MYLADY HOCHZEITSBAND Band 01
überlegte Charlotte, welche frühere Verpflichtung sie wohl eingegangen sein könnte, um ihrer Behauptung Wahrheit zu verleihen. Und schließlich kam ihr ein Gedankenblitz. Sie würde einfach am selben Abend ein Fest geben. Zwar keinen Ball, da sowieso alle zu den Gilfords gehen würden, und außerdem glaubte sie auch nicht, dass die adelige Gesellschaft jemals zu einer von ihr ausgerichteten Festlichkeit erscheinen würde.
Nein, sie würde eine Feier für all ihre Arbeiter geben und in der Weberei ein Fest ausrichten, das keiner so schnell vergaß. Der Gedanke barg den zusätzlichen Anreiz, dass sie auf diese Weise dem Earl of Amerleigh gleichzeitig beweisen konnte, wie gut sie ihre Arbeiter behandelte und wie treu ergeben diese ihr waren. Sie würde keine Kosten scheuen und für reichlich Speisen und Getränke sorgen. Auch Musik, Dekorationen, Flaggen und Blumen sollte es geben. Und eine Blaskapelle! Wenn die Leute, angeführt von der Blaskapelle, mit fliegenden Fahnen durch die Straßen von Amerleigh und Scofield zur Weberei paradierten, würde dies großen Lärm verursachen und das ach-so-vornehme Orchester in Gilford House gewiss übertönen. Sie wollte auch ein Feuerwerk veranstalten. Lady Brandons Erzählung hatte sie entnommen, dass Lady Gilford ein Feuerwerk als großes Finale für ihren Ball plante. Doch ihr Feuerwerk würde schöner, lauter und farbenprächtiger sein. Sie würde sich nicht kleinkriegen lassen, ihnen nicht die Genugtuung geben, dass sie sich minderwertig und unterlegen fühlte. Beschwingt machte sie sich sogleich an die Vorbereitungen.
Lord und Lady Gilford lebten in einem großen Herrensitz, der, von einem Park umgeben, an der Straße von Amerleigh nach Scofield lag. Seit der verstorbene Earl of Amerleigh ins Dower House gezogen war, was seinem Ansehen schadete, waren die Gilfords tonangebend in der haut monde der Region. Eine Einladung zu einer Veranstaltung in ihrem Haus galt bei der ansässigen Gesellschaft als eine Auszeichnung.
Lady Gilford hatte sich mit den Arrangements große Mühe gegeben. Zu ihrem Verdruss musste sie allerdings feststellen, dass es an Feuerwerkskörpern mangelte. Der Lieferant hatte ihr mitgeteilt, seine Ware sei fast komplett von einem anderen Kunden aufgekauft worden, dessen Namen er nicht nennen wollte. Ihre Ladyschaft musste sich mit den wenigen noch verfügbaren Raketen begnügen und hoffte, ihre Gäste würden am Ende des Abends so beschwipst vom reichlichen Genuss der erlesenen Getränke sein, sodass ihnen nicht auffiel, dass bei dem geplanten großen Finale von Großartigkeit keine Rede sein konnte.
Roland, stilvoll in einen eleganten schwarzen Abendfrack, schwarze Hosen und ein schneeweißes Hemd gekleidet, kam nur wenige Minuten zu spät und wurde von Lady Gilford herzlich begrüßt, die ihm sofort jeden der Anwesenden präsentierte und ihm zu guter Letzt auch ihren Sohn und ihre Tochter Eleanor vorstellte. Eleanor war etwa achtzehn Jahre alt und so mollig wie ihre Mutter dünn. Ihre ausgesprochene Schüchternheit war ihrer Mutter ganz offensichtlich ein ständiges Ärgernis.
Roland schenkte Eleanor ein Lächeln und machte die üblichen höflichen Bemerkungen, bevor er sich für zwei Ländler in ihre Tanzkarte eintrug, worauf sich die Wangen des armen Mädchens blutrot verfärbten.
Als sie ihn nach dem ersten Tanz verließ, wollte Lady Gilford ihm sogleich eine andere Partnerin zuführen. „Vielen Dank, Mylady“, antwortete er höflich lächelnd. „Ich denke, ich komme allein zurecht.“ Er ließ sie stehen und forderte Martha Brandon auf. Zu spät bemerkte er, dass er Martha damit wohl in die Hände spielte, denn Martin Elliott durchbohrte ihn förmlich mit finsteren Blicken.
Nach dem Tanz mit Miss Brandon sah er sich gezwungen, eine ganze Reihe anderer junger Damen aufzufordern, und er begann, sich ausgesprochen unwohl in dieser Gesellschaft zu fühlen, indes ließ er sich nichts anmerken und bewahrte stets sein höfliches Lächeln. Nach seinem zweiten Tanz mit Miss Gilford zog er sich rasch in einen Alkoven zurück, um von dort den Tanzenden zuzuschauen. Dabei stellte er fest, dass er den unerklärlichen Wunsch verspürte, Miss Cartwright wäre hier. Er hatte den Walzer mit ihr sehr genossen, ebenso wie die Entdeckung, dass sie eine wahre Schönheit war. Wenn sie hier wäre, würde ihm der Ball gewiss sehr viel mehr Vergnügen bereiten. Dieses Eingeständnis, wenn auch nur sich selbst gegenüber, überraschte ihn.
„Es muss ungewohnt
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