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Mundtot nodrm

Mundtot nodrm

Titel: Mundtot nodrm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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driftete ihr Gespräch beinahe ins Philosophische ab. »Im Krieg gelten andere Gesetze«, wiegelte er ab. »Außerdem ist es immer einfach, im Nachhinein über diejenigen zu urteilen, die in der jeweiligen Situation gar nicht anders konnten.«
    Katsche beschloss, sich auf keine weitere Diskussion einzulassen. Der Mann hatte recht. Sie waren hierher gekommen, um die Realisierbarkeit eines Planes zu besprechen. Eines Planes, der Teil eines größeren Konzepts war. Katsche versuchte, über die Staufer wieder zum eigentlichen Thema zurückzukehren. »Ist eigentlich dieser sagenumwobene Barbarossa auch mal hier gewesen?«
    »Barbarossa?«, staunte Eddi über Katsches Interesse. »So haben die Italiener Friedrich den Ersten genannt. Wegen seines rötlich schimmernden Bartes. Barbarossa heißt auf Deutsch ›Rotbart‹. Vermutlich war er aber nur ein einziges Mal hier auf der Stammburg seiner Familie – und zwar 1181.«
    »1181«, wiederholte Katsche, »das ist über 800 Jahre her. Was muss das für ein Tausendsassa gewesen sein, wenn ihn heut noch alle Welt kennt.«
    »Und sogar ein Musical über ihn macht.«
    »Musical?«
    »Ja, das wird zufällig heute Abend uraufgeführt. Drunten in Göppingen.« Eddi ging ein paar Schritte weiter. »Aber jetzt komm. Ich zeig dir das Ding.«

3
     
    »Das isser mal wieder.« Der Mann, der dies mit verächtlicher Miene und einer knappen Kopfbewegung in Richtung Fernsehbildschirm brummte, rieb sich das schlecht rasierte Kinn. »Der neue Messias«, kommentierte er süffisant und nahm einen kräftigen Schluck aus der Bierflasche. »Oder soll ich lieber sagen: Der neue Führer.« Seine beiden Kumpel, die auf abgewetzten Polstersesseln rauchend neben ihm saßen, verfolgten mit zusammengekniffenen Augen das Geschehen auf dem Breitbildschirm. Dort war ein Redner zu sehen, der auf irgendeinem Marktplatz des Landes die Massen begeisterte. Der Inhalt seiner Worte ging im Kommentar des Fernsehjournalisten unter: »Wieder ist er unterwegs. Wieder genießt Steffen Bleibach das Bad in der Menge. Und es ist ein Bad, das ihm zunehmend behaglich erscheinen muss.« Schnitt. Eine weitere Filmszene zeigte ihn Hände schüttelnd inmitten Hunderter Menschen. »Dass längst von dem ›Phänomen Bleibach‹ gesprochen wird, wie es ein Boulevardblatt kürzlich getitelt hat, ist angesichts solcher Bilder nicht verwunderlich«, fuhr der Kommentator fort. »Wo immer dieser Bleibach auftaucht, er mobilisiert die Menschen in einem Ausmaß, wie es diese Republik nie zuvor erlebt hat. Szenen wie diese erinnern uns an das Jahr 2009, als Barack Obama in den USA auf Wahlkampf-Tour war.«
    »Obama! Quatschkopf!«, entfuhr es dem Mann mit der Bierflasche, der sich ›Pommes‹ nennen ließ und der mit nach vorne gebeugtem Oberkörper den Fernsehbeitrag in sich aufsog. »So einer wie dieser hier hat die Welt schon mal ins Chaos gestürzt.«
    Wieder Jubelszenen. Diesmal aus einer Kleinstadt in Hessen.
    In dem winzigen Wohnzimmer, dessen Möblierung der letzten Sperrmüllabfuhr entnommen zu sein schien, machte sich dicker Zigarettenqualm breit. »Moderner Rattenfänger«, knurrte ein Schnauzbärtiger, der im kurzärmligen T-Shirt in einem Sessel lümmelte und immer wieder schwere Hanteln in die Höhe stemmte, um die voluminösen Oberarme zu trainieren.
    In der nächtlichen Magazinsendung wurden jetzt Besucher der Kundgebung interviewt. »Endlich einer, der sich nicht als Marionette der Wirtschaftsbosse missbrauchen lässt«, meinte ein älterer Herr, den seine junge Begleiterin kritisch beäugte. Eine Dame, dem Akzent nach eine Sächsin, lächelte den Reporter an. »Bleibach ist der richtige Mann zur richtigen Zeit. Ich kann mich noch entsinnen, wie ich als 14-Jährige in Leipzig gerufen hab: Wir sind das Volk. Und so ist es auch. Wir sind das Volk, nicht die überstudierten Bonzen, die nie im Leben die Arbeitswelt kennengelernt hab’n.«
    Der Reporter drehte sich zur Kamera: »Sie hören es, meine Damen und Herren, Bleibachs Thesen – mögen sie noch so oberflächlich und populistisch erscheinen – werden von einer Woge der Eigendynamik getragen. Manchmal scheint es mir, als versuche die Fraktion der vereinigten deutschen Stammtische, putschen zu wollen.« Schnitt. Auf dem Bildschirm tauchte formatfüllend das Gesicht eines dickbackigen Mannes auf. »Ich persönlich halte Bleibach für gefährlich. Er spricht dem Volk nach dem Mund und schart die Unzufriedenen um sich, die ihm kritiklos folgen, ohne die vielschichtigen

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