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Muss Lurion sterben

Muss Lurion sterben

Titel: Muss Lurion sterben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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ruhigen Tisch und etwas zu trinken.«
    Sie fanden einen ruhigen Tisch im Hintergrund der Spieltische in einer kleinen Nische. Es hätte romantisch sein können, aber das Deckenlicht hatte einen Defekt und zuckte unaufhörlich, und außerdem herrschte in dem Raum der abgestandene Geruch des schlechten Bieres, das man auf Lurion herstellte.
    »Trinken Sie Khall?« fragte er.
    Sie nickte. »Ja, ich habe es einmal probiert. Aber Sie müssen wissen, daß ich nicht viel Gelegenheit habe, auszugehen, oder in Gesellschaft zu trinken. Das ist auch der Grund dafür, daß ich Sie eben praktisch gekapert habe!«
    Gardner lächelte und bestellte zwei Khalls. Während sie auf die Gläser warteten, fragte er: »Jetzt erzählen Sie mir einmal, was eine so hübsche Frau wie Sie auf einem Planeten wie Lurion verloren hat!«
    »Ich habe Anthropologie studiert und arbeite im Augenblick an meiner Doktorarbeit«, antwortete sie.
    »Das hätte ich nie erraten! An welchem Spezialthema arbeiten Sie?«
    Als der Ober die Gläser vor sie hinstellte, sagte sie: »Mein Thema heißt: Abnorme Formen der Grausamkeit in den Welten der Zivilisation!«
    »Da haben Sie sich auf jeden Fall den richtigen Planeten ausgesucht. Wie lange sind Sie schon hier?«
    »Vier Monate.« Sie lachte. »Wir unterhalten uns hier über die ernstesten Dinge und wissen noch nicht einmal, wie der andere heißt! Ich bin Lori Marks.«
    »Roy Gardner.«
    »Nordamerikaner?«
    »Ja, genau wie Sie.«
    »Ich komme aus Kanada«, sagte sie, »Ottawa ist meine Geburtsstadt. Und Sie stammen aus dem nordöstlichen Teil der Vereinigten Staaten, falls Sie mich nicht mit einem falschen Akzent zum Narren halten!«
    »Das tue ich nicht. Ich bin aus Massachusetts.«
    »Machusetts erscheint einem so unbedeutend, wenn man viele Lichtjahre davon entfernt ist. Dasselbe ist mit Ottawa. Mit der ganzen Hemisphäre. Alles verschwimmt …« Sie lächelte, trank einen Schluck und fuhr fort: »Und was machen Sie hier, Roy? Sagen. Sie nur nicht, daß Sie auch Anthropologie studieren und das gleiche Thema wie ich haben, sonst falle ich in Ohnmacht!«
    Gardner lächelte leicht: »Keine Angst! Ich handle mit wertvollen Steinen.«
    »Wirklich?« Ihre Augen weiteten sich vor ungläubigem Erstaunen.
    »Wirklich«, – antwortete er. »Ist das so unwahrscheinlich?«
    »Nein … nur, nun, es ist komisch, das ist alles.«
    »Warum ist das so komisch?«
    »Komisch, weil ich mir einen Juwelenhändler immer als ein kleines, eingesunkenes Männlein vorgestellt habe, das etwas schielt, weil es zuviel durch seine Lupe gesehen hat. Sie haben einfach nichts davon! Sie sehen mehr aus wie … nun, wie ein Abenteurer oder ein Spion oder sonst etwas Romantisches. Alles, nur nicht ein Juwelenhändler!«
    Gardner mußte sich beherrschen, um nicht zusammenzufahren. »Es tut mir leid«, sagte er. »Das nächste Mal, wenn Sie mich sehen, müssen Sie mich daran erinnern, daß ich schiele, und eines Tages erinnern Sie mich auch daran, daß ich Ihnen erzähle, wie Anthropologen aussehen sollten.«
    Sie lachte laut. »Touché!«
    Gardner sah das Mädchen vor sich gedankenvoll an. Sie war jung, hübsch, intelligent, voller Lebensfreude, unverheiratet.
    Auch sie war verurteilt, zu sterben. Gardner fühlte, wie ihm der Mund trocken wurde. Er setzte das Glas an die Lippen und trank einen langen, tiefen Schluck von dem feurigen Khall. Er sah plötzlich zur Seite, damit sie nicht den Ausdruck der Bitterkeit auf seinem Gesicht sah.

7. Kapitel
    Eine Stunde später und nach zwei zusätzlichen Gläsern Khall hatte Gardner seine Hände über den Tisch gelegt und hielt die Hände des Mädchens. Er zwang sich; nicht mehr zu trinken, als für ihn gut war, um nicht sentimental oder zu mitteilsam zu werden.
    Er beobachtete das Mädchen genau, dachte an sie und ihre Arbeit. Es war ein interessantes Thema, und zweifelsohne hatte sie sich für ihre Studien den zutreffendsten Planeten ausgesucht. Immer wieder kam ihm der Gedanke, daß in drei Wochen – nein, jetzt nur noch in zwei Wochen und ein paar Tagen – dieses Mädchen durch ihn vernichtet werden würde. Mit ihr die drei Milliarden Lurioni, deren Eigenschaften sie so eifrig studierte.
    »Wie lange wollen Sie noch auf Lurion bleiben?« fragte er, indem er versuchte, die Frage so beiläufig wie möglich auszusprechen.
    »Oh, noch einen Monat vielleicht.«
    Gardner zuckte zusammen. Einen ganzen Monat!
    Sie fuhr fort: »Mein Visum läuft erst in zwei Monaten ab. Aber ich habe genug Grausamkeit

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