Mythica 07 - Goettin der Legenden
Verantwortungsgefühl. Ganz zu schweigen davon, dass es gegen die heiligen Gelöbnisse verstieß, die sie bei der Eheschließung abgelegt hatte.
»Gwen?«
Guinevere schüttelte den Kopf und kehrte wieder in die Gegenwart zurück. »Oh, entschuldigt bitte. Ich war ganz in meine Gedanken versunken.«
Isabel musterte sie eindringlich. »Ihr scheint bekümmert zu sein.« Sie berührte die Kette an ihrem Hals, und Gwen konnte nicht verhindern, dass sie sagte: »Das bin ich auch, Komtess. Aber es hat nichts mit dem zu tun, weshalb ich Euren Rat gesucht habe.«
»Dennoch bin ich hier, um Euch zuzuhören, solltet Ihr den Wunsch verspüren, das auszusprechen, was Euch belastet.«
Die Augen fest auf Isabels Kette gerichtet, fuhr Gwen fort: »Wir … wir haben viel zu besprechen hinsichtlich der Organisation von Camelot.«
Mary versuchte, sich unauffällig zu verdrücken, aber Isabel hielt sie auf. »Bitte bürste mir die Haare, Mary, und flicht sie mir so wie gestern. Außerdem möchte ich gern deine Meinung zu einigen Dingen hören.«
Mary warf Gwen einen nervösen Blick zu. Anscheinend fürchtete sie, bestraft zu werden, wenn sie ihre Gedanken äußerte. Tatsächlich war auch Gwen von der Idee schockiert. Dienstboten wurden nach ihrer Meinung gefragt? Das war eine höchst fremdartige Idee. Aber wenn sie ehrlich war, konnte sie keinen Grund finden, etwas anderes einzufordern. Also nickte sie der Komtess und dem Dienstmädchen freundlich zu.
Während Mary die ungewöhnliche Bürste aus Isabels Besitz zum Einsatz brachte, wandte Gwen ihre Aufmerksamkeit wieder ihren eigenen Gedanken zu. Dass Isabel einer Dienstmagd erlaubte, zugegen zu sein, während sie über intime Details sprachen, war wirklich ungewöhnlich. In den Augen der Königin waren loyale Dienstboten so etwas wie gemütliche Möbelstücke. Man schätzte sie, aber sie blieben stumm. Und taub.
»Kein Wunder, dass Arthur so fasziniert von Euch ist«, platzte sie plötzlich heraus.
Sowohl Isabel als auch Mary erstarrten.
»Ich kann ihn verstehen, Isabel.«
»Ich weiß nicht, was Ihr zu verstehen glaubt«, entgegnete Isabel, obgleich die Röte, die ihr ins Gesicht stieg, ihre eigene Sprache sprach.
»Ich glaube, dass Ihr das genau wisst. Ihr wart es doch, die Arthur überredet hat …« Gwen warf Mary einen Blick zu und sah nicht mehr ein stummes Möbelstück, sondern ein junges Mädchen, das Wissen aufsaugte wie ein Schwamm, und fuhr nach kurzem Zögern fort: »… die ihn überredet hat, mit mir über Dinge zu sprechen, denen er seit einiger Zeit ausgewichen ist.«
Isabel zog den Bademantel enger um sich. »Ehrlichkeit ist immer die beste Politik.«
»Aber sie tut manchmal weh, nicht wahr?«
»Oft sogar«, stimmte Isabel sofort zu. »Aber Geheimnisse führen oft zu noch tieferen Wunden.«
Gwen spürte, wie sie errötete, aber sie konnte sich nicht dazu bringen, sich Isabels prüfendem, jedoch auch mitfühlendem Blick zu entziehen. »Heute verstehe ich das. Gestern hätte ich Euch vielleicht eine andere Antwort gegeben.«
Isabel legte ihre Hand auf die der Königin. »Es tut mir wirklich sehr leid, dass ich Camelot so durcheinanderbringe. Das lag nicht in meiner Absicht. Mein einziger Rat an Arthur war es, genauso ehrlich mit Euch zu sein, wie er es sich umgekehrt von Euch wünscht.«
Mary räusperte sich. »Ich bitte um Vergebung, dass ich unterbreche, aber Eure Haare sind fertig, Madam. Falls Ihr mich nicht mehr benötigt, würde ich mich jetzt gern zurückziehen.«
Isabel lehnte sich mit einem leisen Lachen zurück. »Du bist eine gute Seele, Mary. Ich glaube, die meisten deiner Kollegen würden lieber bleiben und möglichst viel von unserem Gespräch belauschen.«
»Darüber kann ich nichts sagen«, erwiderte Mary und errötete erneut.
»Nun, ich hatte gehofft, du würdest mir helfen, mich in eines dieser Gewänder zu zwängen, aber ich denke, ich werde eines finden, das ich selbständig zubinden kann«, sagte Isabel und stand auf.
Sofort leuchtete Marys Gesicht auf. »Da weiß ich genau das Richtige für Euch, Mylady. Eines meiner Lieblingskleider.« Sie lief zum Kleiderschrank und holte nach einigem Suchen ein Kleid in einem dunklen Türkis heraus und legte es auf Isabels Bett. Allerdings vermutete Isabel, dass der Ausdruck »dunkles Türkis« ebenso wenig gebräuchlich war wie »Pink«.
Triumphierend wandte Mary sich um und strahlte sie an. »Ich weiß nicht, woher diese Farbe kommt, aber mit Euren Haaren und Eurer hellen Haut wird dieses
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