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Multi Kulti Deutsch - wie Migration die deutsche Sprache verändert

Multi Kulti Deutsch - wie Migration die deutsche Sprache verändert

Titel: Multi Kulti Deutsch - wie Migration die deutsche Sprache verändert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Hinrichs
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sind Formen wie stark er, die Arzt e , die Finanz markt e keine absolute Seltenheit mehr; als vereinzelte ‹Versprecher› (die streng genommen keine mehr sind) sind sie immer öfter zu hören, besonders wenn sie im Gespräch zum ersten Mal auftauchen. Beim olympischen Tischtennis hörte ich ein
    â€“ Timo Boll ist stark darin, Rückstande schnell wieder aufzuholen.
    Auf dem Kinderspielplatz dann diesen Satz einer Mutter:
    â€“ Wir können heute nacht nicht hierbleiben, weil dann kommen die Fuchse .
    In sporadischen Versprechern in Talkshows oder im Frühstücksfernsehen kann man immer öfter ‹grobe› Fehler vernehmen wie die den T o chtern, die W u nsche , die Vorw u rfe , die aber meist den Filter nicht passieren und noch sofort korrigiert werden in den Töchtern, die Wünsche, die Vorwürfe . Gehört habe ich im Fernsehen aber auch schon (nichtkorrigierte) ad-hoc-Bildungenwie die H o fe ( Höfe ), in die H o he ( Höhe ). Damit sind es keine zufälligen Versprecher mehr, sondern unbewusste ‹Fehlleistungen›, die auf Bewegung im sprachlichen Gebrauch hinweisen. Die Tendenz besteht darin, die Grammatik in einer Kategorie zu vereinfachen, also nur noch ein Signal zu verwenden statt zwei oder drei (‹kreolisches Prinzip›): Um den Plural für Arzt oder Ratschlag auszudrücken, braucht man eigentlich nur das Schluss- e und keinen Umlaut. Möglich ist, dass hier das (korrekte) Modell der Verlag : die Verlage Pate gestanden hat und es dann übertragen worden ist auf Vorschlag : Vorschl a ge oder Vorwurf : Vorw u rfe .
    In Zusammenhang mit diesen Unsicherheiten stehen letztlich neue schwankende Pluralformen, die ebenfalls noch ganz abgedunkelt sind. Diese sind vom Typ interessante Einsichte _ für Einsicht en , Besprechunge _ für Besprechung en , Moderatore _ für Moderator en . So auch fünfzig Sekunde, viele Geparde etc. Offenbar hat Schluss- e ein verführerisches (wenn auch nicht korrektes) ‹Plural-Potential›:
    â€“ Vielleicht beschert uns der Fakten-Check ja ganz neue Einsichte . (ein Talkshow-Moderator)[ 11 ]
    Es wirkt eine Tendenz des Ausgleichs und der Vereinfachung, die sich im Anfangsstadium befindet. Da sie aber einmal angefangen hat zu wirken, findet man auch, dass die sogenannten starken Verben, die oft einen Umlaut in ihren komplizierten Formen haben, diesen beseitigen und über diesen Weg zu schwachen Verben werden können. So ist z.B. schwören – schwor – geschworen am Aussterben, und es wird immer häufiger spontan ersetzt durch schwören – schwörte – geschwört . Ganz unbekannt ist, in welchem Ausmaß diese Tendenz zur Zeit um sich greift. Jeder Gymnasiallehrer könnte wahrscheinlich händeringend Auskunft geben über ‹Fehler› dieser Art, die nur der schulische Reflex sind von breiten Prozessen in der Sprechergemeinschaft. Formen wie er nehmt, er empfehlt, er befehlt, er befehlte, sie kneifte, sie flechtete geistern durch alle Diskurse und werden immer öfter ‹überhört›, d.h. spontan schon zugelassen.
Metaphern, Redewendungen, Sprichwörter
    Die letzte dunkle Zone der Sprachveränderungen im Deutschen wird ausgefüllt von einem neudeutschen Phänomen, dessen Zusammenhang mit Mehrsprachigkeit und Migrantendeutsch nochnicht vollkommen klar ist. Es besteht darin, dass alte Sprichwörter, Redewendungen und Metaphern kaum noch in ihrer überlieferten Originalform zu hören sind, sondern immer in irgendeiner Abwandlung. Es handelt sich um eine vollkommen regelmäßige Erscheinung, die in ihrer Intensität etwa so alt sein dürfte wie der aktuelle Sprachwandel, also etwa zwanzig bis dreißig Jahre. Alle drei Redefiguren haben gemeinsam, dass sie eine ‹übertragene› oder indirekte Bedeutung übermitteln und zum Kulturerbe einer jeden Sprache gehören. Sie unterscheiden sich eigentlich nur in der Wortlänge. Drei typische Beispiele:
    Â 
    Metapher:
Original:
Es ist wie eine Nadel im Heuhaufen suchen.
Variante:
Da kannst du ne Nähnadel im Heu suchen.
    Â 
    Redewendung:
Original:
Wir haben uns die Rettung der Firma auf die Fahnen geschrieben.
Variante:
Wir haben die Rettung der Firma auf unsere Fahne gesetzt.
    Â 
    Sprichwort:
Original:
Wer im Glashaus sitzt, soll nicht mit Steinen werfen.
Variante:
Wer im Glashaus ist, sollte nicht mit Steinen schmeißen.
    Solche Abwandlungen treten sehr

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