My Story. Streng geheim. - Aller guten Jungs sind drei
Emir nicht gesagt: Klar, versuch das mal. Er hat gesagt: Zippi, das geht nicht. Für einen Ferienjob bist du zu jung. Dann kam Hubertus und hat Marta und mir sechs Wochen Jägeralpe angeboten - ohne Job! Marta …«
Nele legte ihre zarte Hand auf meinen Arm. »Moment mal, Zippi. Ihr beide helft doch in der Küche und beim Bedienen?!«
»Klar, nicht weil wir müssen, sondern weil wir es so wollen. Zeig mir den Typ, der uns das verbieten könnte! Aber zurück zum Thema: Ich bin damals sofort zu Emir gerast und hab ihm von Hubertus’ Angebot berichtet. Da hat er gesagt: Was? Bevor ich die Unterlagen nicht geprüft habe - wusstest du, dass Emir mal Rechtsanwalt werden will? -, gehst du nicht. Pah! Ich wäre auf jeden Fall gegangen!«
»Hat er die Unterlagen geprüft?«
»Na klar. Aber das ist nicht der springende Punkt …« Ich war jetzt so richtig in Fahrt gekommen.
»Sondern?«
»Emir weiß, dass ich nichts nur mache, um ihm zu gefallen. Wir diskutieren alles aus; einmal kommt er mir entgegen, ein andermal komme ich ihm entgegen. Aber meistens wollen wir beide sowieso das Gleiche.«
Ich hatte nicht bemerkt, dass Nele immer mehr in sich zusammensank.
Erst als sie »Ist er deshalb per Anhalter zu dir getrampt?« flüsterte, wurde mir bewusst, dass ich ihr, ohne es zu wollen, mein Verhältnis zu Emir so richtig satt unter die Nase gerieben hatte. Mist, mein Temperament war mal wieder mit mir durchgegangen!
»Weißt du, Nele, wir kennen uns schon sehr lange«, versuchte ich, wenigstens einen Teil meines Missgeschicks wiedergutzumachen. »Das heißt aber nicht, dass wir nur zusammen was unternehmen.«
Nele wischte meine versöhnlichen Worte mit einer Handbewegung beiseite, richtete sich wieder auf und fixierte mich mit einem Blick, der dem meines Vaters sehr nahekam, wenn er mal wieder den großen Erzieher herauskehrte. »Ich frage mich, Zippi, weshalb du dich in Ignaz verliebt hast, wo du doch, wie mir scheint, ein intimes Verhältnis zu Emir unterhältst.«
Mir blieb die Spucke weg. »Ein intimes Verhältnis … Nele, du hast sie nicht mehr alle. Du spinnst total. Ich dachte, wir hätten geklärt, dass Küsse nicht automatisch ein ›intimes Verhältnis‹ bedeuten. Küsse sind Küsse, und damit basta! Kapiert?«
»Ich dachte«, entgegnete Nele cool, »wir hätten geklärt, dass für mich Küsse etwas sehr Intimes sind.«
»O. K. Beim Thema Küsse sind wir eben nicht einer Meinung.« Ich zuckte die Schultern.
Nele seufzte schwer. »Genau genommen sind wir bei keinem Thema einer Meinung. Gib das zu, Zippi.«
Wir schwiegen eine ganze Weile, bis Nele wieder mal den Kopf hob. »Wir waren beim zweiten Punkt stehen geblieben. Wie lautet der dritte Punkt?«
»Der dritte Punkt? Mensch, Nele, du hast mich total aus dem Konzept gebracht. Ich muss nachdenken, ja?« Dazu hatte ich aber ehrlich gesagt überhaupt keine Lust. Ich hatte eingesehen, dass Nele ein hoffnungsloser Fall war; ihre Meinung und
meine Meinung waren so verschieden wie Ferien in den Bergen und - nur mal zum Beispiel - Ferien am Meer.
Ferien am Meer! Das erinnerte mich an Cas, der mir immer diese Liebesgedichte schreibt, und damit auch an den unglaublich wichtigen Punkt drei.
»Man muss wissen, was der Unterschied ist zwischen einem Freund und einem Lover. Ein Mädchen kann jede Menge Freunde haben. Ich finde, ein Mädchen muss sogar jede Menge Freunde haben. Wie sonst soll es sich Kenntnisse, Jungs betreffend, aneignen? Nicht jedes hat einen Bruder; ich zum Beispiel bin ein Einzelkind.«
»Ich auch«, sagte Nele sofort. »Ich finde Freundschaften ja auch O. K. Aber meine Freunde küsse ich nicht, da ziehe ich die Grenze. Ich küsse nur meinen Lover.«
»Hast du einen zu Hause?«
Nele schüttelte den Kopf. »Emir ist mein erster und überhaupt mein einziger.«
Tja, das dachte ich mir schon.
»Ich bin ja so froh«, flüsterte Nele, »dass du den Ignaz hast.«
»Klar.« Mir war überhaupt nicht wohl in meiner Haut; ehrlich gesagt fühlte ich mich total mies. Um das miese Gefühl ein bisschen abzuschwächen, musste ich Nele unbedingt noch eine Weisheit aus meinem Lebensschatz mitteilen. »Eines darfst du nie vergessen, Nele: Du musst immer die Haltbarkeitsdauer deiner Gefühle berücksichtigen. Und selbstverständlich die deines Lovers auch.«
»Was willst du damit sagen?«, rief Nele entsetzt.
»Man kann sich in der Dauer seiner Gefühle sehr täuschen«, antwortete ich ernst. »Und in der seines Lovers natürlich auch. Mal angenommen, du
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