0198 - Asmodinas Todeslabyrinth
Mein letzter Blick auf Myxin zeigte mir, dass er das Kreuz auf gehoben hatte und es wie einen letzten Hoffnungsanker in der rechten Hand hielt.
Hoffnung? Für mich nicht, denn ich musste ohne mein Kreuz in die grauenvolle Dimension verschwinden, da ich keine Zeit gefunden hatte, es noch an mich zu nehmen.
Es war der letzte Eindruck, den ich von der normalen Welt mit nahm. Dann umfing uns die Tiefe des Dimensionsschachts, und völlig andere Eindrücke stürmten auf mich ein. Ein rasendes Spektakel an Farben und Geräuschen. Schreien, Kreischen, Heulen, Jaulen. Dazwischen platzte und strahlte es rot, blau, grün und gelb auf. Farbkaskaden wie bei einem Feuerwerk.
Alles stürzte mir entgegen, zerplatzte dicht vor meinen Augen zu gewaltigen Blumensträußen, die auseinander fächerten und als lange Monster oder Tentakelarme verschwanden. Ein wirklich schauriges Bild, über das ich nicht weiter nachdachte, denn unsichtbare Hände und Krallen zerrten an mir. Sie zogen mich weiter in die Tiefe dieses endlosen Dimensionstunnels hinein, wo Heulen und Zähneknirschen zu Hause waren. Ich klammerte mich auch nicht an dem Dämon fest.
Die Kräfte hatten uns getrennt, auseinandergerissen, und wir trieben irgendwo durch die Leere der Dimensionen. Auch von Asmodina, meiner Erzfeindin, war nichts mehr zu sehen. Seltsam nur, dass ich meine Gedanken klar und deutlich formulieren konnte.
Ich trieb zwischen den Zeiten und dachte daran, dass ich Glenda Perkins nicht hatte retten können. Sie sollte vor dem Richtertisch des Dämonenrichters Maddox stehen, und dessen Urteile waren mir nur zu gut bekannt. Und Asmodina hatte sich durch den Dämon, an den ich mich festkrallte, den silbernen Nagel geholt, mit dem sie Dr. Tod vernichten wollte.
Das Kreuz hatte ich also nicht bei mir, doch als Waffen waren mir noch die Beretta, der Dolch und Desteros Schwert geblieben. Drei Dinge, die mir sicherlich weiterhalfen. Nur waren sie längst nicht so stark wie das geweihte Kreuz. Sicher, es war ein Risiko, sich derart in Gefahr zu begeben, doch ich hatte, als ich den Dämon ansprang, gar nicht darüber nachgedacht, sondern einfach reagiert.
Und nun befand ich mich zwischen den Zeiten. Wo würde die Reise enden?
In welch einem Reich landeten wir? In Asmodinas? Oder dort, wo der Spuk die Seelen der Dämonen gefangen hielt und sich wahrscheinlich auch Glenda Perkins befand?
Ich wusste es nicht. Ich hatte keine Ahnung, aber ich sollte es bald erfahren, denn plötzlich war die Reise beendet.
Ich spürte, wie die Eindrücke um mich herum stärker wurden, wie alles an Festigkeit und Realität zunahm, wie ich mich wieder bewegen konnte und der Boden unter meinen Füßen nicht schwammig, sondern hart und fest war. Ich konnte wieder laufen.
Zuerst einmal blieb ich stehen.
Automatisch fiel meine rechte Hand auf den Griff des Schwertes. Zudem war ich bereit, jeden Moment die Beretta zu ziehen, sollte sich irgend etwas ereignen.
Stille umgab mich. Allerdings keine friedliche Stille, wie man sie vielleicht an einem einsam liegenden Bergsee irgendwo in den Alpen erlebt, sondern eine gefährliche.
Es ist schwer, den Unterschied dieser beiden Arten in Worte zu fassen. Das muss man einfach spüren. So etwas lernt man im Laufe der Jahre. Man bekommt einen Sinn für Gefahren und Gefahrenherde, man merkt eben, dass irgend etwas anders ist.
Obwohl die Reiche der Dämonen in völlig anderen Dimensionen liegen, so gibt es auch dort verschiedene Landschaften. Es gibt Städte, Ansammlungen von Häusern oder Hütten, weite Ebenen, gefährliche Sümpfe und hohe Berge sowie Schluchten und Täler. Nur eines fehlt.
Die Sonne!
Deshalb existierten in den Dämonenreichen weder Tag noch Nacht. Es blieb immer gleich, und über all den Ländern lag ein dunstiger Schleier, Nebel, ein Atem des Todes, wie ihn Ungeheuer ausstießen, der auch als Brodem der Hölle bekannt war. Wenn ich genau hinschaute, konnte ich die feinen Nebelstreifen sehen, die wie lange Schleier über dem Land lagen und manchmal als Fahnen von einem plötzlich aufkommenden Wind hin und hergetrieben wurden.
In diesen Ländern hausten Kreaturen, die sämtlicher Beschreibung spotteten, Alptraumgeschöpfe, wie sie manch verrückter Maler auf die Leinwand gebracht hatte und dafür ausgelacht wurde. In diesen Reichen waren die Angst zu Hause, der Schrecken, das Grauen und der Wahnsinn.
Schon immer hatten Menschen von diesen Reichen gewusst und versucht, es durch einige Worte zu erklären. Vielleicht hatte man
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