sehr vor den endlosen Wassermassen und ihrem Mangel an festen Materialien, als dass er es gewagt hätte, den Bootsrumpf aufzureißen. Nate war froh darüber. Ein Leck war das Letzte, was er jetzt gebrauchen konnte. Der Ozean war unendlich groß, und es würde eine lange Reise werden.
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