Mythica Bd. 5 - Göttin der Rosen
Tempel? Das war nicht richtig! Sie durfte sich nicht hier ausruhen, sie musste die Rosenmauer kontrollieren und sich vergewissern, dass …
In diesem Moment kamen die Erinnerungen zurück.
»Die Traumdiebe!«, rief sie atemlos und versuchte aufzustehen, aber ihr war so schwindlig, dass jede abrupte Bewegung den Tempel dazu brachte, zu schwanken und sich zu drehen.
»Psst«, beruhigte Asterius sie. »Alles ist gut. Die Traumdiebe sind aus dem Reich verbannt.«
»Es tut mir so leid.« Verzweifelt blickte sie von Asterius zu den Dienerinnen.
»Empousa, Ihr müsst Euch nicht entschuldigen. Traumdiebe sind Meister der Manipulation. Wir hätten Euch darauf vorbereiten sollen«, sagte Gii und ging in die Hocke, um Mikkis Hand zu nehmen.
»Ja!«, rief Nera und nickte ein bisschen hektisch, als könnte das die Empousa überzeugen. »Wie hättet Ihr wissen sollen, dass sie solche hinterhältigen Spielchen spielen?«
»Aber ich habe sie hereingelassen. Sie haben mir gesagt, dass … o Gott! Was sie mich haben denken und fühlen lassen! Es war schrecklich.«
Aeras lächelte unter Tränen und berührte andächtig Mikkis Haare. »Ihr wart sehr tapfer, Empousa. Ihr habt Euch vor mich gestellt und den Schlag abbekommen, der für mich gedacht war.«
Das hatte Mikki schon ganz vergessen. Als sie an sich hinuntersah und das viele Blut entdeckte, fragte sie sich unwillkürlich, wie es sein konnte, dass sie noch lebte. Sie erinnerte sich an den Schmerz in ihrer Schulter, aber als sie nachschaute, sah sie nichts als blutbefleckte Haut. Doch da war noch etwas gewesen … etwas viel Schlimmeres …
Auf einmal wurden ihre Augen groß, und erneut überwältigte sie der Schwindel. Hass hatte ihr die Kehle durchgeschnitten! Sie hatte im Sterben gelegen. Aber jetzt war sie sehr lebendig. Langsam hob sie die Augen und sah ihren Geliebten an.
»Es ist vorbei«, versicherte Asterius ihr.
»Ich bin fast gestorben«, flüsterte sie.
»Nein. Das konnte ich nicht zulassen«, erwiderte er.
»Er hat Euch gerettet«, erklärte Gii und konnte ein kurzes Schluchzen nicht unterdrücken.
»Er hat uns alle gerettet«, ergänzte Aeras und wischte sich die Augen ab.
»Das werden wir niemals vergessen«, meinte Floga.
»Niemals«, bestätigte Nera.
Lächelnd musterte Mikki ihre Dienerinnen. »Er hat das getan, was jeder ehrenhafte Mann tun würde, um sein Heim und die Menschen, die er liebt, zu beschützen.« Dann schlang sie die Arme um seinen Hals und flüsterte ihm ins Ohr: »Bring mich nach Hause.«
32
Asterius trug sie durch die Gärten. Normalerweise hätte es Mikki nicht gefallen, wie ein Kind herumgeschleppt zu werden, aber jetzt war sie nicht sicher, ob sie überhaupt allein gehen konnte. Außerdem hatte sie ein großes Bedürfnis danach, seine Arme um sich zu fühlen, sein Herz an ihrem eigenen zu spüren, als müsste sie sich so vergewissern, dass sie wirklich lebte.
»Hass hat mich hereingelegt«, sagte sie leise und ließ den Kopf an Asterius’ Schulter sinken.
Er hielt sie fester. »Das ist bei den Traumdieben immer so. Sie vergiften die Sterblichen, bis sich ihre Gedanken verändern, so dass ihre Träume krank werden und schließlich sterben. Bestrafe dich nicht selbst dafür, dass du dem zum Opfer gefallen bist, was seit unzähligen Jahrhunderten die Träume der Sterblichen zerstört.«
»Ich habe grässliche Dinge gedacht, ich war voller …« Sie schauderte und konnte nicht zu Ende sprechen.
»Du bist von Hass, Neid, Angst und Selbstsucht vergiftet worden. Das waren nicht deine eigenen Gedanken, Mikado, das waren kranke Schatten deiner von den Traumdieben manipulierten Phantasie. Du darfst dich nicht für ihre Bosheit bestrafen, denn das wäre eine Art Sieg für sie. Wenn sie dein Leben beeinflussen können, sogar nachdem sie verjagt worden sind, dann sind sie noch nicht ganz besiegt.«
»Ich werde mich nie wieder von ihnen täuschen lassen. Und ich werde auch nie wieder in diesen verdammten Wald gehen.« Sie hob den Kopf und starrte Asterius an. »Wie hältst du das nur aus? Wie kannst du dort draußen die Realitätsfäden sammeln und wissen, dass sich auch diese Kreaturen herumtreiben, dich beobachten und auf eine Gelegenheit zum Angriff warten?«
»Es ist meine Bestimmung, sie zu bekämpfen. Viele von ihnen sind alte, vertraute Feinde.«
»Hast du denn gar keine Angst?«
»Nur beim Gedanken daran, was passieren würde, wenn ich versage und zulasse, dass sie dem Reich ihren Willen aufzwingen.«
»Aber du wirst
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