Myanmar - Stefan Loose Reisefuehrer
Balkons im Obergeschoss jede Menge bunter Orchideen baumeln. Dazwischen immer wieder stattliche Kolonialvillen aus Backstein und Stuck. Auch alle Unterkünfte haben sich in derartigen, mehr oder weniger erfolgreich renovierten Bauwerken etabliert. Leider wurde für den ersten modernen Supermarkt der Stadt – quasi als Vorzeichen eines neuen Zeitalters – bereits alte Bausubstanz in zentraler Lage geopfert.
Aufgrund vieler großer Palmen, Bananenstauden und Mangobäumen erscheint Dawei als tropisch grüne Stadt – zumal sich hier alljährlich besonders hohe Niederschlagsmengen verzeichnen lassen. Selbst in den letzten Monaten der Trockenzeit finden sich in der Umgebung saftig grüne Reisfelder, die von Wasserläufen aus den nahen Bergen gespeist werden. Schmale, mit Palmen bepflanzte Alleen führen zu allerlei Heiligtümern, die noch nichts von ihrer Ursprünglichkeit verloren haben.
In einigen umliegenden Dörfern erinnern versteckte überreste von Befestigungsanlagen an die Städte Wedi, Maungkara, Thagara, Pakayi oder Mokti, die es hier einst im 8. bis 10. Jh. gegeben hat. Die Mündung des Dawei konnte Handelsschiffen auf dem Weg zwischen Bengalen und der malaiischen Halbinsel einen natürlichen Schutz bieten. Ab Mitte des 18. Jhs. bauten die siamesischen Könige von Ayutthaya die Hafenstadt Dawei aus, da ihnen die Region durch die große Entfernung zu Zentralbirma als sicher erschien.
Spätestens als Tanintharyi 1826 unter die Herrschaft der Briten geriet, erlangte der Ort größere Bedeutung als Umschlagplatz für Kautschuk, Teakholz, Cashewnüsse, Trockenfisch und Zinn. Mehrere Kirchenbauten wie die Our Lady of Sorrows Catholic Church erinnern im Stadtgebiet an eine intensive Tätigkeit von Missionaren.
Ausländern ist die An- und Abreise auf dem Landweg noch untersagt, obwohl der 160 km lange Abschnitt zwischen Ye und Dawei mit seinen tropenbewaldeten Bergen von besonderem Reiz ist. Denn tatsächlich besteht hier die Gefahr von überfällen. Anfang 2005 kam es rund 50 km nördlich von Dawei an einer von Banditen errichteten Straßensperre zum ersten großen Zwischenfall seit zehn Jahren: In einem gestoppten, vorwiegend mit Studenten besetzten Bus eröffneten begleitende Sicherheitskräfte das Feuer, was zum Tod von insgesamt acht Menschen (darunter auch die Schönheits-Königin der Universität von Dawei) und zu 16 Verletzten führte. Nur zwei Tage später lauerten zehn Räuber am Pfad zu einem bedeutenden Berg-Heiligtum bei Ye Pilgern auf und erleichterten sie um ihr Geld (bis auf 1000 Kyat p. P.) und den gesamten, extra zu einem Fest angelegten Schmuck.
Brennpunkt ehrgeiziger Großprojekte
Immer wieder taucht der Name dieser Stadt in Zusammenhang mit infrastrukturellen Großprojekten auf – was nicht zuletzt auch die relativ starke Präsenz von Militär erklären dürfte. Seit wenigen Jahren bildet Dawei den südlichen Endpunkt des birmanischen Eisenbahnnetzes , wobei der Bahnhof aber rund 6 km südlich des Stadtzentrums inmitten einer reizvollen Reisfeldlandschaft liegt. 1996 in Gestalt eines modernen Baus errichtet, ist er weitestgehend verwaist und erscheint nicht zuletzt deshalb vor allem als Symbol für Birmas berüchtigtste Eisenbahnstrecke: Gegen den Bau der 170 km langen Verbindung zwischen Dawei und Ye gab es Mitte der 1990er-Jahre heftige internationale Proteste, weil die Bevölkerung gezwungen wurde, daran mitzuarbeiten und in Arbeitslagern zu leben. Bekannt geworden war das durch einen eindrucksvollen, heimlich gedrehten Bericht der BBC. Zeugenaussagen ließen Erinnerungen an den Bau der „Death Railway“ (s. S. 527 ) durch die Japaner wach werden. Wahrscheinlich wurde diese Strecke vor allem gebaut, um Soldaten und Baumaterialien in das Gebiet zu schaffen. Denn von hier führt nun die 700 km lange (davon ca. 400 km durch Myanmar), oberirdische Yadana-Gaspipeline aus dem Golf von Mottama bis in das thailändische Ratchaburi. Sie zählt zu den wichtigsten Geldquellen des Regimes. Kurz vor seiner Fertigstellung steht nun zudem der berühmte Asian Highway bzw. der Abschnitt zwischen Dawei und Kanchanaburi, bei dem nur noch 50 km Straße fehlen sollen. Als nächstes Mammut-Projekt ist in Kooperation mit Thailand ein Tiefseehafen geplant, mit dessen Bau in 2011 begonnen werden soll. Mehr darüber s. eXTra [ 5808 ] .
Dass erst wenige Ausländer nach Dawei gefunden haben, merkt man daran, dass auf dem Flughafen mitunter nach dem Grund des Aufenthalts gefragt oder sogar beim Fotografieren in
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