Myrddin
angetan und genoß den wundervoll frischen, weichen Wind, der schon jetzt einen Frühling versprach. Sie hatten ein Wetter gehabt, wie man es nur selten in Britannien erleben konnte. Den ganzen Februar gab es keine nennenswerten Niederschläge, keine Graupelschauer, und auch wenn sich einige Male der Himmel zugezogen hatte, so nur, um seine Wolken vorzuführen. Es war trocken geblieben und die Vorzeichen für Northampton standen gut, daß man nicht auf einer aufgeweichten, nassen Wiese sein Zelt aufbauen mußte, wollte man den Wettervorhersagen Glauben schenken.
Erwartungsvoll sah der hilflose Ganapathy sein Gegenüber Myrddin an. Und Myrddin schwieg. Manchmal verriet sein Blick Freude über das Rätsel, das er dem Clown gestellt hatte. Manchmal hatte er ihn auch gefragt, ob er die Lösung wisse, wenn der Clown unvermittelt plötzlich hinter ihm bei seiner Arbeit gestanden und ihn nur angesehen hatte.
Die Wölfe und Hörn interessierte das Erwachen eines Wanderzirkus aus dem grauen Alltag der Armut ebensowenig wie die Vanyar. Es war allen bewußt, daß sie Myrddin begleiteten, und sie hatten ihre Pläne darauf abgestimmt. Den Vanyar war bekannt, daß sie mit Myrddin auftreten und ihr Elshyyn vorführen sollten, zu dem der Zauberer eine Einleitung sprechen wollte. Es fiel ihnen schwer, eines ihrer Lieblingsspiele den Menschen zu zeigen, die ihnen gleichgültig waren. Dennoch fügte sie sich der Absprachen zwischen Elwe und Myrddin.
Hörn kannte sein Ziel, da er an der Seite von Myrddin war, seinem sehenden Menschenfreund.
Und die Wölfe lernten den Menschen kennen, der sie nach Schweden bringen sollte, und Myrddin wollte ihnen sagen, wann der Zeitpunkt gekommen wäre. Solange saßen sie bei ihm, liefen mit ihm und Raimann durch die Wiesen, lernten einen Frühling kennen, den es so in Skandinavien nicht gab, und durchwachten mit Myrddin unter freiem Himmel die Nächte. Die Stricke des Zauberers schnürten nicht um ihre Hälse, und wenn sie erst wieder bei ihrer Familie in Schweden wären, würde man sie, Akita und Pacis, feiern.
Die Wölfe saßen im Wohnwagen Myrddins an der Wand. Hörn lag vor dem Eingang, wie er es gewohnt war. Die Truppe hatte sich daran gewöhnt. Und Raimann stand mit den Worten auf, daß er den Ölstand der Zugmaschinen kontrollieren wolle. Ganapathy und Myrddin blieben im Wagen zurück.
Myrddin schaute gedankenversunken auf den See und der Clown wollte mit ihm sprechen.
„William, ich kann deinen Trick nicht erraten. Und das hast du gewußt.“
„Hmm … das ist eigentlich sehr bedauerlich … Aber ich wußte es. Das stimmt, Maynard.“
„Du siehst auch meine innere Not, tust aber nichts dagegen. Weshalb machst du das mit mir?“
„Was kann ich tun, wenn du dich quälst, Maynard?“
„William, ich komme an dich nicht heran – in keiner Hinsicht. Du bist mir fremd und unheimlich … und dennoch bist du mir sehr vertraut. Du bist immer nur freundlich, aber niemals herzlich. Mir scheint, du kannst dich nicht ärgern und nicht freuen. Und das sind alles Zeichen, die mich warnen sollten, glaube ich“, gestand sich Ganapathy ein.
„Die dich als Künstler oder als Mensch warnen sollten?“
„Das weiß ich nicht. Jedenfalls verfolgst du irgendeinen Zweck. Da bin ich mir sicher. Es macht mir Angst, weil ich nicht dahinterkomme, was das Ziel deiner Absichten ist. Es läßt mich nicht mehr schlafen. Ich durchschaue dich einfach nicht.“
„So ist es eben mit den Dingen, die sich Menschen nicht zurechtfälschen können. Sie machen uns Angst. Und solange ich hier sein werde und du dir keine Erklärungen zurechtreimen kannst – da ich dir beweisen würde, daß sie nicht stimmen können –, mußt du mit der Angst leben lernen. Leben, mein Freund, heißt zu einem guten Teil, Ängste ertragen zu können, falls man das Leben an sich nicht versteht.“
„Aber es erfüllt mich mit Apathie. Ich komme dagegen nicht mehr an. Ich kann keinen klaren Gedanken mehr fassen …“
„Ich bin bald wieder allein auf Reisen, Maynard, und dann kannst du dein Leben wieder leben, wie du es magst. Du kannst dann in deinem Spinell einen Diamanten sehen, wenn du willst, und du darfst es dir glauben, bis du auf einen ehrlichen Diamantenschleifer triffst, der dir den Unterschied zwischen den beiden Steinen erklärt und dir deinen Irrtum zeigt“, meinte Myrddin, indem er innerlich an der Unterhaltung nicht teilnahm, sondern schon die letzte Etappe seiner Fahrt vor Augen hatte.
„Als ich ein Kind war,
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