Mystic City 2. Tage des Verrats (German Edition)
Hunter und Davida waren befreundet, seitdem sie Kinder waren. Sie waren verlobt und sollten heiraten, bis er mich kennengelernt hat. Wie wird er reagieren, wenn ich ihm erzähle, was ich getan habe?
Trotz meiner Unsicherheit beschließe ich, ihm die Wahrheit zu sagen. »Ich habe Davidas Herz gegessen.«
Hunter weicht entsetzt zurück. »Du hast was?«
»Wir haben ihr Herz gefunden«, erzähle ich. »Turk, Jarek und ich. Es sollte auf dem Schwarzmarkt verkauft werden. Kyle wollte es auch haben.«
»Und da hast du gedacht, es wäre das Beste, es einfach aufzuessen?« Hunter beäugt mich argwöhnisch. »Hast du etwa das ganze Herz gegessen? Bist du verrückt? Du musst zu einem Heiler!«
»Mir geht’s gut«, entgegne ich. »So gut wie noch nie in meinem ganzen Leben. Und Davida wollte es so.«
Hunter zieht eine Augenbraue hoch. »Woher willst du das wissen?«
»Sie hat mir einen Brief hinterlassen«, erkläre ich. »In ihrem Reliquiar. Sie wollte, dass ich das Herz in mir aufnehme. Sei mir nicht böse.«
Hunter steht einen Moment reglos da. Dann schüttelt er den Kopf. »Ich bin dir nicht böse. Ich liebe dich.«
Er nimmt meine Hände und legt sie sich auf die Hüften. Ich lasse sie unter sein Shirt gleiten, seinen geschmeidigen Rücken hinauf. Hunter zieht mich fest an sich und wir schmiegen uns aneinander. Unsere Herzen schlagen im Gleichklang.
Das ist der Mann, den ich liebe, denke ich und berichtige mich: Das ist der Mann, den ich geliebt habe.
Hunter streichelt mir über die Arme und massiert meinen Nacken. Er küsst meinen Hals und knabbert an meinem Ohrläppchen und ich spüre seinen warmen Atem auf meiner Haut. Unsere Nasenspitzen berühren sich, als er seine Stirn an meiner reibt.
Seine Lippen suchen meine.
»Nein«, sage ich leise und frage mich sofort, ob er mich überhaupt gehört hat.
Aber an seinem Gesicht kann ich erkennen, dass er es gehört hat. »Stimmt was nicht?«
»Gar nichts stimmt«, antworte ich und löse mich aus seiner Umarmung.
Hunter seufzt. »Okay, schieß los.«
»Landon ist tot«, sage ich. »Und es ist meine Schuld. Elissa Genevieve hat ihn getötet, aber ich habe ihn zu diesem Lagerhaus gebracht – weil ich Davidas Herz finden wollte.«
»Das ist nicht deine Schuld«, erwidert Hunter rasch. »Du hast ihn nicht …«
»Es ist egal, wer es getan hat«, widerspreche ich, »er war meinetwegen dort.«
»Das verstehe ich nicht«, sagt Hunter verwirrt. »Okay, du bist traurig wegen Landon. Das bin ich auch. Aber was hat das mit uns zu tun?«
Ich gehe ein paar Schritte rückwärts und spüre den Kies unter meinen Füßen. Dann lasse ich den Blick über die Stadt schweifen. »Ich erkenne dich überhaupt nicht mehr wieder, Hunter.«
»Sag so was nicht. Ich bin derselbe wie früher. Ich war nur vollkommen durcheinander. Ich war so sauer wegen meiner Mutter, so verzweifelt und so traurig, und ich wollte für Gerechtigkeit sorgen. Dabei habe ich aus den Augen verloren, was gut für die Stadt ist. Ich wollte Blut vergießen, das Blut der Monster aus den Horsten, die mir die Mutter genommen haben. So viele Mystikerfamilien haben einen geliebten Menschen verloren.«
Ich verstehe seinen Zorn, aber er macht mir Angst.
»Es tut mir leid, dass ich nach dem Tod meiner Mutter vergessen habe, was richtig und was falsch ist«, fährt Hunter fort. »Sie hat immer für mich gesorgt, als ich klein war. Sie war meine größte Unterstützerin.« Er räuspert sich. »Sie war die Einzige, die auf mich aufgepasst hat. Sie wollte, dass ich mal ein besseres Leben habe als sie selbst. Deshalb hat sie sich für das Amt beworben. Damit ich mich nicht mehr verstecken muss, damit ich leben kann wie jeder andere Mensch und meine Kräfte behalten konnte.« Hunter holt tief Luft. »Das wollte sie für mich und für alle Mystiker erreichen.«
Ich verstehe ihn. Es gab Zeiten, da hat auch meine Mutter mich beschützt, doch die Erinnerungen an diesen Teil meines Lebens sind verblasst. Die Mutter, an die ich mich erinnere, ist feige und selbstsüchtig, eine Frau, die lieber die Augen vor der Wirklichkeit verschließt, als ihr bequemes, luxuriöses Leben in den Horsten zu opfern. Eine Frau, die mich belogen und bestohlen hat. Und die mich beinahe umgebracht hätte.
Hunters Mutter ist tot. Darum beneide ich ihn nicht. Aber in gewisser Weise ist meine Mutter ebenfalls gestorben. Immerhin hat Hunter die guten Erinnerungen an seine Mutter.
Er streicht mir über den Kopf. »Aber jetzt wird alles
Weitere Kostenlose Bücher