Mystery Thriller Band 224
keinesfalls unsicher wirken. Deshalb sagte sie mit fester Stimme, wobei sie ohnehin schreien musste, um gegen den lauten Wind anzukommen, der ihr ins Gesicht wehte: „Du wirst es mir sicher gleich sagen, nicht wahr?“
Die maskierte Gestalt zuckte mit den Schultern. „Das werde ich wohl müssen. Denn von allein kommst du ohnehin nicht drauf. Allerdings bin ich nicht mal sicher, ob du tatsächlich wissen willst, wer ich bin. Als Polizistin müsste dir eines eigentlich klar sein.“
„Ach, und was?“
„Wissen kann tödlich sein, kleine Melissa. Das musste schon dein Freund Harry, dieser alte Penner, erfahren.“
Sofort stieg Wut in Melissa auf. „Was hat Harry mit mir zu tun? Und warum musste er sterben?“
„Ach, immer diese Frage nach dem Warum … Eigentlich war es nur ein dummer Zufall. Harry war gerade dort, wo ich auch war, und der alte Schwachkopf hat mich für meine Mutter gehalten. Tja, litt anscheinend wohl schon an Demenz, der Knabe.“
„Deine Mutter? Was hat deine Mutter damit zu tun?“
„Was sie damit zu tun hat?“ Die maskierte Gestalt trat von der Abbruchkante weg und kam näher auf Melissa zu. „Um sie allein geht es hier, kleine Melissa. Um meine Mutter.“
Melissa, der es nicht gefiel, dass die andere Person näher auf sie zukam, bewegte instinktiv ihre rechte Hand, um nach Brads Waffe in ihrem Hosenbund zu greifen.
Doch sie war zu langsam.
Blitzartig schoss die rechte Hand der Gestalt, in der sich ebenfalls eine Pistole befand, nach vorn.
Die Mündung war nun direkt auf Melissa gerichtet.
„Vergiss es“, sagte die maskierte Gestalt. „So, und jetzt greifst du trotzdem nach hinten. Aber schön langsam. Hol deine Kanone hervor und wirf sie mir entgegen. Und ich warne dich: eine falsche Bewegung, und ich knall dich ab.“
„Das wirst du doch sowieso tun, oder?“ Melissa lachte hysterisch auf, tat dann aber trotzdem das, was von ihr verlangt wurde: Langsam griff sie nach hinten und zog den Revolver aus dem Hosenbund. Dabei wog sie fieberhaft ihre Möglichkeiten ab. Wenn sie schnell genug war, konnte sie vielleicht als Erste abdrücken. Aber die Chancen für sie standen fünfzig zu fünfzig, und das war in dieser Situation einfach zu wenig. Und eines war gewiss: Sie wollte auf keinen Fall sterben, ohne vorher zu erfahren, warum.
„So ist’s richtig“, lobte die maskierte Person, nachdem Melissa ihre Waffe weit von sich geschleudert hatte. „Und jetzt, denke ich, brauchen wir auch dieses blöde Ding nicht mehr, was meinst du?“ Sie nahm den Stimmenverzerrer von ihrem Mund weg und warf ihn in hohem Bogen hinter sich ins Meer. „Ist doch besser ohne diese blöde Technik, was?“
Melissa erstarrte, als die Stimme ohne Verzerrung erklang. Sie hatte das Gefühl, den Boden unter den Füßen zu verlieren. Grundgütiger, das konnte nicht sein, sie musste sich täuschen. Das war einfach unmöglich!
Doch dann fielen ihr plötzlich einige Dinge ein, die sie schon einmal beiläufig bemerkt hatte. Die Erkenntnis, dass es eben nicht unmöglich war, traf sie mit der Wucht eines Vorschlaghammers. Sie dachte an dieses seltsame Geräusch, das ihr neulich beim Skypen aufgefallen war und das sie nicht hatte einordnen können. Natürlich! Die Glocken der Kirche von Dedmon’s Landing! Und dann die Puppen, die falsch im Regal gestanden hatten …
Und jetzt diese Stimme. Sie kannte diese Stimme. Gut sogar. Sehr gut. Und sie gehörte weder zu Brad, wie sie es sich ja schon gedacht hatte, noch zu Amy, was wiederum darauf hindeutete, dass diese tatsächlich ermordet worden war.
Ermordet von der Person, die nun vor ihr stand.
Ermordet von …
„Mona?“
11. KAPITEL
Melissa war vor Schreck wie gelähmt. Tausend Gedanken schossen ihr durch den Kopf. Und alle drehten sich nur um ein und dieselbe Person.
Mona.
Sie dachte daran, wie sie sich kennengelernt hatten, wie sie Freunde geworden und zusammengezogen waren. Dachte daran, wie sie sich immer alles anvertraut hatten und wie schwer ihnen der Abschied voneinander gefallen war, als Melissa von Boston zurück nach Deadman’s Landing gegangen war.
Und diese Mona – ihre allerbeste Freundin, für die sie ihr Leben gegeben hätte – sollte eine eiskalte Killerin sein? Diese Mona sollte Amy und den armen Harry auf dem Gewissen haben.
Oh Gott, nein, das durfte nicht sein!
„Na, dir scheint es ja ganz schön die Sprache verschlagen zu haben, was?“ Mona hob die linke Hand und zog sich mit einer zügigen Bewegung erst die Maske vom
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