Mystery Thriller Band 224
einst so hübsches, fröhliches Gesicht war wie in Stein gemeißelt, wirkte wie die Fratze des Teufels. Kein Zweifel, innerlich tobte sie vor Wut. „Also gut“, sagte sie, und ihre Stimme klirrte wie Eis, während in ihren Augen der Glanz des Irrsinns lag, „ganz wie du willst. Dann knall ich dich halt ab und werfe dich dann da runter, mir doch egal. Hauptsache, dein Vater hat die Gewissheit, dass sein heißgeliebtes Töchterchen tot ist! Also, sag Lebwohl, kleine Melissa …“
Mit diesen Worten richtete sie die Mündung der Pistole genau auf den Punkt zwischen Melissas Augen. Langsam, ganz langsam bewegte sich Monas Zeigefinger am Abzug nach hinten.
Melissa schloss die Augen. Dachte an ihren Vater, ihre Mutter, an den verstorbenen Michael und auch an Harry.
Gleich würde sie die beiden wiedersehen.
Eine Sekunde später hallte der Schuss durch die Nacht.
12. KAPITEL
Einen Monat später.
Die Aussicht vom Smugglers Point bei Tageslicht war atemberaubend. Das Meer, das sich schäumend gegen die Felsen warf, war grau wie flüssiges Blei. In einiger Entfernung ragte der Devils Tooth, ein säbelzahnförmiger Felsen, der schon für so manches Schiff das Ende bedeutet hatte, aus dem brodelnden Wasser. Eine Möwe hatte sich auf seiner Spitze niedergelassen, hob jetzt aber flatternd ab und gesellte sich zu ihren Artgenossen, die kreischend am Himmel ihre Kreise zogen.
Eigentlich war dies, trotz seiner unrühmlichen Vergangenheit, kein Ort, vor dem man sich fürchten musste. Trotzdem rieselte Melissa unwillkürlich ein Schauer über den Rücken, und sie umschloss Brads Hand noch eine Spur fester als ohnehin schon.
Gemeinsam waren sie noch einmal an den Ort zurückgekehrt, an dem Melissa um ein Haar ihr Leben verloren hätte. Sie erinnerte sich, dass sie schon mit geschlossenen Augen auf den Schuss aus Monas Pistole gewartet hatte. Ein Schuss war dann tatsächlich abgegeben worden, allerdings nicht von Mona.
Sondern von Brad.
Brad war zu ihrer grenzenlosen Überraschung genau im entscheidenden Moment auf der Bildfläche erschienen und hatte Mona die Pistole aus der Hand geschossen. Nachdem Melissa den ersten Schock überwunden hatte, war sie Brad zu Hilfe geeilt, um Mona zu überwältigen. Noch immer war Melissa entsetzt darüber, was ihre ehemals beste Freundin getan hatte. Sie so hasserfüllt und mit diesem irrsinnigen Blick zu erleben, war mehr als schlimm gewesen.
Noch schlimmer allerdings war die Gewissheit, sich von Anfang an in Mona getäuscht zu haben.
„Du denkst oft an Mona, nicht wahr?“, fragte Brad behutsam.
Melissa sah ihn an. Noch immer schämte sie sich dafür, ihn verdächtigt und überwältigt zu haben. Vor allem, da sich der vermeintliche Blutfleck im Nachhinein als Ketchup herausstellte, mit dem Brad sich beim Dinner bekleckert hatte. Auch die Sache mit dem Mädchen, das er an der Akademie angeblich misshandelt haben sollte, stellte sich als üble Nachrede heraus. Brad hatte das Mädchen abblitzen lassen, wofür es sich gerächt hatte, indem es gemeine Gerüchte über ihn verbreitete.
Nun, andererseits war es auch ganz gut gewesen, dass es genau so gelaufen war, denn sonst hätte sie kaum den Wagen vom Sheriff genommen, mit dem Brad an diesem Abend ja unterwegs war. Zum Glück hatte Brad dann schnell reagiert und sich daran erinnert, dass der Wagen seit Neuestem mit einem Ortungssystem ausgestattet war. Brad war also zurück ins Sheriffs Office geeilt, um den Wagen zu orten. Dann hatte er einen Revolver aus dem Office mitgenommen und war zum Smugglers Point geeilt, wo Melissa den Wagen ja abgestellt hatte.
„Ziemlich oft“, antwortete sie jetzt. „Aber das wird schon nachlassen. Vielleicht ist sie ja dort, wo sie jetzt ist, ganz gut aufgehoben.“
Mona war per Gerichtsbeschluss in eine psychiatrische Klinik eingewiesen worden, da sie – selbst im Gefängnis – eine nicht zu kalkulierende Gefahr für sich selbst und andere darstellte. Mrs Brooks Sohn Charles würde indes die nächsten Jahre im Gefängnis verbringen. Weil er alles sofort gestanden hatte und nicht direkt in eines der Tötungsdelikte involviert gewesen war, kam er noch einmal relativ glimpflich davon, was Melissa für Mrs Brooks freute.
„Und dein Vater? Wie geht es deinem Vater?“
Melissa zuckte mit den Achseln. „Ganz gut so weit. Es macht ihm zwar zu schaffen, dass das alles passiert ist, weil er damals offensichtlich eine falsche Entscheidung traf, aber er kann es nun mal nicht rückgängig machen und
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