Museumsschiff (Gaugamela Trilogie) (German Edition)
bereits aktiv. Die Strahlengarben richteten keinen Schaden an. Sie flossen bläulich glitzernd über die Flanken des Schiffes ab, als habe man ein paar Eimer Wasser darüber ausgegossen.
In größerer Entfernung stieg eine Staffel von Jägern auf. Ich zählte sechs Maschinen, die sich senkrecht in die Luft erhoben und dabei Formation bildeten.
»Liebling«, sagte ich mit flatternder Stimme. »Ich glaube, dieser Planet gefällt mir doch nicht so gut. Lass uns von hier verschwinden.«
Wir hatten sechstausend Meter erreicht, als Jennifer das Shuttle herumriss. Dann ging sie auf Vortrieb und beschleunigte auf Höchstgeschwindigkeit. Wir tauchten in die Wolken ein, durchstießen sie in wenigen Augenblicken und schossen dann unter dem glitzernden Sternenhimmel dahin. Nach einigen Sekunden zog Jennifer die Schnauze der Maschine nach unten. Wir bohrten uns wieder in die wattigen Wolken. Dann rasten wir plötzlich, nur wenige Meter über der rollenden Dünung, über den nächtlichen Ozean des Planeten.
»Zu einfach wollen wir es ihnen auch nicht machen«, knurrte sie zwischen den zusammengebissenen Zähnen.
Wir donnerten mit zwanzigfacher Schallgeschwindigkeit nach Süden. Hier unten waren wir für das Radar nicht zu orten. Wir zählten die Breitengrade mit, während die blaugraue Flut unter uns dahinglitt. Nach wenigen Minuten näherten wir uns dem Äquator.
»Sag Auf Wiedersehen «, brummte Jennifer.
Sie deaktivierte den Vektor, schaltete auf Handsteuerung um, riss die Maschine hoch und jagte uns senkrecht in die Wolken hinauf.
Kapitel 6. Die Flucht
Der Chronist
Die Geschichte ist eine Geschichte der großen Schlachten. Friedenszeiten sind die leeren Seiten der Weltgeschichte, und während Kriege und kleinere Scharmützel über die Jahrhunderte hinweg an der Tagesordnung sind, Zerstreuung der Fürsten und Daseinslegitimation stehender Heere, kommt es immer wieder zu großen Kulminationen. Der dies ater , der historische Wendepunkt, die weltgeschichtliche Entscheidungsschlacht. Salamis und Platää beendeten ein für allemal die persischen Ambitionen westlich des Hellespont, während Gaugamela das Persische Reich selbst unwiederbringlich zertrümmerte. Auf den Pharsalischen Feldern starb die letzte Vision von römischer Republik, und Actium begründete die Pax romana. Cannae war die schwerste Niederlage und der schaurige Tiefpunkt der römischen Geschichte. Zugleich aber auch der Wendepunkt, um den das Jahrhundert der Punischen Kriege schwang. So etwas würde nie wieder vorkommen; es ist nie wieder vorgekommen. Ebenso wurde Stalingrad zum Sinnbild und Menetekel. Ab hier kämpfte die Wehrmacht in der Defensive. Die Niederlage war nur noch eine Frage der Zeit, keine mehr des Ob. Anders als im Scharmützel geht es in der Entscheidungsschlacht um alles. Rücksicht auf die eigenen Truppen darf der Feldherr nun nicht mehr nehmen. Er gliche sonst einem, der das Spiel verloren gibt, ohne den Trumpf zu spielen, den er noch im Ärmel hält. Moriri necesse est, steht über diesen großen Schlachtfesten, die der Weltgeist von Zeit zu Zeit zu seiner Erbauung aufführen lässt und die wie Aderlasse die Krisis in der Geschichte der Völker herbeiführen und beschleunigen, zum guten oder zum bösen Ausgang. Wollt ihr denn ewig leben?, rief Friedrich seinen zaudernden Grenadieren zu. Und Napoleon blickte verächtlich auf seine Infanterie, die im russischen Feuer zusammenschmolz: Eine Nacht in Paris macht das wieder gut. Der Mensch wird zum reinen Material, zum Erz, das im glühenden Hochofen der Geschichte geläutert, geschmiedet und verbraucht wird. Ein Leben zählt nichts, eine Armee ist nur eine Schachfigur, die auf dem großen Spielfeld hin und hergeschoben wird. Und dennoch gibt es Unterschiede. Es gibt das heroische Opfer, die feierlich in den Untergang ziehende Legion, die weiß, dass ihr Tod nicht vergebens ist. Leonidas’ Spartiaken starben unbekümmert, weil ihr Opfer bei den Thermopylen den Rückzug der griechischen Armeen deckte und ein Beispiel setzte, das noch nach Jahrtausenden zu uns spricht. Aber es gibt auch das sinnlose Opfer. Das langemarcksche Schlachtfest, wenn Tausende verbluten, ohne etwas zu erreichen. Es gab ein großes Gemetzel, notierte Caesar nach der Erstürmung Alesias. In den Annalen des Feldherrn ist das nur ein Eintrag in einer langen Kolonne gleichartiger Vermerke. Im Westen nichts Neues, lauten die lapidaren Feststellungen in den Heeresberichten, auch wenn an Ort und Stelle
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