Mummenschanz
geschieht…«
Oma trat beiseite, wodurch eine am Boden kauernde Gestalt sichtbar wurde. »Du kümmerst dich um Walter Plinge. Das kannst du besser als ich.«
»Hallo Frau Ogg!« sagte Walter in klagendem Tonfall.
Nanny musterte ihn kurz.
»Er ist also…?«
»Ja.«
»Du meinst, er hat die Leute umge…«
»Was glaubst du?« fragte Oma.
»Nun, wenn du’s unbedingt wissen willst… Ich glaube nicht, daß er jemanden ermordet hat. Kann ich unter vier Augen mit dir reden, Esme? Was ich dir zu sagen habe, ist nicht für Walters Ohren bestimmt.«
Die Hexen traten zur Seite und flüsterten miteinander.
»Alles ist ganz einfach, wenn man die Antwort kennt«, sagte Oma. »Ich kehre bald zurück.«
Sie eilte davon. Nanny hörte, wie ihre Schuhe auf den Treppenstufen klapperten.
Sie richtete ihren Blick wieder auf Walter. »Hoch mit dir.«
»Ja Frau Ogg!«
»Ich schätze, wir müssen einen sicheren Platz für dich finden.«
»Ich kenne einen verborgenen Ort Frau Ogg!«
»Tatsächlich?«
Walter wankte übers Dach und deutete stolz auf eine weitere Falltür.
»Das da?« Nanny wirkte skeptisch. »Sieht mir nicht sehr geheim aus.«
Walter sah verwirrt darauf hinab – und lächelte dann wie ein Wissenschaftler, der eine besonders komplizierte Gleichung gelöst hat. »Es ist dort verborgen wo es jeder sehen kann Frau Ogg!«
Nanny musterte ihn verblüfft, doch in Walters Augen entdeckte sie nur trübe Unschuld.
Er hob die Falltür und deutete höflich nach unten. »Du gehst vor mir hinunter damit ich nicht deinen Schlüpfer sehe!«
»Sehr… freundlich von dir«, erwiderte Nanny. So etwas hatte sie nie zuvor gehört.
Der junge Mann wartete geduldig, bis sie das Ende der Leiter erreicht hatte, dann folgte er ihr schnell.
»Dies ist ein altes Treppenhaus, nicht wahr?« fragte Nanny und neigte ihre Fackel der Dunkelheit entgegen.
»Ja! Es reicht ganz nach unten! Es sei denn man steht unten! Von dort reicht es ganz nach oben!«
»Weiß sonst noch jemand davon?«
»Der Geist Frau Ogg!« sagte Walter und begann mit dem Abstieg.
»Oh, ja«, entgegnete Nanny langsam. »Und wo ist der Geist jetzt, Walter?«
»Weggelaufen!«
Nanny Ogg hob die Fackel. Walters Gesicht verriet noch immer nichts. »Was macht der Geist?«
»Er wacht über die Oper.«
»Das ist sicher sehr nett von ihm.«
Nanny setzte sich in Bewegung. Schatten tanzten um sie herum, als Walter sagte: »Weißt du sie hat mir eine ganz einfache Frage gestellt Frau Ogg! Eine so einfache Frage daß jeder Narr die Antwort kennt!«
»Oh, ja«, sagte Nanny und sah zur Wand. »Über ein Haus, das in Flammen steht, nehme ich an…«
»Ja! Sie fragte was ich als erstes herausholen würde wenn mein Haus in Flammen stünde!«
»Als braver Junge würdest du bestimmt deine Mama in Sicherheit bringen«, meinte Nanny.
»Nein! Meine Mama kommt auch allein zurecht!«
Nanny betastete die Wand. Die Türen waren zugenagelt worden, als man dieses Treppenhaus aufgegeben hatte. Wer hier unterwegs war und aufmerksam lauschte, konnte viele Dinge in Erfahrung bringen…
»Was würdest du aus dem Haus holen, Walter?« fragte sie.
»Das Feuer!«
Nanny starrte an die Wand, ohne sie zu sehen. Langsam breitete sich ein Lächeln in ihrem Gesicht aus.
»Du bist dumm, Walter Plinge«, sagte sie.
»Dumm wie Bohnenstroh Frau Ogg!« erwiderte Walter fröhlich.
Aber du bist nicht verrückt, fügte Nanny in Gedanken hinzu. Du bist dumm, aber geistig völlig gesund. So würde Esme deinen Zustand beurteilen. Und es gibt Schlimmeres.
Greebo lief über den Breiten Weg und fühlte sich plötzlich nicht mehr sehr wohl. Immer wieder zuckten seine Muskeln auf seltsame Weise. Ein Prickeln im verlängerten Rücken deutete darauf hin, daß ihm ein Schwanz wachsen wollte, und seine Ohren schienen bestrebt zu sein, an den Seiten des Kopfes emporzukriechen, was recht peinlich sein kann, wenn es in Gesellschaft geschieht.
In diesem besonderen Fall war die Gesellschaft etwa hundert Meter hinter ihm und offenbar dazu entschlossen, seine Ohren ein großes Stück von ihrer gegenwärtigen Position zu entfernen, so peinlich das auch werden mochte.
Und die Entfernung schrumpfte. Normalerweise wäre es Greebo nicht schwergefallen, den Abstand zu vergrößern, aber diesmal schienen seine Knie ständig eine andere Richtung einschlagen zu wollen.
Daheim bestand seine Verteidigungstaktik darin, auf die Wassertonne hinter Nanny Oggs Hütte zu springen und mit den Krallen tiefe Furchen in die
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