Mylady Adelshochzeit 01
außen, und das auch nur aus der Ferne.“
„Ich lade doch zuweilen Gäste ein, dich, deinen Gatten, Reverend und Mrs. Elliott und Mr. Edwards …“
„Ja, aber sie gehören doch nicht der vornehmen Gesellschaft an.“
„Ebenso wenig wie ich.“
„Du könntest dazugehören, wenn du dir Mühe geben würdest.“
„Warum sollte ich das?“ Charlotte wusste, sie benahm sich dickköpfig. Seit der Rückkehr von Roland Temple fühlte sie eine gewisse innere Unruhe, denn sie hatte erkannt, dass etwas in ihrem Leben fehlte, und doch hatte sie Angst, dieser Tatsache ins Auge zu sehen.
„Du wirst noch zum Außenseiter, wenn du nicht ab und an Gesellschaften gibst. Und zum Einsiedler. Und warum? Nur um noch mehr Vermögen anzuhäufen? Von welchem Nutzen würde dir das sein? Du hast doch schon bereits mehr als genug Geld.“
„Liebe Güte, Catherine, du nimmst wahrlich kein Blatt vor den Mund.“
„Ich hoffe, wir sind lange genug befreundet, dass ich offen mit dir sprechen kann, meine Liebe. Früher bist du des Öfteren ausgegangen und hast Besuche gemacht, aber in letzter Zeit ziehst du anscheinend das Alleinsein vor. Das kann nicht gut für dich sein. Du bist noch so jung. Du solltest lernen, dein Leben zu genießen.“
Charlotte musterte ihre Freundin so eindringlich, dass Catherine Brandon errötete. „Woher rührt dieses plötzliche Interesse an meinem Wohlergehen?“
„Das habe ich dir doch gesagt. Du arbeitest zu hart und siehst ein wenig blass aus.“
„Also soll ich noch härter arbeiten, um Menschen zu unterhalten, mit denen ich nichts gemein habe.“
„Ich werde dir helfen. Du könntest einen musikalischen Abend veranstalten oder einen Maskenball …“ Sie schwieg kurz. „Ich habe eine Tanzsoiree gegeben, Lady Gilford einen Ball zur Feier des Sieges – wer sonst könnte hier eine große Gesellschaft ausrichten außer dir? Seine Lordschaft meinte zwar, er würde zum Ball einladen, sobald die Renovierungsarbeiten in Amerleigh Hall abgeschlossen sind, doch so lange können wir nicht warten.“
Charlotte schoss der Gedanke durch den Kopf, dass ihrer Freundin allmählich die Ideen ausgingen, wie sie den Earl und Martha in Gesellschaft zusammenbringen konnte, weshalb sie sich plötzlich auf Mandeville und sie besonnen hatte. Sie lächelte. „Ich verstehe. Würde denn überhaupt jemand kommen?“
„Oh, alle würden kommen, wenn du auch Lord Amerleigh einlädst. Seine Anwesenheit auf deinem Ball würde dir Zutritt zur feinen Gesellschaft verschaffen.“
Charlotte lachte laut auf. „Wenn ich Seine Lordschaft recht einschätze, wird er sich nicht in solcher Weise benutzen lassen. Er ist kein Narr, solltest du wissen.“
„Das habe ich ja auch nie behauptet. Aber du bist die Einzige, die ihn noch nicht eingeladen hat.“
Offensichtlich wusste Catherine Brandon nichts von seiner Anwesenheit auf der Feier in der Weberei. „Ich werde darüber nachdenken.“
Nachdem sie ihr Ziel erreicht hatte, verabschiedete sich ihre Freundin alsbald. Charlotte blieb noch eine Weile im Salon sitzend, verträumt in die Vorstellung versunken, sich einen Namen als Gastgeberin zu machen, von der Gesellschaft akzeptiert zu werden, schön und begehrt zu sein. Dann aber riss sie sich zusammen. Das war nur ein Traum, und Träume wurden nicht wahr. Sie täte besser daran, den Bericht des Mineningenieurs über den neuen Stollen zu lesen, den Stollen, den sie nie hätte graben lassen, wenn Lord Amerleigh nicht dahergekommen wäre und seine Nase in ihre Geschäfte gesteckt hätte. Seine markante, attraktive Nase. Warum konnte sie ihn nicht aus ihren Gedanken verbannen? Warum musste jeder immerzu von ihm reden und sie dadurch daran erinnern, wie er ihre Hand geküsst und in ihre Augen geblickt hatte? Denn dabei war etwas zwischen ihnen geschehen, das sie nicht benennen konnte, etwas, das sie des Nachts keinen Schlaf finden ließ, ein Gefühl, das nicht mehr wich.
Nachdenklich schlenderte Charlotte zum Ballsaal und schaute sich um. Leere. Nichts als gähnende Leere. War das etwa bezeichnend für ihr Leben? Hastig machte sie auf dem Absatz kehrt und eilte zurück in ihr Arbeitszimmer, um den Bericht über die Mine zu lesen.
Roland schaute den neuen Kutschenpferden nach, die zu den Ställen geführt wurden, als das Geräusch von Hufschlag ihn aufsehen ließ. Ein Mann in Uniform ritt die Auffahrt herauf.
„Miles Hartley“, rief Roland erfreut und begrüßte den Mann, nachdem er abgesessen war, mit Handschlag. „Du bist
Weitere Kostenlose Bücher