Mutiert
errichtet wird. Ich denke, ich kann dort besser helfen als hier in der Stadt.«
Der Pater erhob sich ebenfalls und legte dem Arzt die Hand auf den Kopf. » Ich danke dir, mein Sohn. Ich werde Lila von dir grüßen, und ich freue mich auf ein Wiedersehen.«
16
Macapá, Mündung des Amazonas, Brasilien
Als das Telefon klingelte, meldete sich Paco de la Pace missmutig mit einem langgezogenen, genervten » Ja«.
Luela war am Apparat. In Macapá waren mittlerweile sämtliche Spuren des heftigen Sturmes beseitigt, und Paco überwachte die Reparatur zweier Schiffe, die zu seiner mittlerweile imposanten Flotte gehörten.
» Senhor de la Pace, wir haben ein Problem. Sie müssen Ihre Männer aus der Region um Brás abziehen, das Militär wird kommen. Wir haben getan, was wir konnten, aber wir haben keinen Einfluss mehr darauf. Die offiziellen Stellen in Brasilia haben den Ausnahmezustand für den Bezirk ausgerufen. Das Gebiet wird unter Quarantäne gestellt. Niemand kommt mehr hinein oder kann die Region verlassen. Die Krankheit hat sich ausgebreitet.«
» Wann werden die Truppen hier sein?«, fragte Paco de la Pace.
» Es werden Einheiten der Landstreitkräfte, aber auch der Marine und der Luftwaffe verlagert. Mehrere Patrouillenboote, zwei Kreuzer und eine Korvette, zusätzlich Hubschrauber und Transportflugzeuge. Das wird einige Tage dauern, aber die Einheiten haben strikte Befehle, jegliche Versuche, den gesperrten Bereich zu betreten oder zu verlassen, nötigenfalls auch mit Waffengewalt zu unterbinden. Das Hauptquartier wird in Urucará eingerichtet.«
Paco de la Pace strich sich nachdenklich über das Kinn. » Habe verstanden«, antwortete er. » Aber ich brauche mehr Zeit, und ihr müsst sie mir verschaffen.« Brüsk beendete er das Gespräch. Ein lauter Fluch kam über seine Lippen. Noch immer hielten sich seine Männer am Rio Jatapu auf; die Schätze waren noch nicht geborgen. Aber Paco hatte keineswegs Lust dazu, auf die Früchte der letzten Monate zu verzichten.
Irgendwo im riesigen Dschungel am kleinen Fluss warteten wertvolle Erze, Diamanten und Baumstämme auf den Weitertransport. Diesen Millionenverlust konnte er nicht hinnehmen.
Nachdenklich betrachtete er das Telefon in seiner Hand. Schließlich rief er einen seiner Männer zu sich.
» Nelio braucht Verstärkung«, sagte er. » Sie haben drei Tage und keine Stunde länger.«
Pacos Vertrauter nickte stumm.
» Und sag Nelio, dass es Probleme geben wird. Das Militär ist auf dem Anmarsch.«
Mit einer Handbewegung schickte er seinen Mittelsmann davon. Dann griff er in seine Hemdtasche und holte eine Zigarre hervor. Das Militär würde ihn nicht aufhalten können, dachte er sich, als er sie sich anzündete.
São Sebastião do Uatumã, Amazonasgebiet
Die Lage wurde immer bedrohlicher, mittlerweile platzte das kleine Krankenhaus an der Mündung des Rio Jatapu aus allen Nähten. In den Zimmern, in den Gängen, in den Büros – überall lagen Männer, Frauen und Kinder. Alle erfasst von einem unheimlichen und todbringenden Fieber. Ein hämorrhagisches Fieber, das den Körper schwächte, zu Krämpfen führte und schließlich Blutungen in Mund, Nase, Augen und allen natürlichen Körperöffnungen verursachte. Bis die Patienten, von der unheimlichen Krankheit entkräftet, ins Koma fielen und starben. Allein innerhalb der vergangenen Woche waren über vierzig Patienten gestorben. Weitere sechzig lagen in Betten, auf Matratzen oder auch nur auf dem Boden und warteten auf ihren Tod. Lila war der Verzweiflung nahe. Sie hatte alle Möglichkeiten der Behandlung genutzt, die ihr zur Verfügung standen. Doch nachdem Pater Innocento wieder aus Manaus zurückgekehrt war, stand fest, dass es sich um einen bislang unbekannten Virus handelte, der diese Symptome verursachte. Doktor Williamson hatte resigniert, in den ersten Tagen war er über sich hinausgewachsen und hatte Lila und den Cabo tatkräftig unterstützt, doch mittlerweile hing er nur noch an der Flasche. Lila und ihr Helfer, der Militärpolizist aus Manaus, waren auf sich alleine gestellt.
Der Infektionsweg dieser Krankheit verlief eindeutig über Kontakt- und Schmierinfektionen. Mittlerweile war es Lila zumindest gelungen, die Krankenschwester und Pfleger so weit zu sensibilisieren, dass sie sich den Patienten nur noch mit Schutzkleidung, Latex-Handschuhen, Mundschutz und Schutzkitteln näherten und diese anschließend entsorgten. Drei der Schwestern waren allerdings aus Angst vor Ansteckung nicht mehr
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