MYLADY HOCHZEITSBAND Band 01
am Unterricht teilnehmen. Ich möchte übermorgen am Vormittag damit beginnen.“
„Ja, bitte kommen Sie“, sagte Roland. „Das heißt, wenn Sie bei all Ihrer Arbeit dafür überhaupt Zeit finden.“
Sie lächelte, aber es war das Lächeln des wilden Tigers, und er schreckte beinahe davor zurück. „Ich werde es möglich machen.“
In ihrem besten Sonntagskleid brachte Mrs. Biggs ihren Sohn zur verabredeten Stunde nach Amerleigh Hall. Sie war tief beeindruckt, das Herrenhaus betreten zu dürfen, weshalb sie Tommy zuvor noch einmal ordentlich gewaschen hatte. Miles bat sie, im Schulzimmer auf einem Stuhl an der Wand Platz zu nehmen, und winkte Tommy nach vorne an das Pult, das auch Roland in seiner Kindheit benutzt hatte. Kurz darauf traten Seine Lordschaft und Miss Cartwright ins Zimmer. Ein strahlendes Lächeln erschien auf Tommys Gesicht.
„Wir möchten gerne am Unterricht teilnehmen“, sagte Roland und zog Charlotte einen der kleinen Stühle zurecht, bevor er auf einem anderen, ebenso kleinen Stuhl Platz nahm. Seite an Seite sitzend schauten sie Miles erwartungsvoll an.
Tommy kicherte, und seine Mutter wies ihn zurecht, indem sie den Finger auf die Lippen legte. Der Junge verstummte sofort.
„Ah, dieses Zeichen kennt er also schon“, sagte Miles und begann mit dem Unterricht.
Er fragte Tommy, zu welcher Zeit er zu Bett ginge, wann er aufstand, was er gerne aß, alles in Zeichensprache. Als seine Mutter versucht war, für ihn zu antworten, mahnte er sie sanft, dem Jungen nicht zu helfen. Eine Stunde verging wie im Flug.
„Ich denke, das reicht für den ersten Tag“, meinte Miles schließlich. „Kommen Sie morgen mit dem Jungen wieder, Mrs. Biggs. Und falls Sie die Zeit erübrigen können, wäre es gut, wenn Sie mit ihm üben.“
„Oh, die Zeit nehme ich mir, Captain. Und ich werde auch meiner Familie beibringen, was ich gelernt habe.“
„Das lief doch ganz gut“, sagte Charlotte, nachdem Mrs. Biggs und Tommy gegangen waren. „Denken Sie nicht auch, Mylord?“
„Oh ja, sehr gut, was sagst du, Miles?“
„Ich denke schon. Vielleicht kann er später sogar das Sprechen erlernen, aber das übertrifft bei Weitem meine Kenntnisse. Wir sollten hierzu einen Experten zurate ziehen. Dr. Masterson soll sich darauf spezialisiert haben, gehörlose Kinder das Sprechen zu lehren. Ich könnte ihm schreiben.“
„Tu das, mein Freund. Wie wäre es jetzt mit einer kleinen Erfrischung. Sie bleiben doch, Miss Cartwright?“
Die Stimme der Vernunft riet Charlotte, sich zu verabschieden, um die verlorene Zeit in der Weberei wieder wettzumachen. Aber irgendwie verspürte sie nicht die geringste Lust dazu. „Gerne“, meinte sie daher, während sie sich von dem Kinderstuhl erhob. Ihre Beine waren eingeschlafen, merkte sie beim Aufstehen, und sie hüpfte herum, um das prickelnde Gefühl zu vertreiben.
Roland schaute ihr belustigt zu. Je näher er sie kennenlernte, desto mehr entdeckte er von der Frau, die sie unter ihrem strengen Äußeren verbarg. Sie war ganz bestimmt kein reizloser Wildfang, und er war froh, dass sie seine herzlose, arrogante Äußerung damals nicht gehört hatte. Charlotte Cartwright war ganz eindeutig eine Frau voller Mitgefühl, Leidenschaft und Güte, und je öfter er sie sah, desto deutlicher wurde ihm bewusst, wie schön sie in Wahrheit war, nicht nur äußerlich, sondern auch in ihrem inneren Wesen.
Sie gingen hinunter in den Salon, wo Mrs. Fields ihnen einen kleinen Imbiss servierte. „Wie geht es Ihrem Gatten, Mrs. Fields?“, fragte Charlotte.
„Oh, sein Zustand ist unverändert, aber er hält sich wacker und ist frohen Mutes, Madam. Und seit ich hier in Stellung bin, ist er auch sehr viel glücklicher. Ihm war es nie recht, dass ich im Gasthof arbeitete.“
„Das freut mich.“
Die Frau knickste und verließ das Zimmer.
„Was ist denn mit ihrem Gatten?“, erkundigte sich Roland, während er sich fragte, ob es überhaupt etwas im Leben der Dorfbewohner gab, über das Charlotte nicht Bescheid wusste. Mrs. Fields war nun schon seit über einem Monat bei ihm in Stellung, und er wusste rein gar nichts von ihrer Familie.
„Er hat einen Schlaganfall erlitten und ist seitdem ans Bett gebunden. Als er erfuhr, dass ein Gast Mrs. Fields in der Wirtschaft grob behandelt hatte und der Wirt obendrein seine Partei ergriff und sie entließ, war er vor Wut außer sich. Der arme Mr. Fields konnte nichts tun, außer zu toben.“
„Woher wissen Sie so viel über die Dorfbewohner,
Weitere Kostenlose Bücher