Mylady Adelshochzeit 01
Cartwright von der Bleimine wusste, bevor er den Handel vorschlug. Ist das wahr?“
„Das kann ich nicht mit Bestimmtheit sagen. Aber Ihr Vater glaubte es. Er wollte das Land zurückerlangen, weil er der Auffassung war, dass die Einnahmen aus der Mine ausreichen würden, ihn aus seiner prekären finanziellen Lage zu befreien. Immerhin befanden wir uns damals schon im Krieg, und das Blei wurde zur Herstellung von Munition gebraucht, ganz zu schweigen von Dächern, Rohren und Farbe.“
„Verfolgen Sie den Rechtsstreit immer noch?“
„Ich habe keine anderslautenden Instruktionen erhalten. Wenn Sie natürlich andere Anweisungen für mich haben …“ Er hielt inne und schaute den jungen Earl fragend an.
Roland war bereit gewesen, die Sache fallen zu lassen, doch die Bemerkung, dass man die Notlage seines Vaters möglicherweise ausgenutzt und ihn bewusst zu diesem Handel getrieben hatte, ließ ihn zögern. „Gibt es kein Schlupfloch, keine Lücke im Vertrag, um diesen Handel rückgängig zu machen?“
„Wir bemühen uns, seit wir davon erfuhren, ein solches Schlupfloch ausfindig zu machen, allerdings ließ sich Cartwright auf keinerlei Verhandlungen ein, und ich habe keinen Anlass zu glauben, dass seine Tochter uns entgegenkommen wird. Mein bisheriger Kontakt mit ihr lässt mich vermuten, dass sie recht eigensinnig sein kann. Und da ihr Geld nichts bedeutet …“
„Im Gegenteil, ich denke, Geld bedeutet ihr alles.“
Mountford zeigte ein sarkastisches Lächeln der Zustimmung. „In dieser Hinsicht ist sie ganz wie ihr Vater. Er hat ein Vermögen mit dem Handel von Baumwolle, Zucker und Sklaven verdient.“
„Es würde ihr also nichts ausmachen, einige Pfund in einem Rechtsstreit mit mir zu verlieren?“
Mountford zuckte mit den Schultern. „Wer kann das schon voraussagen? Möchten Sie, dass ich die Angelegenheit fallen lasse?“
„Ich werde darüber nachdenken und Sie meine Entscheidung wissen lassen. Aber sagen Sie mir, gab es wirklich keinen Weg, das Haus und die Einrichtung zu retten?“
„Sobald die finanziellen Probleme von Lord Amerleigh öffentlich wurden, liefen ihm die Gläubiger die Türen ein. Schneider, Weinhändler, Juweliere, Sattler, Fleischer, Arbeiter, Dienstboten – von den Ehrenschulden, die er am Spieltisch machte, ganz zu schweigen. Alle bestanden auf sofortiger Zahlung, befürchteten sie doch, sonst auf ihren Schulden sitzen zu bleiben. Ich war verpflichtet, Seine Lordschaft darauf hinzuweisen, dass einfache Sparmaßnahmen nun nicht mehr ausreichen würden.“ Der Anwalt äußerte dies in entschuldigendem Ton. „Ihr Vater weigerte sich beharrlich, zu verkaufen, schließlich konnte er aber von einem Umzug ins Dower House überzeugt werden, unter dem Vorwand, dass dies aus gesundheitlichen Gründen notwendig war und dass er nach seiner Genesung sofort ins Haupthaus zurückkehren würde. Amerleigh Hall wurde zur Vermietung angeboten, doch es fanden sich keine Interessenten. Daher war Ihr Vater gezwungen, die Wertgegenstände, die sich noch in seinem Besitz befanden, zu veräußern. Außer dem Haus und dem Anwesen hat er alles verkauft, um sämtliche Gläubiger zu befriedigen.“
„Sind alle Schulden bezahlt?“
„Ich denke, ja.“
„Das zu hören, erleichtert mich nun doch sehr.“
„Ich würde Ihnen dennoch empfehlen, das Anwesen zu verkaufen“, fuhr Mountford fort.
Roland musste unweigerlich an Charlotte Cartwright denken. Wie sie darüber frohlocken würde! Vielleicht würde sie sogar selbst ein Angebot machen. Dazu wollte er ihr indes keine Gelegenheit geben. „Nein“, sagte er. „Ich bin überrascht, dass Sie so etwas überhaupt vorschlagen. Ich werde das Anwesen wieder herrichten.“
Mountford lächelte matt. „Das wird Sie ein Vermögen kosten.“
„Dessen bin ich mir bewusst“, erwiderte er und erhob sich. „Ich werde die nötigen Mittel schon beschaffen.“
Nach seinem Besuch beim Anwalt suchte er einen Schneider auf und orderte zwei Gehröcke, zwei Westen, Pantalons aus feinstem Stoff und Reithosen aus weichem Leder, einige Hemden, ein Dutzend Krawattentücher und ein Paar Hessenstiefel, dann kehrte er nach Amerleigh zurück und machte sich kurz darauf auf, das Anwesen mit Travers zu erkunden.
Das Gut war groß, es umfasste Acker-, Weide- und Waldland und auch einige Milchfarmen. Dazu gab es Schafherden, die auf den Hügeln grasten. Nie wäre ihm in den Sinn gekommen, dass es einmal nicht mehr der bedeutendste Besitz der Umgebung sein würde, der
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