Mylady Adelshochzeit 01
defekte Kutsche zu kümmern, und er würde sein Wort halten. Er bezweifelte indes, dass Charlotte ihm erlauben würde, noch mehr für ihn zu tun.
Er hatte alles verdorben, weil er seinen Gefühlen spontan nachgegeben hatte. Irgendwie musste er seinen Fehler wieder gutmachen. Wenn er ihr sein Handeln erklärte, würde sie ihm verzeihen? Würde sie ihm überhaupt zuhören? Und was sollte er sagen? Es tut mir leid . Doch das war bei Weitem nicht genug. Oder sollte er ihr sagen: „Ich habe dich geküsst, weil ich dich liebe“. Das würde die Ehre gebieten, ebenso wie ihr einen An trag zu machen. Indes würde sie ihm ins Gesicht lachen, wenn er ihr gestand, dass er sie liebte. Und er konnte es ihr nicht einmal verdenken.
8. KAPITEL
Die ganze Woche über hatte es geregnet, und auch am Tag des Balles folgte Gewitter auf Gewitter, sodass Charlotte vermutete, das schlechte Wetter würde ihre Gäste vom Kommen abhalten. „Ach was“, antwortete Lady Ratcliffe. „Alle werden erscheinen, denn sie platzen schier vor Neugier, Mandeville von innen zu sehen, und da auch Lord Amerleigh zugesagt hat …“
„Vielleicht kommt er ja gar nicht.“
„Unfug. Natürlich wird er kommen. Er hat die Einladung angenommen, und ich halte ihn nicht für einen Mann, der sein Wort bricht.“
Lady Ratcliffe war immer noch in Unkenntnis darüber, was zwischen ihrer Nichte und Seiner Lordschaft vorgefallen war. Daher ahnte sie auch nicht, dass sein Kuss Charlotte so stark aufgewühlt hatte, dass sie kaum ihren Tagesgeschäften nachgehen konnte, aus Angst, ihm zu begegnen oder in der Nacht davon zu träumen.
„Übrigens solltest du dich allmählich umziehen, deine Gäste werden bald eintreffen, und du musst sie empfangen.“
Charlotte ging auf ihr Zimmer, zog ihr Kleid aus und griff nach dem Katzenkostüm, das Meg schon bereitgelegt hatte. Es war aus schwarzem Samt, sehr eng anliegend, mit einer bodenlangen schwarzen Pelisse, die ihre Figur umspielte. Die Katzenmaske verbarg ihr Gesicht bis auf Augen und Mund, und das kam ihr gerade recht. Sie wollte niemandem ihre Gefühle verraten, am wenigsten Lord Amerleigh. Selbst ihr Haar wurde von der Samthaube verdeckt, also musste sie es nur bürsten und hochstecken. Sie sah reizlos, schlicht und unauffällig aus. Tief einatmend verließ sie die Sicherheit ihres Zimmers und ging nach unten. Wundersamerweise hatte es aufgehört zu regnen, und die Gäste trafen nach und nach ein. Verkleidet als Könige und Königinnen, Ritter und Waldfeen, seltsame Tiere und historische Figuren, Schankmädchen und Straßenräuber, plauderten sie aufgeregt miteinander, gaben bewundernde Bemerkungen von sich, als sie den Ballsaal betraten, in dem sich das Orchester auf das erste Stück einstimmte. Nun fehlte nur noch der Earl of Amerleigh, um den Abend zu einem vollen Erfolg werden zu lassen.
Roland war nach Shrewsbury geritten, um Charles Mountford aufzusuchen. Am Tag zuvor hatte er im Speicher nach einem Kostüm gestöbert und dabei eine Kiste mit uralten Dokumenten entdeckt. Eines war mit einem riesigen königlichen Siegel versehen, doch es war in einer Schrift geschrieben, die er nicht entziffern konnte. Er vermutete, dass es sich hier wohl um die alten Besitzurkunden von Amerleigh Hall handeln könnte, und hatte beschlossen, den Anwalt unverzüglich einen Blick darauf werfen zu lassen.
„Es wird interessant sein zu erfahren, ob die alte Familiengeschichte der Wahrheit entspricht und das Anwesen meinen Ahnen tatsächlich von Königin Elisabeth zum Geschenk gemacht worden ist“, erklärte er.
„Ich fürchte, Sie werden das Dokument zum Entziffern einem Experten übergeben müssen. Ich könnte Ihnen Professor Lundy empfehlen, er wohnt allerdings in London.“
„Ich verstehe. Sie können das Dokument also nicht lesen?“
„Nur einige Worte hier und da, aber nicht genug, um mir sicher zu sein, dass ich Sie richtig berate.“
„Dann werde ich den Professor aufsuchen, so bald es mir möglich ist.“
„Gut.“
Roland verabschiedete sich und ritt nach Hause. Eine Menge Dinge beschäftigten ihn.
Heute war der Abend des Balles. Er hatte sich gefragt, ob Charlotte die Einladung zurückziehen würde oder, falls nicht, er dem Ball fernbleiben sollte. Gewiss wünschte sie nicht, ihn zu sehen. Andererseits würde seine Abwesenheit zu Klatsch Anlass geben. Nachdem er sich immer wieder gesagt hatte, dass er sie nicht sehen wollte, wurde ihm klar, dass er sich genau das sehnlichst wünschte. Die Stunden und Tage
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